USA Tourbericht - Wilder Westen

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pidderlyng
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Re: USA Tourbericht - Wilder Westen

#21 Beitrag von pidderlyng »

Der Weg führt uns wieder am Carvers vorbei. Nach einem Druckausgleich im Burger King WC können wir wieder klar denken und stellen fest, dass wir nicht nur das Ziel erreicht haben, sondern unsere Bekannten aus Orio's Roadhouse schon raus kommen um uns in Empfang zu nehmen. Es handelt sich um ganz normales ein Clubheim wie es überall auf der Welt stehen könnte und die Gäste darin sind ganz gewöhnliche Leute. Meist schon im gehobeneren Alter haben diese ihren überschüssigen Patriotismus, wenn überhaupt jemals vorhanden, wohl schon vor langer Zeit abgelegt!. Das VFW ist eine Selbsthilfeorganisation um Teilnehmer und Heimkehrer aus Kampfeinsätzen zu unterstützen und u.a. dabei hilft Traumata zu behandeln oder ins Veteranen wieder ins Berufsleben einzugliedern. Sie ist auch ein wichtiger Fürsprecher im Kampf um Entschädigungszahlungen für die Soldaten die als Folge ihres Einsatzes unter einer posttraumatische Belastungsstörung leiden.

Es ist immer wieder erstaunlich wie Vorurteil und Realität auseinander klaffen! Man stelle sich vor, wir wären hier nicht hingegangen und hätte nun von verrückten Yankees erzählt in deren „Hurraclub“ wir uns dann nicht mehr getraut hätten. Gruselig der Gedanke.... :cold:

Wir haben eine schöne Zeit im VFW, mindestens die Hälfte der Leute war schon mal in Deutschland gewesen (Ramstein Airbase). Das Bier ist zwar nicht so gut wie im Carvers, aber es steht ein Potluck Buffet gegen Spende zur Verfügung! Als wir wieder Kontakt zu unserer Gruppe haben, lassen es sich die Leute nicht nehmen uns zurück zum Carvers zu fahren, welches wir zwischenzeitlich per SMS weiterempfohlen hatten.

Leider ist niemand Bekanntes mehr vor Ort, also gehen wir wieder einmal Richtung Hotel. Natürlich bleiben wir wieder einmal bei Orio's Roadhouse stecken, treffen aber endlich auf Teile unserer Gruppe! In den Rauchschwaden dort mischt sich da auf einmal so ein süßlicher Geruch! Kiffen die hier etwa auch noch? Ach ja, da war doch die Volksabstimmung seit dem in Colorado der THC Konsum legalisiert wurde. Ja, Reisen bildet! :smoke:

Wir sind zwischenzeitlich auf Wild Turkey umgestiegen und auch nur noch bedingt gut, so dass das Personal uns schon unsere Jacken hinterher trägt! :) Also bloß endlich heim ins Hotel! Auf der Straße sind nun Nachtschwärmer seltsamster Couleur unterwegs. Einer erzählt uns von jemanden der in Deutschland unschuldig im Knast sitzt, „nur weil er die Wahrheit sagte“. Er sagte den uns vollkommen unbekannten Namen, wusste aber nicht mehr was dieser so tolles gesagt haben soll. Leider konnte ich mir den Namen nicht merken...so muss der arme Kerl weiter „unschuldig“ in Haft verbringen. So ein Pech aber auch. :kuscheln:

Die Ausfahrt soll übrigens echt klasse gewesen sein, links und rechts Schnee neben der Strecke und tolle Kurven. Ich bedauere meine Entscheidung aber kein bisschen, denn auch wir hatten einen grandiosen Tag!

Endlich im Hotel – Zähneputzen und ab ins Koma! :sleep:

Sorry, diesmal gibt es nur zwei Bilder...der Fotograf in mir war abgemeldet hatte Pause. Aber im nächsten Teil geht es durch wieder durch fantastische Landschaften!
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Es geht auch diagonal über die Kreuzung.
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Nein es brennt nicht, das ist nur die Dampflok!
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pidderlyng
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Re: USA Tourbericht - Wilder Westen

#22 Beitrag von pidderlyng »

Oha, da habe ich anscheinend echt lange im Koma gelegen. Viel Arbeit, ein neuer Rechner, schwindendes Interesse und andere Ausreden brachten meinen Bericht zum Erlegen. Aber auf einmal und anscheinend genau zum Zeitpunkt kommt die Frage, ob es denn noch weiter ginge. Was für den Musiker der Applaus, ist für den Autoren der Kommentar. Also geht es weiter. Zumindest solange Ihr kommentiert! :D

Der nächste Tag beginnt mit einer vier Staaten in 30 Minuten Runde. Dies ist möglich, weil hier die einzige Ecke in den Vereinigten Staaten ist, wo eben vier Staaten direkt aneinander liegen: Colorado, New Mexico, Arizona und Utah! Das Aussehen der Siedlungen und vor allem der Häuser unterscheidet sich von Staat zu Staat merklich. Vielleicht liegt es an der Gesetzgebung, aber wahrscheinlicher scheint einfach ein anderer kultureller Hintergrund der Bewohner vorzuliegen. Cows and Sheep don't mix!

Eine reiche Gegend ist das ganz gewiss nicht. Aber auch vor der gammeligsten Bruchbude steht in den meisten Fällen ein neuwertiges, meist sogar hochwertiges Fahrzeug! Bei kurzer Überlegung ist das aber auch verständlich, denn in derart dünn besiedelten Gebieten ist ein zuverlässiges Auto einfach Grundvoraussetzung für einen Job. Ein anderer Grund für diese vielen Neuwagen liegt darin, dass in den USA Kontoüberziehungen über einen Dispo in der Regel nicht möglich sind. Stattdessen gibt es viele „Payloan“ Anbieter, bei denen Kurzzeitkredite („to the next Payday“, also in der Regel für 30 Tage) zu hohen Zinssätzen in Anspruch genommen werden können. Für viele ist dies der Einstieg in die Schuldenfalle. Automobilhändler geben in Anbetracht dieser Lage gerne einen „Cashback“-Rabatt. Wer also einen Neuwagen kauft und finanziert, kriegt mit dem Auto auch noch ein Bündel Bargeld (mit Glück einige tausend Dollar) in die Hand und hat sich so über das Auto umgeschuldet.

Da die wilde Landschaft definitiv was geländegängiges erfordert, machen an solchen Orten auch SUV tatsächlich Sinn, zumindest weitaus mehr als bei uns in den Städten. Aber der wahre Amerikaner fährt einen Truck mit Ladefläche. Am besten noch mit riesigen Hubraum und Zwillingsbereifung! So kann man alles irgendwie und überallhin transportieren und statt Kofferraum hat man eben eine große Kiste hinten drauf! Sieht zwar alles nicht wirklich praktisch aus, ist aus männlicher Sicht aber schön archaisch! Leider geil wie es so schön heißt! :)

Unsere Route führt uns über den Glen Canyon in Richtung Lake Powell. Hier sehen die Felsen in etwas so aus wie im Monument Valley, nur stehen sie hier in richtigen Gebirgsformationen. Ich hätte am liebsten hinter jeder Kurve angehalten und Fotos über Fotos geschossen, aber da wir natürlich auch irgendwann einmal ankommen wollen, geht das natürlich nicht, vom Platzproblem neben der Strecke mal ganz zu schweigen! Also muss ich mir alles gleich vor Ort anschauen und platze fast vor Eindrücken und Begeisterung! Und wenn man zu dem Schluss kommt, es geht nun wirklich nicht mehr geiler, dann lauert hinter der nächsten Kurve der nächste Landschaftsorgasmus in Form des Gesamtpanoramas!

