Ab in die Dolos!

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bradpit
 
 
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Re: Ab in die Dolos!

#41 Beitrag von bradpit »

pabo hat geschrieben:
Meine Fragen:

Brauchen wir für Etappe 1 (ohne Autobahn) Pickerl oder so was?
Kennt jemand eine schöne Strecke von München nach Truden (Trodena)?
Nun kommt drauf an wieviel Zeit Du Dir nehmen willst.
Du kannst z.B. über Garmisch- Partenkirchen
Ehrwald
Berwang
Namlosertal
Hahntennjoch
Kühtaisttel
Brennerbundesstrasse.
Penser Joch
Alternativ ab Sterzing:
Jaufenpass
Meran
Bozen,Auer, Truden

Alternativ:
Garmisch
Ehrwald
Berwang
Namlosertal
Hahntennjoch
Ötztal
Timmelsjoch
Jaufenpass
Penserjoch Ritten
Auer, Truden, kostet am Timmelsjoch 12€
Möglich auch
Mittenwald, Seefeld, Brennerbundesstr., Penser o. Jaufen ect.

Du kannst Dir hier eine Strecke ganz einfach erstellen und auf Dein Navi herunterladen.
http://www.gpsies.com/home.do#6_51.1657 ... 42726898_p

Ansonsten sind für Österreich für 10 Tage 7€ Autobahnmaut fällig.
Die Brennerautobahn kostet noch mal extra und wird an der Autobahn abkassiert.
Viel Spass da unten, nur der Ander hats ja schon geschrieben, im August nicht empfehlenswert.
Gruss Peter

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Theo
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Re: Ab in die Dolos!

#42 Beitrag von Theo »

Dolomiten!


Jeder, der Spaß auf zwei Rädern sucht, sollte einmal in den Dolomiten gewesen sein. Das ist gewissermaßen das Mekka der Motorradfahrer, der Biker-Nexus!

Und das war auch schon alles, was ich von dieser Felsformation wusste. Irgendwo in Norditalien sollte sie liegen, vermutlich ein Alpenfortsatz. Oder doch ein eigenständiges Gebirge?
Ist ja auch egal, ich wollte Kurven fahren und mir nicht mit Geologie und Topographie die Tour versauen.
Naiv und ahnungslos, ohne je einen konkreten Blick auf eine Landkarte geworfen zu haben, startete ich am Sonntag morgen, während sich jeder brave Bürger das zweite mal im Bett rumdreht.

Nieselregen. War ja klar.

Aber ich war hochmotiviert. Also die Regenkombi drübergezogen, die Uschi (mein Navi) programmiert und dann ging’s los.

„Gramschatzer Wald“, das war der Ort, an dem ich mich mit Peter treffen wollte. „Gramschatzer Wald“, den Namen muss man sich wirklich auf der Zunge zergehen lassen. Das klingt, als ob jeden Augenblick ein buckliger Räuber aus dem Zwielicht tritt und Zoll verlangt. Oder ahnungslose Motorradfahrer mit einem riesigen Knüppel vermöbeln will. Oder Öl auf die Straße kippt. Oder schlimmeres.

In meinem Fall entschied sich der Waldschrat zum Glück nicht für Öl, sondern für Wasser. Unmengen Wasser! Da wurde mir klar, dass ich mir das Putzen der Versys hätte sparen können. Ehrlich, sie sah erbärmlich aus. Als wollte sie gleich wieder heim in die trockene Garage. Und irgendwie bockte sie auch. Oder bildete ich mir das nur ein?

Egal, ich musste weiter, den monsunartigen Regen mit der Versys-Front zerteilen, den Helm tapfer gegen die trommelnden Tropfen gestemmt.

Als ich am Treffpunkt ankam, wartete Peter bereits. Und dort war es trocken! Jedenfalls so lange, bis wir abgefahren waren.

Wir spulten Kilometer für Kilometer ab. Würzburg – Regen. Rothenburg – Sonne. Aalen – Regen. Ulm – noch mehr Regen. So ging es weiter bis Füssen. Dort führt die Autobahn durch einen langen Tunnel bis nach Österreich hinein. Ich hatte die Hoffnung, dass wir auf der anderen Seite des Tunnels schönes Wetter haben. Manchmal kommen ja die tiefhängenden Regenwolken nicht über die Berge hinweg.