Irgendwann ist mein Gehirn kuschelig eingebettet zwischen Flow und Freiheit, aber wie es dann so oft kommt, folgt auf einmal ein herbes Erwachen: Unser Tourguide biegt in eine Haltebucht am Fahrbahnrand und ich denke „Hey da kann ich ja auch von hier vorne reinfahren“. Aber der feste Boden erweist sich als tiefer Sand in den ich nun viel zu schnell reinbretter. Vollkommen überrascht gerate ich zu allem Überfluss in leichte Panik und anstatt die Kiste einfach ausrollen zu lassen oder wenigstens die Fußbremse zu nutzen greife ich vorne rein. Ganz sanft, aber das verzeiht eine Harley überhaupt nicht. Mit den Zubeißen der Scheiben knickt das Vorderrad ein, rutscht weg und plumps liege ich auf der Seite! Nix passiert: das Motorrad liegt weich auf mir und ich liege weich im Sand. In Gedanken danke ich sofort dem Polo-Verkäufer, dass er mir die richtigen Stiefel verkaufte. Mit halbhohen Schuhwerk hätte das wohl echt Aua gegeben!
Nun gut, speichern wir das unter learning the hard way und widmen uns uns wieder den schönen Dingen! Endlich wieder Gelegenheit die Eindrücke digital zu bannen!

Es ist auch die Gelegenheit unsere Gesichter mal genauer anzuschauen. Sonne, Kälte, Wind und Sand haben doch merklich Spuren hinterlassen, einige haben sich direkt neben ihrem Sonnenbrand leichte Erfrierungen eingehandelt. Die Trockenheit macht die Lippen spröde, es ist unmöglich da gegenan zu cremen und der Herpes blüht allerorts! Tücher werden zum gern genommenen Accessoire. So fahren wir wie eine Horde Outlaws auf dem Weg zum Banküberfall. Aber das Tuch schützt auch vor Staub und Steinen mit denen uns die entgegenkommenden oder überholenden(!) LKWs beschmeißen.

Abends kommen wir wieder in einem klasse gelegenen Hotel unter. Inmitten der Natur und definitiv jwd ist der Ausblick wieder erste Sahne. Als wir nach dem Beziehen der Zimmer zum Dinner ins Hotelrestaurant gehen, fallen mir als erstes die schicken Bilder an den Wänden ins Auge. Oops, das sind ja gar keine, das die Fenster durch die man die Gegend in wunderschönes Licht getaucht sieht! Irre!
Meine Spare Ribbs sind natürlich erstklassig. Mecker mir da noch einer über die amerikanische Küche! Wenn sie wollen ersthaft loslegen, dann können die Amis verdammt gut kochen und Fleisch nochmal genauso gut! Klar, Junk Food gibt es allerorten aber im richtigen Lokal kann der Feinschmecker wahrlich aus dem Vollen schöpfen!

Aber der lange Tag nach der gestrigen Ausschweifung liegt mir voll in den Knochen. Also keine Kneipe sondern Bett ist angesagt. Morgen geht es über den Brice Canyon zum Zion-Nationalpark.
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Mitten in der Einöde, ohne Menschenmassen, toll!
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Sagte ich was von "allein"? Naja FAST! :)
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Zuletzt geändert von pidderlyng am 17. Okt 2014 00:06, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: USA Tourbericht - Wilder Westen

#23 Beitrag von hansolo »

Moin pidderlyng,
das hast Du sehr schön und flüssig geschrieben, jetzt, nach der Nachtschicht, konnte ich prima damit runterfahren.

Jaaa, das sind Eindrücke, die nimmt Dir keiner mehr...ich mußte schmunzeln ob Deiner fehlenden Fotomöglichkeiten, mir geht es auch so. :wall:
...leben und leben lassen...Jörg :cheers:

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Re: USA Tourbericht - Wilder Westen

#24 Beitrag von maweg »

Hallo pidderlyng,

abgesehen davon, dass ich Deine Berichte verschlinge wie einstmals Karl May, helfen sie mir ungemein bei der Planung unseres Traumurlaubes in etwa in die gleiche Gegend. Falls ich mal spezielle Fragen habe würde ich mich freuen, wenn ich Dir eine PN senden dürfte.

Viele Grüße

Manfred

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Re: USA Tourbericht - Wilder Westen

#25 Beitrag von tobias82 »

:clap: Endlich geht der Bericht weiter :clap:

Dank Abo auch sofort entdeckt. Ich hatten den Thread nämlich schon ganz vergessen.
Weiter so! Ich freu mich auf den nächsten Teilabschnitt :top:
Manchmal ertappe ich mich dabei, wie ich mit mir selbst spreche. Und dann lachen wir beide.

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DerDuke
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Re: USA Tourbericht - Wilder Westen

#26 Beitrag von DerDuke »

Wow, was für ein toller Reisebericht!! So viele Links mit eigebettet und auch noch so viele Hintergrundinfos zu Land und Leuten, ich bin echt begeistert!

Und auch schön zu sehen, dass du dir einen Traum erfüllt hast, von dem so einige träumen.
Ich hoffe, ich schaff das auch bald übern Teich und kann dort mit einer Harley meine Traumroute abfahren...

Weiter so mit deinen Reise-Berichten, ich freu mich schon auf den nächsten! :clap:
Wenn ich nicht mehr weiter kann, schließ ich Plus an Minus an... :floet:

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pidderlyng
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Re: USA Tourbericht - Wilder Westen

#27 Beitrag von pidderlyng »

Danke Danke, ich bin überwältigt :thx: und natürlich wieder bis in die Fingerspitzen motiviert meine Erlebnisse weiter in die Tastatur zu treiben! Der Vergleich mit Karl May erscheint mir aber doch ein wenig zuviel der Ehre, aber mal schauen, vielleicht schreibe ich noch was über die Indianer. :wink:
Und klar, jeder der möchte darf mich auch mit Fragen löchern, gerne auch per PN, aber überlegt vorher, ob die Frage nicht vielleicht doch von allgemeinem Interesse sein könnte. Dafür ist ein Forum doch da!

Nun aber zurück nach Torrey.

Viel zu kurz war die Nacht und das Frühstück nach DEM Abendessen definitiv Satire. Aber wir haben andere Sorgen: Über der Tour schwebt das Damoklesschwert namens Government Shutdown! Die Tea Party, die ultra konservative Bewegung der Republikaner, hat beschlossen der von den Demokraten geführten Regierung wegen „Obamacare“ ans Bein zu pissen und blockieren einen Nachtragshaushalt im Repräsentantenhaus. Aus diesem Grund tritt wahrscheinlich eine Zahlsperre in Kraft bei der sämtliche nicht zwingend notwendigen öffentlichen Dienstleistungen ausgesetzt und die Mitarbeiter in den unbezahlten Zwangsurlaub geschickt werden.
Die Folgen sind einem Generalstreik nicht unähnlich und würden für uns insbesondere die Schließung aller Nationalparks bedeuten. Echt bitter zu erleben wie eine reiche Oberschicht ihre radikale Gesinnung auf Kosten der einfachen Leute propagiert. Und das bei einer Sache die bei uns schon seit über 100 Jahren selbstverständlich ist! Aber selbst unter den Republikanern ist dieses Vorgehen ziemlich umstritten und es artikuliert sich deutlicher Widerstand in den Nachrichten. Mal schauen was passiert, ändern können wir es eh nicht.

Wir fahren die Utah State Route12, die den Beinamen „A Journey through Time Scenic Byway“ trägt. Der Name ist Programm! Die Landschaft wechselt und statt Rot und Braun wird Weiß die vorherrschende Farbe. Und wieder einmal mag ich es nicht wirklich glauben wie gesegnet dieses Land mit Landschaft ist. Die Einheimischen würden wahrscheinlich gerne etwas davon gegen fruchtbares Ackerland eintauschen, schließlich wird man vom Gucken nicht satt, aber als Tourist und vor allem auf dem Motorrad ist es wunderbar!

Der Bryce-Canyon-Nationalpark ist zumindest noch geöffnet und fast schon routinemäßig lösen wir den Eintritt. Eigentlich ist es gar kein Canyon, sondern eine durch Erosion entstandene "Sammlung natürlicher Amphitheater" mit mittig darin befindlichen Felsnadeln, den sogenannten "Hoodoos". Eine derartige Ansammlung von bizarren Felsformationen habe ich noch nie gesehen, allerdings stimmt irgendwas nicht.
Ich ertappe mich bei dem Gedanken es "vergleichsweise klein" zu finden! :-? Diese fast schon ketzerische Aussage ist aber anscheinend weniger der Realität, als vor allem dem Umstand geschuldet, dass meine Aufnahmekapazität an „OHs“ und „WOWs“ langsam erschöpft ist. Wahrscheinlich ist er auch trotz seiner vermeintlichen Kleinheit immer noch viel zu groß, um ihn mal eben als Zwischenstopp abzuhaken. Und es müsste fantastisch sein, einen Tag durch diesen Canyon zu wandern und all die Effekte des Sonnenlichts zu erleben!
Aber irgendwie wäre das angesichts unserer bisherigen unverarbeiteten Eindrücke doch ein wenig wie Perlen vor die Säue werfen. Ich erinnere mich an die Kommentare eines Freundes, der eine ähnliche Tour in fast in umgekehrter Reihenfolge absolvierte und vom Zion Park und Brice Canyon schwärmte, den Grand Canyon aber eher öde fand. Wie heißt es so schön, Dosis facit venenum - Die Dosis macht das Gift, und irgendwann ist der Brägen halt voll.
Es wäre andererseits aber auch dumm gewesen, den Park, wo man schon mal in der Nähe ist, links liegen zu lassen! Nun gut, immerhin haben wir jetzt einen weiteren Punkt auf unserer „been there, done that“-Liste und definitiv eine Option für zukünftige Abenteuer.

Danach heißt es das letztes Stück bis zum Zion Nationalpark zurückzulegen. Wir passieren einen weiteren Canyon, den „Red Canyon“, welchen wir aber, wie die meisten anderen Touristen auch, nun tatsächlich links liegen lassen für die Zukunft aufsparen. Der Tag neigt sich langsam dem Ende und das letzte Stück wird wie so oft zäh, bis wir dann mit dem Sonnenuntergang in den Zion Nationalpark einfahren. Zum Glück ist doch noch ein wenig Speicher übrig (oder freigesprengt), denn es ist eine grandiose Passage über Serpentinen und Tunnel in den Park hinein! Der Canyon erstrahlt durch das Licht der untergehenden Sonne in wunderschönen Farben und dazu mischt sich der Gesang der in Abendstimmung kommenden Vogelwelt. Das ist nochmal ein wirklich schönes Highlight zum Etappenende. Direkt im Park liegt unsere Herberge mit einem schönen Grillplatz vor der Tür. Schnell im Supermarkt eingedeckt lassen wir den Tag dort ganz allmählich ausklingen. So wie es ausschaut, ist morgen wirklich der Park geschlossen, aber das kümmert uns heute noch nicht.

Angesicht der Tatsache dass wir nichts verpassen können, gönnen wir uns langen Schlaf!
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Den hätte ich hier nun nicht erwartet!
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Eigentlich sogar ziemlich cool!
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Sieht doch gar nicht schlecht aus!
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Heute ganz in weiß.
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Klare Ansage! Let's go!
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Zuletzt geändert von pidderlyng am 21. Okt 2014 23:45, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: USA Tourbericht - Wilder Westen

#28 Beitrag von maweg »

Jippieh, Karl May schreibt wieder. Jedoch wahre Geschichten, keine Märchen wie der Sachse. Bin gespannt wie´s weiter geht.

Gruß

Manfred

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hansolo
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Re: USA Tourbericht - Wilder Westen

#29 Beitrag von hansolo »

...Hut ab vor Deinem Schreibstil :top: :top: :top:
...und auf der ganzen Welt sind "Trabbi's" :abfeiern:
...leben und leben lassen...Jörg :cheers:

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Re: USA Tourbericht - Wilder Westen

#30 Beitrag von pidderlyng »

Am nächsten Morgen, na ja eher Vormittag, ist es definitiv Gewissheit: Der Park ist geschlossen! Zumindest fast, denn de Straße durch die wir gestern gekommen sind, ist als öffentliche Straße weiter zugänglich. Es ist allerdings verboten anzuhalten oder den Weg zu verlassen. Der Grund dafür ist einleuchtend, denn angesichts der Umstände sind Rettungsmaßnahmen bei Unfällen nicht gewährleistet. Die Ranger pflegen sozusagen ihren Park wie streikende Stahlkocher ihren Hochofen. Einige unserer Gruppe machen sich auf um zu gucken was geht, aber ich denke dass ich die Leute in ihrer Scheiß Situation nicht auch noch nerven muss. Wir haben wahrlich schon mehr als genug gesehen, also widmen wir uns des bisher doch arg vernachlässigten Müßiggangs. Der relativ kleine Supermarkt hat ein erstaunlich internationales Angebot, angepasst an die bunte Mischung der Parkbesucher. Wer unbedingt will, kann sich hier zum Beispiel für drei Dollar ne Tafel Ritter Sport kaufen. Wir besorgen uns lieber die Zutaten für ein leckeres Frühstück mit Schinken und Käse. Vernünftiger Käse ist in den USA nicht unbedingt selten, aber definitiv nicht billig. Der Preis ist derart intensiv, dass die Importkäse aus Europa preislich mithalten können. Die meisten Einwohner halten sich daher an „processed cheese“, den es nicht nur wie bei uns als Scheibletten, sondern in allen möglichen Varianten gibt: vom großen Laib bis hin zur Sprühdose. Wir haben aber Urlaub, also gönnen wir uns was. :)

Natürlich greifen wir zur Grillvorbereitung nochmal auf das ebenfalls recht gut sortierte Fleischsortiment zurück. Auch hier gibt es einige Unterschiede gegenüber daheim. Zunächst einmal werden die Tiere anders zerlegt. Böse Zungen behaupten, dass dies nur deshalb geschieht, um möglichst viele Steaks aus der Kuh herauszubekommen. :aetsch: Das Fleisch ist außerdem stärker marmoriert und dadurch sowohl zarter als auch besonders schmackhaft. Das beliebteste Stück ist dabei das RibEye Steak, welches hierzulande als Entrecôte steigende Verbreitung findet. Filet (Tenderloin) und Rumpsteak (Sirloin) kommen erst in zweiter Reihe und sind meist auch billiger. Die Größe der Stücke ist dem Land angemessen: Groß! :)

Was fehlt? Richtig der Alkohol. Da wir im Mormonen Staat Utah sind, gibt es im Supermarkt nur Bier bis 4% Alkohol. Offiziell, denn wir bekamen in unserem auch Miller High Life mit 5%. Hartgas und Wein kriegt man aber nur im Liquor Store, der aber erst Mittags öffnet.