Meine Hoffnung hatte sich nicht erfüllt. In Österreich regnete es noch heftiger. Langsam spürte ich Nässe an mir. Erst am linken Fuß, dann am rechten. Und dann am Hals. Das Visier war innen beschlagen und ich musste mich sehr konzentrieren, nicht von der Straße abzukommen. Die Hände wurden klamm (trotz Heizgriffen) und die Füße fühlten sich irgendwie verschrumpelt und aufgequollen an. Zudem fror ich jetzt an die Hufe.

Peter fuhr indessen unverdrossen vorneweg. Er hatte wohl die bessere Ausrüstung, kümmerte sich nicht um mich und bog mal links, mal rechts ab. Mittlerweile hatte ich die Orientierung völlig verloren. Meine Uschi (die den direkten Weg einprogrammiert hatte) war schon fast heiser und dem Nervenzusammenbruch nahe von den vielen Korrekturanweisungen. Ich habe sie dann erlöst, nicht dass sie noch ausfällt! Denn dann wäre ich total aufgeschmissen gewesen.

Die Straße führte uns auf irgendeinen Berg, immer höher hinauf, immer schmaler und immer rutschiger. Auf einer Huftiersperre hätte ich die Versys beinahe abgelegt, da ich das Gitter wegen des beschlagenen Visiers nicht rechtzeitig erkennen konnte. Jetzt wurde es auch noch stürmisch und der Straßenbelag sah eher aus wie Schotter und nicht wie Asphalt. Und immer weiter hinauf und immer schmaler wurde der Weg. Dann hörte noch die spärliche Vegetation auf und überall waren Warnschilder wegen Murenabgängen.

Und in dieser menschenfeindlichen, kalten, nassen und stürmischen Einöde hielt Peter endlich an und erklärte mir, das sei das Hahntennjoch.

Ich nahm das zur Kenntnis und schwor mir, niemals wieder an diesen ungastlichen Ort zurückzukehren.

Die Abfahrt gestaltete sich ähnlich anspruchsvoll. Irgendwie sind wir da wieder heruntergekommen, ohne von der Straße geweht zu werden und ohne von einem Murenabgang überrollt zu werden. Wie gesagt – Hahntennjoch, mich siehst Du nicht wieder; man soll sein Schicksal nicht herausfordern.

Viele Links- und Rechtsabbiegungen später ging’s wieder bergan, diesmal noch steiler. Dafür war aber die Straße in besserem Zustand. Und – oh Wunder – es hörte auf zu regnen. Oben auf dem Berg stand ein Wirtshaus und wir machten Rast.

1335

Auf der Terrasse des Wirtshauses stand eine bunte Kuh und glotzte zu uns rüber. Unsere Versen waren aber nicht kommunikativ, sondern suchten sich niedergeschlagen eine Ecke, wo sie verschnaufen konnten.

1336

Wir wurden eine Spur zu freundlich eingeladen, ins Wirtshaus zu kommen. Da wir nass und durchgefroren waren, wollten wir uns aufwärmen.
Drinnen war es sehr gemütlich eingerichtet, aber nicht warm genug, um unsere Sachen zu trocknen. Doch der heiße Kaffee war gut und vermochte sogar, die Stimmung wieder etwas zu heben.
Die Rechnung war happig. Eben österreichisches Touristengebiet. Im Nachhinein wurde mir dann auch klar, warum wir trotz unserer triefnassen Klamotten reinkommen sollten. Offenbar war das Monatsumsatzziel noch nicht ganz erreicht worden.

Weiter ging’s dann an Innsbruck vorbei (mein Visier war nicht mehr so sehr beschlagen, ich konnte das Ortsschild schemenhaft erkennen) und die Straße zum Brenner rauf. Am Brenner wollte ich gern anhalten und ein Foto schießen. Brenner – dieser Ort muss magisch sein; schließlich war das schon in dem Film „Go Trabi go“ ein besonderer Ort mit südlichem Flair.

Naja, so besonders war’s dann dort doch nicht.

1337

Aber südliches Flair hatte dieser Ort trotzdem. Zumindest, wenn man plötzlich feststellt, dass die Geschäfte italienische Bezeichnungen haben.

Und dann, ganz unspektakulär, waren wir plötzlich in Italien.