Das Verhältnis der Amerikaner zum Alkohol ist eh ein sehr ambivalentes und treibt teilweise recht kuriose Stilblüten. So kocht jeder Staat sein eigenes Süppchen an Regularien und die Kommunen würzen noch einmal individuell nach. Als grobe Orientierung kann man sagen dass es Alkohol erst ab 21 Jahren gibt, es zumeist verboten ist auf öffentlichen Grund zu trinken oder im Passagierbereich von Fahrzeugen unversiegelte Behältnisse mit Alkohol zu transportieren. In religiös geprägten Gegenden (Bible Belt) sind die Regelungen strenger als in Partystädten wie Las Vegas oder New Orleans.
Auf der einen Seite gibt es eine ziemlich mächtige Strömung, die alles daran setzt, den Leuten das Trinken zu vermiesen, auf der anderen Seite gibt es den Freiheitsgedanken verbunden mit der amerikanischen „Leben und Leben lassen“-Mentalität, die dem geneigten Trinker genügend Schlupflöcher bietet, diese Restriktionen wiederum zu umgehen. So gibt es dort wo es keine Kneipen gibt eben Drinking Clubs (wo jeder spontan Mitglied werden kann), Musikclubs ohne Ausschanklizenz zelebrieren BYOB (Bring Your Own Booze) und wo Abends Alkohol nur noch zum Essen ausgegeben werden darf, findet sich schnell eine quasi aus Kühlschränken bestehende Pizzeria, wo es definitiv mehr „Sixpacks to go“ als Teigwaren gibt.
Letztendlich ist es nicht übermäßig schwer sich zu versorgen, allerdings sollte man sich frühzeitig über die Regeln vor Ort informieren und rechtzeitig planen. Wer abends überlegt, ob er noch was zu trinken kaufen möchte, hat es merklich schwerer als tagsüber. Und eine ID sollte man immer dabei haben, denn die Alterskontrolle ist an vielen Orten Vorschrift und selbst alte Omas mit Krückstock sind davor nicht gefeit. ID heißt nicht zwingend Personalausweis (so was kennen die Amis gar nicht) sondern irgendein Dokument mit Foto und Geburtsdatum langt, und sei es ein Büchereiausweis. Bei sehr jung aussehenden Personen wird manchmal noch ne zweite ID verlangt, aber das Problem habe ich zumindest nicht.

Mit Ausweisen haben es die Amerikaner auch nicht so. Identifizierung läuft in den meisten Fällen über Führerschein und Kreditkarte, weshalb man beim Bezahlen mit Kreditkarte sehr oft auch noch einen Ausweis vorzeigen muss. Ich nehme dann am liebsten meine SH-Card und habe damit bessere Erfahrungen gemacht als früher, wo ich noch wichtig meinen Reisepass zückte...um dann zu erklären wo denn das Bild zu finden sei. Vielleicht noch ein Wort zum Führerschein. Offiziell wird für die Vereinigten Staaten ein internationaler Führerschein verlangt, in der Realität ist mein rosa Lappen aber bisher immer anstandslos („I like your picture but I don't want it“) akzeptiert worden. Aber ich schweife ab.

Während ich so rede, hat der Liquor Store mittlerweile schon geöffnet. :roll: Ich gönne mir ne Pulle Wild Turkey. In 100 Proof-Ausführung (etwa 50% Alkohol) ist das Zeugs wirklich lecker und es ist damit nicht schwer, auch überzeugte Jack Daniel's Jünger in eine Glaubenskrise zu stürzen. Echte Rocker trinken Wild Turkey und Harley Fahrer sowieso. Lustig ist noch dass der „Liquor Store“ in unserem Fall nur ein durch eine Stahlgittertür abgetrennter Raum des Souveniershops ist. Bezahlt wird ganz normal an der Kasse, also kaufe ich eine Handvoll Postkarten und ne Flasche Schnaps. Ein Stofftier wäre vielleicht noch cooler gewesen, aber den Witz hätten die Verkäufer wohl genauso wenig verstanden wie schon die Kombination mit den Postkarten nicht. :face:

Direkt neben dem Grillplatz bzw. den diversen Grillplätzen befindet sich die RV-Area. RV steht für recreational vehicle und umfasst die Gruppe der Wohnmobile und Campingwagen. Wie Ihr Euch schon denken könnt sind auch diese recht was größer als hierzulande. Wohnmobile in der Größe eines Überlandbusses sind keine Seltenheit. Hinter dem Wohnmobil wird dann oftmals noch der eigene PKW an einer Deichsel hinterhergezogen, damit man vor Ort leichter mobil bleibt. Bewohner dieser RVs sind meistens Rentner, die ihr Haus gegen so ein Monster tauschten um sich auf ihre alten Tage das Land anschauen. Im Winter fahren sie dann alle nach Florida, wo sie als Snowbirds verschrien sind.

Für die Camper hat das Hotel einen kleinen Waschsalon. Auch wenn es nicht unbedingt die schönste Urlaubsbeschäftigung ist, so hat saubere Wäsche ja durchaus ihre Vorzüge. Also nutze ich die Gelegenheit, natürlich stilecht mit Tide, dem amerikanischen Pendant zum hiesigen Persil. Amerikanische Waschmaschinen sind in der Regel Top Lader und haben keine rotierende Trommel, sondern in der Mitte einen Stock, der die Wäsche umrührt. Das Waschmittel kommt oben direkt auf die Wäsche und dann Wasser marsch. Uriges Prinzip. Verbraucht Unmengen an Wasser, geht aber auch wesentlich schneller, was wahrscheinlich auch der Grund für die Präferenz dieses Prinzips ist, denn Bequemlichkeit bzw. Pragmnatismus steht in Amerika weit über Umweltschutz. Die Klos funktionieren übrigens auch ein wenig anders, aber genauere Erklärungen erspare ich lieber Euch und mir!

Wir genießen den lauen Tag bei lauschigem Wetter in wunderschöner Umgebung. Der Grill wird schnell zum Treffpunkt nicht nur unserer Truppe, auch andere LeidensZeitgenossen finden sich auf ein Bier oder ein Stück Fleisch ein. Nicht über die Tea Party ärgern, sondern einfach das Beste aus der Situation machen. Ganz laid back wie die nette Dame in Oatman so schön sagte. Morgen geht es wieder zurück nach Las Vegas, eigentlich schade, aber nach solch intensiven Tagen sind wir so zufrieden, dass Akzeptanz wohl die beste Beschreibung des Gemützustandes ist.
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Winnebago Warriors. (Falls jemand die Dead Kennedys kennt.)
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Nein, der RV Park ist KEIN Nationalpark. :)
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Die Mormonen lehnen Alkohol konsequent ab. Die Brauer nehmen es mit Humor. Besonders lecker ist diese Sorte aber leider nicht.
Die Mormonen lehnen Alkohol konsequent ab. Die Brauer nehmen es mit Humor. Besonders lecker ist diese Sorte aber leider nicht.
Soooo klein ist der Grill gar nicht...
Soooo klein ist der Grill gar nicht...
Lecker Steak in amtlicher Größe.
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Zuletzt geändert von pidderlyng am 26. Okt 2014 02:52, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: USA Tourbericht - Wilder Westen

#31 Beitrag von maweg »

Hallo pidderlyng,

wie immer toll geschrieben.

Ich bin dabei, Deine Erfahrungen (danke dafür :thx: ) in meine Tourplanung einfließen zu lassen; und schon habe ich die erste Frage (weitere werden mit Sicherheit folgen): Ihr habt in Williams im Motel übernachtet. Geht der Link genau zu diesem Motel oder ist das nur ein allgemeiner Link für ein x-beliebiges Motel?

Danke Dir

Manfred

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Re: USA Tourbericht - Wilder Westen

#32 Beitrag von pidderlyng »

Hallo Manfred, der Link ist schon korrekt. Wir waren im Rodeway Inn & Suites Downtowner-Rte 66. Das ist nichts weltbewegendes, aber sauber und zweckmäßig. Würde ich auch nochmal drin übernachten. Der Gebäudekomplex auf der anderen Straßenseite gehört übrigens auch dazu. Dort gibt es "Frühstück" und den "Party-Patio".

Gruß
Sören
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Re: USA Tourbericht - Wilder Westen

#33 Beitrag von maweg »

Danke für Deine Antwort. Wir werden das Motel in unsere Tour mit einplanen. Nach Oatman ist Williams ein ideales Zwischenziel bevor es am nächsten Tag nach Sedona weitergeht.
Ihr seid ja von Williams aus direkt zum Grand Canyon gefahren; auch wir möchten natürlich dort hin, aber zuerst über Sedona und Flagstaff (Montezuma Castle, Walnut Canyon, Meteor Crater).
Bin für weitere Informationen dankbar.

Manfred

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Re: USA Tourbericht - Wilder Westen

#34 Beitrag von pidderlyng »

Hallo Manfred,
wenn Ihr schon in Williams seid, dann würde ich auf jeden Fall von dort aus zum Grand Canyon fahren, insbesondere wenn es danach Richtung Süden geht. Walnut Canyon geht auf jeden Fall als Zwischenstop, da ist man nach zwei Stunden bequem durch. Ich denke bei Montezumas Castle und Meteor Crater dürfte es ähnlich sein, war dort aber nicht. Für den Grand Canyon würde ich aber einen ganzen Tag empfehlen.
Wir waren ja zwei Nächte sowohl in Williams als auch in Sedona. Würde ich auch wieder so machen. Der Reiz von Williams ist einfach dieser dörfliche Charme und in Sedona könnte ich es auch ne Woche aushalten.

Von Williams erst zum Walnut Canyon und dann über die 89a nach Sedona ist zumindest eine geile Tour. Wenn man sich etwas ranhält, dann sollte auch noch der Meteor Crater vorher mit drin sein. Doof ist dabei natürlich dass man nen ganzes Stück wieder zurück fährt und sich am Ende vielleicht noch abhetzt. Montezumas Castle wäre ein schöner Tagesausflug von Sedona aus.

Wo wollt Ihr denn danach noch hin? Wenn es wieder nach Osten geht kann man den Meteor Crater vielleicht auch dann in Angriff nehmen.
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Re: USA Tourbericht - Wilder Westen

#35 Beitrag von maweg »

Hallo Pydderling,

wir haben vor, folgende Route zu fahren (dies sind die Übernachtungsstationen). Dabei haben wir unsere Tour nach Deinen Berichten schon etwas abgeändert. So lassen wir z.B. Havasu City aus; eine „Steinerne Brücke“ haben wir auch in Regensburg, und mit Sicherheit viel älter! :lol:

Tour: Las Vegas – Oatman – Kingman – Williams – Sedona – Flagstaff – Grand Canyon – Page – Moab – Torrey - Bryce Canyon – Springdale – Mesquite – Las Vegas.

Insgesamt ca. 2.600 km, Zeit 3 Wochen mit An- und Abreise.
Es gibt noch viel zu planen, aber auch das macht schon Spaß. :jubel:

Manfred

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Re: USA Tourbericht - Wilder Westen

#36 Beitrag von pidderlyng »

Das sieht doch gut aus. Kurze Strecken mit viel Zeit, das ist eine gute Idee! Was ich noch empfehlen könnte wäre die Utah State Route UT95. Die hat mir extrem gut gefallen.

Hier dazu ein Video.

Vorsicht an dieser Stelle (im Video bei 2:58), da ist der Sand tief. :floet:

PS: schau mal hier Woher kommen eure NICK´s ? :D
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Re: USA Tourbericht - Wilder Westen

#37 Beitrag von pidderlyng »

Die Heimfahrt nach Vegas erweist sich als unspektakulär, mein Hintern fängt langsam an zu schmerzen und es macht sich ein „irgendwann ist auch mal gut“ Gefühl breit.

Wir machen einen Halt an einem von Indianern betriebenen Rasthof. Da sehr viele Stationen unsere Tour in Reservaten lagen, vielleicht doch noch ein paar sehr subjektive Worte zu den Native Americans. Meine Erfahrungen diesbezüglich kommen aber nicht von dieser Reise, sondern überwiegend von den Tuscarora, da eine sehr gute Freundin aus deren Reservat bei Niagara Falls kommt.

Die Gruppe der „Indianer“ ist natürlich nicht annähernd so homogen wie wir es aus Karl May Erzählungen kennen und lieben gelernt haben. Von den Siedlern einst in die hintersten und unfruchtbarsten Ecken des Landes vertrieben, haben diese Völker eine lange und traurige Geschichte von Verfolgung, Zwangs-Akkulturation, Korruption und Betrug auf dem Buckel. Dementsprechend ist das Winnetou-Bild des edlen roten Mannes auch reine Illusion. Das Leben ist vielfach geprägt von Armut, Alkohol, Drogenkonsum und Kriminalität. Weißen gegenüber wird mit starkem Misstrauen begegnet, welches bis hin zur offenen Ablehnung reicht. Die als Weißer eher seltene Erfahrung mit purem Rassismus bedacht zu werden, habe ich bisher nur mit dieser Bevölkerungsgruppe erlebt.

Das Leben im Reservat hat so einige Fallstricke, auf die man so als Nachkriegskind einer Industrienation erst einmal kommen muss. So ist die Versorgung mit Telefon und Internet erst durch die Verbreitung des Mobilfunks halbwegs flächendeckend geworden, vorher gab es einfach niemanden, der eine Leitung verlegte, von Kanalisation mal ganz zu schweigen. Die Leute leben oftmals in sehr einfachen Häusern oder Wohnwagen, weil die für den Hausbau notwendigen Kredite nicht gewährt werden, da das Land nun einmal den Indianern gehört und nicht als Sicherheit hinterlegt werden kann.

Jenseits dieser dunklen Seite des Tomahawks gibt es aber auch viele hoffnungsvolle Entwicklungen. Wurden früher die Kinder von ihren Lehrern noch verprügelt, wenn sie ihre eigene Sprache verwendeten, so gibt es in Reservaten mittlerweile eigene Schulen an denen die eigene Sprache und Kultur vermittelt und gepflegt werden. Mit steigender Bildung entwickeln sich auch die entsprechenden Jobmöglichkeiten und gibt es durchaus Ansätze einer Mittelschicht. Es hängt aber sehr viel davon ab, welche Einkommensquellen zur Verfügung stehen. Sind es oftmals nur Touristen, so haben manche Reservate angefangen ihren rechtlichen Sonderstatus (=keine Steuern) dazu benutzen um Tankstellen, Tabakshops oder gar Casinos zu eröffnen.

"Reine" Indianer sind inzwischen auch relativ selten geworden, da viele das Reservat verlassen und so partnerschaftliche Beziehungen mit anderen Bevölkerungsgruppen mit entsprechenden Nachkommen gang und gebe sind. Bei näherem Kontakt stellt man als Europäer auch sehr schnell fest, dass die Natives sehr viel amerikanischer sind, als sie es jemals zugeben würden. Nichtsdestotrotz ist die indianische Kultur sehr interessant und beinhaltet recht witzige Ansätze. Die Gesellschaft der Irokesen (wozu auch die Tuscarora gehören) ist matriarchalisch organisiert, das heißt wichtige Entscheidungen wie z.B. Krieg oder Frieden werden von den Frauen gefällt. Ein anderes Beispiel ist, dass ein Mann zumindest ein Kind gezeugt haben muss, um auch als solcher zu gelten. Ohne dies gehören er eben zu den Kindern. Deshalb gibt es halt 70 Jährige Kinder und 12 Jährige Männer, die dann bei traditionellen Wettkämpfen wie Fireball oftmals gegeneinander antreten. Die ausgefeilten Regeln des Zusammenlebens der Irokesen waren übrigens wichtige Inspiration bei der amerikanischen Verfassung.

Aber zurück zum Truck Stop. Nachdem uns die Belegschaft mit maximalen Desinteresse (ich musste dabei an die Geschichte „Grün im Gesicht“ von Wiglaf Droste denken) mit dem überlebenswichtigen Dingen wie Kaffee und Zigaretten versorgt hat, starten wir die letzte Etappe.

Was wieder auffällt ist die Lage von Las Vegas. Wahrlich mitten in der Wüste. Keine Vorstädte, keine Dörfer drumherum, nur Wüste. Bei Eaglerider hält sich mein Spießrutenlauf wegen des verlorenen Schlüssels in Grenzen („This Gentleman lost his keys.“) und ich muss statt 300 Dollar auch nur den Selbstkostenpreis von 80 Dollar zahlen. Trotzdem ein teurer Spaß, aber wer nichts erlebt hat auch nichts zu erzählen und es hätten weiß Gott auch schlimmere Dinge passieren können. Also alles gut!

Wir quartieren uns wieder im Tuscany ein. Am Abend steht ein Besuch des Hofbräuhauses auf dem Programm. Wäre von alleine NIE auf die Idee gekommen ausgerechnet dort hinzugehen, aber irgendwie ist der Gedanke aber auch derart abwegig, dass er schon wieder lustig ist, also warum nicht! Vorher ist noch etwas Zeit, die wir nutzen, um dem ultimativen Männerkaufhaus „The Bass Pro Shop“ einen Besuch abzustatten. Es handelt sich hierbei um einen Outdoor Ausrüster wo man nach dem Prinzip „Rednecks Heaven“ wirklich wirklich ALLES was in dieses Segment gehört auch kaufen kann, vom Angelhaken bis zum Boot! Die Läden sind dabei optisch imposant mit Panoramen aus Felsen, Wasserfällen und Aquarien wirklich schön aufgemacht und es macht einen Heidenspaß zwischen Klamotten, Pistolen, Gewehren, Armbrüsten, offen herumstehender Munition, selbstersitzender Fertignahrung und allen möglichen und unmöglichen Equipment herumzustöbern. Wer will, darf die Waffen auch auf den eigenen Schießanlagen ausprobieren, aber so weit habe ich mich dann doch noch nicht getraut. Ich besorge mir einige Sachen von Under Armour und muss mich immer wieder zusammenreißen, da meine Gepäckkapazitäten natürlich begrenzt sind.

Danach gehen wir ins Hofbräuhaus. Wir sind etwas früh dran und der reservierte Tisch ist noch nicht frei, aber wir kriegen einen anderen Platz und schaffen erstmal eine Grundlage. Es ist schon ziemlich dekadent, aber die meisten Sachen werden täglich aus München eingeflogen und so ausgesprochen authentisch. Als Muschelschubser bin ich natürlich nicht der richtige Maßstab, fand aber Essen und Trinken einwandfrei. Aber es ist ein teurer Spaß. Nachdem wir das Essen und zwei Maß genossen haben, machen wir „Check“ und setzen uns zu den anderen. Aber hallo...Vier Personen und schon 200 Dollar auf der Uhr...das wird ein teurer Abend! Die Band ist mitnichten aus Bayern, sondern international bunt zusammengewürfelt. Draußen beim Rauchen kommen wir ihnen ins Gespräch und lernen so, dass Arbeiten in Las Vegas ziemlich hart ist. Hier geht es nur ums Geschäft und man macht was der Chef will oder sucht such einen anderen Job. Die Band spielt zum ersten Mal überhaupt zusammen und wird bei jeder Gelegenheit vom Manager zusammengefaltet („Wir haben 5 Minuten zu spät Pause gemacht“). Und auch sonst läuft alles nach Schema F ab, eigene Spaßideen der Gäste werden rigoros unterbunden. Als wir zeigen, wie man die schweren Tische mit einem Finger hochheben kann, ist sofort Alarm. Und als wir dann im Zuge der kulturellen Völkerverständigung den Amerikanern am Nachbartisch zeigen, wie leicht das ist solange genug Leute mitmachen, droht uns dieser Manager mit sofortigem Rauswurf. Irgendwann räumt man mir mein halbvolles Glas beim Rauchen versehentlich ab. Natürlich bekomme ich anstandslos ein Neues mit analogem Füllstand. Allerdings erfahre ich auch, dass dieses der Kellnerin vom Lohn abgezogen wird. Nein, sympathisch ist der Laden nicht! Ihr fragt Euch wahrscheinlich nun, was so ein Brand dort gekostet hat und ich muss gestehen, dass ich mich nicht erinnere. Ehrlich gesagt, will ich es auch nicht wissen!

Morgen werden wir uns auf den Strip begeben und Las Vegas mal erleben wie es sich gehört.
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Typischer Langflur in Las Vegas. Wehe dem der was vergessen hat.
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Keine echte Kopie, aber dem Prinzip zumindest treu geblieben.
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In Vegas steht ein Hofbräuhaus...
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Eine Bass Pro Shop Harley, gebaut von Orange County Choppers.
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Ein schöner Zug, zumindest der Anfang. Leider ohne Doppelstockcontainer.
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Zuletzt geändert von pidderlyng am 31. Okt 2014 21:40, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: USA Tourbericht - Wilder Westen

#38 Beitrag von maweg »

Hallo Pidderlyng,

habe mir das Video über die Utah State Route angesehen. Der erste Gedanke, der mir dabei durch den Kopf ging war: "Mann o Mann, wie klein ist doch Deutschland!"

Ich muß mal tüfteln, ob ich die Straße noch in meine Tour einbauen kann.

Ob wir in Las Vegas ebenfalls ins Höfbräuhaus gehen lasse ich mal offen. Das in München lasse ich links liegen, ich spreche kein Japanisch :lol: ; es gibt gemütlichere Kneipen in Bayern :cheers:

Grüße

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Re: USA Tourbericht - Wilder Westen

#39 Beitrag von pidderlyng »

Unsere Hotelanlage ist sehr weitläufig und liegt zwei Blocks vom Strip entfernt. Ein Block ist der Bereich zwischen zwei Hauptstraßen. Da insbesondere die Innenstädte sehr oft quadratisch angelegt sind, kann man sich relativ einfach anhand der Hausnummern orientieren, denn jeder Block eröffnet eine Hunderter Reihe, d.h. die erste Ziffer der Hausnummer ist die Nummer des Blocks. Also steht man zum Beispiel vor der Hausnummer 713 so befindet man sich im siebten Block. Die bei uns bekannte Bezeichnung Blockbuster leitet sich übrigens genau von diesen Blocks ab, denn wenn die Schlange vorm Kino bis in den nächsten Block hineinreicht, dann wurde dieser „gesprengt“ und der Film ist ein Blockbuster!

Der Strip ist auf den ersten Blick schon ganz schön beeindruckend. Die Straße hat 8 Spuren plus Abzweiger, ein Seitenwechsel bedarf schon einiger Planung und wird meistens über Überführungen durchgeführt. Überall sind Hotelanlagen mit Casinos, die sich durch bestimmte Themen versuchen sich voneinander abzusetzen. Es gibt es Paris mit Nachbauten des Eiffelturms und Arc de Triumphe, Schatzinseln mit Piraten, klassisches Altertum, Venedig mit Gondeln und und und. Dazwischen sind unzählige Einkaufszentren (Malls) und die großen Showtheater. Es ist eine unglaubliche Szenerie aus Protz und Popanz, weil jeder versucht sich irgendwie noch spektakulärer als die anderen zu positionieren. Die Malls sind teilweise wirklich unvorstellbar groß und zwar in dem Sinne unvorstellbar, dass es ist wirklich nicht mehr leicht ist, dort auch wieder herrauszufinden! Ich verstehe nun, warum in Google Maps davon Indoor-Karten vorrätig hält. Wir gehen aber natürlich erst einmal zum Harley Cafe. Auch dieses ist wirklich witzig eingerichtet und voller Harley bzw. Motorrad Referenzen, es gibt Plätze mit Windschutzscheiben und an den Wänden hängen unzählige Fotos von prominenten Gästen der letzten Jahrzehnte. Der Clou ist aber ein Schienensystem an dem aktuelle Harleys hängen und so durch den ganzen Laden gezogen werden. Hier dazu ein passendes Video.

Wer aber glaubt, man würde nun in den Shopping Rausch kommen der irrt. Oftmals handelt sich um hochpreisige wenn nicht sogar Luxuswaren. Prada, Gucci, Rolex, Dolce Gabbana, Fendi, Neiman Marcus - irgendwie ist alles vertreten, was da hässlich und teuer ist. Ich habe mir vorgenommen neue Turnschuhe zu kaufen und und bin ziemlich baff angesichts der unamerikanisch hohen Preise, finde dann aber doch noch ein Paar sehr bequeme New Balance für 60 Dollar, die ich gleich im Laden anziehe und meine alten Schuhe da lasse.

Überall spielt Musik, wie in einem Freizeitpark, riesige Lichtreklamen und Videowände zeugen letztendlich vor allem nur von einem: Verschwendung. :schlapp: Es gibt auch wirklich nichts an Kultur oder Kreativität. Es sind allesamt bewährte Ideen und Konzepte die nur mit viel Aufwand aufgemotzt wurden und so eine sterile Plastikwelt schaffen in der mensch am Ende nur nur eines soll: Geld ausgeben! Für Party, für Luxusartikel und insbesondere natürlich fürs Spielen. Ich fühle mich unglaublich fehl am Platze, noch viel mehr als am Grand Canyon. Aber vielleicht sieht es Abends ja ganz anders aus und vielleicht spüre ich dann das Flair, welches diesen Ort ausmachen soll.

Wieder im Hotel widme ich mich dann zunächst einmal dem Automatenspiel. Die Halle ist vergleichsweise klein, aber immer noch größer als zehn Spielhallen zuhause. Die goldene Regel in amerikanischen Casinos lautet, wer spielt bekommt Getränke aller Art gratis. Die Bedienung kommt dann aber natürlich nicht so oft herum wie in einer normalen Bar, also hole ich mir ein Bier am Tresen. Kostet dann eine Kleinigkeit (ein oder zwei Dollar), aber ich habe es sofort. Ich nehme die Maschinen mit dem niedrigsten Einsatz (penny machines), stelle fest dass hier 5 Pennys Minimum Einsatz gelten, stecke eine Kippe an (natürlich darf man in Casinos rauchen) und investiere 20 Dollar. Es ist unglaublich langweilig! Es passiert wirklich nichts spannendes, nur dass man hofft dass irgendwie die richtigen Symbole auftauchen. Ich erhöhe den Einsatz und bevor die Zigarette zu Ende ist, sind die Dollars flöten! BÄM!
Aber das Casino hat auch was Gutes. In ihrer unendlichen Geldgier lösen sie mir sämtliche Reiseschecks ein, die ich so in meinen früheren Besuchen so ansammelte, sogar die unpraktischen Zehner. Diese Schecks waren früher in den Staaten sehr hilfreich, heutzutage hat man Mühe sie loszuwerden. Bargeld kriegt man sogar mit seiner EC „Maestro“ Karte am Automaten und eine zweite Kreditkarte ist auch kein übermäßiger Luxus mehr.

Man könnte sich am Abend noch eine Show anschauen, aber das Angebot ist nicht richtig mit meinem Geschmack kompatibel. Blue Man Group, ja ok, aber die kann ich auch in Berlin gucken. Zaubershows...ach neee, Circus de Solei...ja könnte sich lohnen, aber ich bin ja nicht so der Zirkusmensch (außer vielleicht FlicFlac), Varieté mmh ja aber nicht für 70 Dollar... oh der Horror Klassiker „Evil Dead“ (hierzulande als "Tanz der Teufel" bekannt) als Musical, ja das ist cool...MIST läuft heute nicht. Na dann eben nicht. Mein Zimmergenosse beschließt lieber zu schlafen, ich geh als dann alleine los. Die Wasserspiele vorm Bellagio und die Piratenschlacht kann man für lau gucken, das ist doch ein Plan.

Nachts tobt tatsächlich der Bär auf den Straßen. Nicht nur junge Leute, nein auch Erwachsene im gestandenen Alter laufen grölend durch die Welt. Ist für Amerikaner in ihrem sonst so zivilisierten Nachtleben vielleicht eine Art Ventil, keine Ahnung. Vielleicht liegt es daran, dass sie sich aufgrund der Gesetze in ihrer Jugend nicht ihre Alkohol-Hörner abstoßen konnten und das nun jetzt tun, vielleicht auch daran, dass die USA eben doch sehr viel ländlicher sind als man sich das vorstellt und so ein großer Stadtbesuch immer was exzessives beinhaltet oder aber vielleicht daran, dass alle auf der Suche nach dem großen „Hangover“ sind. Vielleicht trifft auch alles zu, wer weiß! :megashock:

Aber tatsächlich, die Wasserspiele sind wirklich nett anzuschauen und motivieren mich noch einmal über den Strip zu tingeln. Ich wage mich sogar noch einmal in Caesars Palace um mir das Treiben mal bei Nacht anzuschauen. BOAH! Das Casino an sich ist schon riesig, neben den Slot Machines, gibt es Craps, Roulette und Omaha Hold’em Poker. Dazu gibt es eigene Hallen für Sportwetten, wo die Leute vor zwei Monitoren sitzend ihre Wetten platzieren und einen Saal für echte Pokerrunden. Abschließend gibt es für die wirklich Wohlhabenden VIP Bereiche und Lounges, in denen der Mindesteinsatz wohl mein Jahresgehalt übersteigt.
Es ist um diese Uhrzeit knüppeldickevoll und die Dollarscheine fliegen nur so über die Tische. Ich halte inne und verstehe das Konzept: Die Spieler sind größtenteils gut alkoholisiert und überschätzen ihre Gewinnmöglichkeiten, da aufgrund der Masse an Spielern regelmäßig ein mehr oder weniger großer Gewinn lautstark zelebriert wird. An den Spieltischen gibt es Whiskey pur und so sitzen die Scheine der Spieler schön locker. Es ist gigantisch, wenn man mal kurz überschlägt, was hier so pro Minute an Kohle verzockt wird und gleichzeitig traurig, wenn man dann überlegt, wie viele der Leute davon wohl spielsüchtig sind.

Draußen vor der Tür trifft man dann auch die Verlierer des amerikanischen Traums, die auf den Bürgersteigen hausen oder versuchen durch den Verkauf von Wasserflaschen einer Wohltätigkeitsorganisation ein paar Cent zu machen. Dieser Kontrast macht diese Glitzerwelt nochmal extra abstoßend. Aber nun gut, ich bin weder als Sozialarbeiter hier, noch kenne ich die Geschichten dieser armen Gestalten. Ich will auch nicht über den Ort der Sünde referieren oder irgendeinem Spieler einen Spiegel vorhalten. Aber schön finde ich es trotzdem nicht. :keineahnung:

Die Piratenshow verzögert sich wegen starken Winds. In der Tat weht wieder einmal eine steife Brise. Zum Glück ist es in Las Vegas erlaubt / toleriert auf der Straße zu trinken, also hole ich mir ne Dose Bier. Mangels vernünftiger Alternative (es gibt nur Bud und Konsorten...) wird es Heineken...nein Kultur finde ich hier einfach nicht. Irgendwann kommt dann die Absage der Show....NA TOLL! Egal, ich geh nochmal über die Straße ins Venetian, welches ihr alle bestimmt schon mal im Fernsehen gesehen hab. Dieser Ort ist wirklich unglaublich skurril. Durch geschickte Beleuchtung und besondere Materialien entsteht wirklich der Eindruck, man befände sich unter freien Himmel. Aber falls man nicht zufällig mit einer Gondel fahren will, war's das aber auch, denn was anderes als Einkaufszentrum und Casino gibt es hier auch nicht. Da in Las Vegas alle Wege in ein Casino führen, lande ich also auch dort.

In den Casinos, vorzugsweise an den Penny Machines, finden sich ab und an aufgestylte einsame Damen, die sehr geschickt durch Körpersprache Ansatzpunkte für Small Talk suggerieren. Der weitgereiste Blick erkennt sofort, dass es sich hierbei wahrscheinlich um höchst professionelle Damen handelt, die gerne den solventen Herr dazu überreden möchten, sein Geld nicht nur zu verspielen, sondern lieber anderweitig zu investieren. Dazu muss man sagen, dass Prostitution in den USA natürlich vorhanden, aber ausgesprochen geächtet ist. Darum läuft die Anbahnung schon recht was dezenter als in der Herbertstraße. In einigen Gegenden, wo vor allem der Freier strafrechtlich verfolgt wird und teilweise mit Bild in der Zeitung landet, gibt es schon recht spezielle Koberrituale. Man muss also schon sehr genau die Wege der Tarnung kennen, um Prostitution überhaupt wahrzunehmen. In Las Vegas ist das ein wenig anders. Auf den Bürgersteigen befinden sich viele Zeitungskästen, zwar ohne Zeitungen, aber dafür mit kleinen Heften, in denen leicht bekleideter Damen und viele vielen Telefonnummern abgebildet sind, um diese „Modelle“ für eine „persönliche Show“ nach Hause bzw. ins Hotel einzuladen.
Dazu stehen an diversen Ecken auf dem Strip Gruppen von Latinos, die einem Bündel dieser Kontaktanzeigen in Visitenkartenform in die Hand drücken. Für wem das immer noch zu peinlich ist, für den fahren auch noch LKWs mit Werbetafeln durch die Gegend. Irgendwo findet sich immer noch der dezente Hinweis, dass Prostitution illegal in Nevada sei, aber ein Polizist wird da schon nicht mitkommen und die Steuern kassiert der Staat gern. Aber um die nun anstehende Frage gleich zu beantworten, nein ich habe da nicht angerufen und auch die Damen an den Penny Machines schön in Ruhe gelassen.

Und was sehe ich auf der anderen Straßenseite, als ich wieder aus dem Casino rausgefunden habe? Die Piratenshow! Na dieser Abend läuft ja prächtig! Über die Straße kommen dauert bestimmt fünf bis zehn Minuten, bis dahin ist die Show wohl vorbei. Nein, diese Stadt mag mich also anscheinend auch nicht...ist ok! ;)

Aber ich finde stattdessen einen Walgreens und kann mir noch ein paar schöne Andenken in Form von skurilen Lebensmitteln holen. Hey cool, die verkaufen Schnaps ganz normal im Regal, zum Anlocken der Menschen ist ihnen wirklich alles recht! ;) Mir ist es aber auch ganz recht, denn ich finde mein Alkoholkontingent für die Heimreise in Form einer Flasche Southern Comfort 100 Proof. Im Gegensatz zum 35% Zuckerwasser in Deutschland ist diese Mischung wesentlich schmackhafter, wenn auch trotzdem immer noch ziemlich süß. Aber probieren lohnt sich, wenn Ihr man die Chance dazu habt. Freie Handkapazitäten fülle ich mit diversen Süß- und Salzwaren auf und begebe mich zur Kasse. Dort hat man das One-Line Prinzip. Man steht wie dahrim auf dem Postamt in einer Reihe und sobald eine Kasse frei wird, geht der nächste dorthin. Das optimale Prinzip, keine Ahnung warum das hier nicht eingeführt wird.

Schwer bepackt mit diversen Plastiktüten gehe ich nach Hause. Dazu fällt mir noch ne Anekdote von früher ein. Normalerweise wird alles was durch die Kasse geht in eine kleine Plastiktüte (so wie man sie beim Imbiss bekommt) getan und je nach Größe des Einkaufs hat man dann eine recht stattliche Anzahl solcher Tüten in der Hand. Einige Supermärkte haben dagegen traditionelle Papiertüten und einige beides. Daher bedeutet die Frage „Paper or Plastic?“ nicht wie der treudoofe Autor verstand, ob man bar oder mit Karte zahlen will, sondern welche Tüte sie nehmen sollen. :oops:

Kaum den Strip verlassen, sind die Straßen dunkel und menschenleer. Die wenigen Gestalten die noch unterwegs sind, machen auch keinen besonders vertrauenerweckenden Eindruck und wenn sie sich unterhalten ist das Sprachniveau erschreckend niedrig und ziemlich vulgär. Letztendlich sind das wohl alles unterbezahlte Arbeiter und recht friedlich.
Entsprechend wohlbehalten komme ich im Hotel an, mein Zimmerkollege pennt immer noch. Ich gehe an die Bar und hab noch ein paar witzige Gespräche mit amerikanischen Partyvolk aller Couleur, schnappe mir dann noch ein letztes „afrikanisches“ (weil „Togo“) Bier und suche mir ein stilles Plätzchen auf der wirklich großen Anlage. Verquassel noch ein paar Freiminuten mit Heimatanrufen, genieße den Sternenhimmel und lass den Urlaub langsam ausklingen. Im Zimmer dann noch etwas wehmütig durchs TV gezappt und bei einer Scripted Reality Sendung über einen Pawn Shop, der die Schuhe von Papst Leo XIII dann doch nicht kauft langsam eingeschlafen.
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Drinnen, nicht draußen!
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Riesige Leuchtreklame ist fantastischer Bildqualität. Das freut den Geek von Welt!
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"Paris ist nicht Frankreich" wie wir alle wissen!
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Ein echtes Öko Bike.
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Imposanter Eingang.
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Zuletzt geändert von pidderlyng am 16. Nov 2014 22:24, insgesamt 1-mal geändert.
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catweazel
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Re: USA Tourbericht - Wilder Westen

#40 Beitrag von catweazel »

Sören ! ... verdammte Axt ! :top:
Dein Reisebericht ließt sich wie ein Reality Roman.
Als wenn man selbst dabei gewesen ist !
Das heutige Kapitel hätte ich gern schon 20:15h gelesen...
Der Tatort war nämlich 'n Dre** dagegen !
Ich bin begeistert und freue mich schon auf's nächste Kapitel.
:clap: :cheers:

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