- Fortsetzung folgt -
Zuletzt geändert von Theo am 10. Jun 2010 22:04, insgesamt 1-mal geändert.
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HnafetS
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Re: Ab in die Dolos!

#43 Beitrag von HnafetS »

gut, das war jetzt der einfache Teil ;) Bin schon gespannt, wie es weiter geht.

Ciao

Stefan

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Theo
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Re: Ab in die Dolos!

#44 Beitrag von Theo »

Mit Überschreiten des Brennerpasses haben sich zwei Umstände schlagartig geändert: Das Wetter wurde richtig sonnig und die Straßen wurden eine Spur unebener. Doch das war kein Thema für unsere Versen, die ja genug Federweg haben, um ein paar Wellen und Asphaltrisse ganz easy wegzubügeln.

In Italien scheint es viele Straßenbaustellen zu geben. Nicht solche kilometerlangen durch Ampeln geregelten Staustellen, wo man 20 Minuten auf die nächste Grünphase warten muss. Nein, kurze, wenige hundert Meter lange oder auch nur eine Kurve umfassende Baustellen waren das. Manchmal wurde der Verkehr mit Ampeln, manchmal mit lebenden Winkschildern geregelt. Das ist sehr praktisch, gerade für Motorradfahrer, die sich leicht an der Handvoll wartender Autos vorbeischmuggeln können. In Italien ist das sogar offiziell erlaubt. Habe ich jedenfalls gehört.

Überhaupt scheinen Motorradfahrer in Italien größeres Ansehen zu genießen als bei uns. Das kommt vielleicht von solchen Größen wie Max Biaggi oder Valentino Rossi. Vielleicht sind die Italiener auch einfach nur relaxter und pflegen ihre Feindbilder weit weniger als der gemeine Mitteleuropäer.

Wir fuhren immer weiter bergab. Ort um Ort ließen wir hinter uns. Sehr praktisch, dass alle wichtigen Schilder auf italienisch und auf deutsch geschrieben waren. Ich ertappte mich dabei wie ich versuchte, mir italienische Entsprechungen für deutsche Aufschriften einzuprägen. Irgendwas muss man ja tun, wenn man dem Vorausfahrenden einfach nur so hinterhertuckert. Und da das Visier nun nicht mehr beschlagen war, musste ich meine Aufmerksamkeit nicht mehr nur ausschließlich auf Peters Rücklicht konzentrieren.

Die Strecke ging immer noch tiefer und tiefer nach unten. Inzwischen dachte ich, wir müssten bald die Po-Ebene erreicht haben, da bog Peter unerwartet ab und gab plötzlich seiner Versys die Sporen, dass ich vor lauter Überraschung fast den Anschluss verloren hätte. Es ging jetzt in schönen Serpentinen bergauf und man merkte deutlich, dass Peter diese Strecke nicht zum ersten mal fuhr. Meine Versys schien sich zu freuen, dass sie endlich artgerecht fahren durfte und sie dröhnte ihr schönstes 8.000rpm-Tremolo heraus.

Einige Kurven später waren wir in Steinegg, wo sich unser Hotel befinden sollte. Peters Navi und auch meine Uschi führten uns erst einmal in eine Sackgasse ohne Hotel, aber nachdem wir ein paar Ureinwohner nach dem Weg gefragt hatten, kamen wir endlich in unserem Hotel „Garni Yuka“ an. Eigentlich sah das gar nicht wie ein typisches Hotel aus, sondern eher wie ein großes Bauernhaus. Vielleicht auch deswegen, weil uns der Hund an der Kette neugierig ankläffte.

1346

Der Eigentümer des Hotels, Manuel, und seine Frau empfingen uns sehr herzlich und zeigten uns unser Zimmer. Groß und hell, mit einem schönen hölzernen Balkon und mit direktem Blick auf den Rosengarten, eine Felsgruppe am Bergmassiv gegenüber.

Unsere Versen parkten wir in der hauseigenen Garage. Die war nahezu so groß wie ein Fußballfeld. Und die Versen sahen irgendwie verloren da drin aus.

Gepäck abbauen, umziehen, ausräumen. Mobiltelefon einschalten, um die „Willkommen-in-der-EU“-Nachrichten zu löschen. Doch was war das? Da war ja auch eine SMS von unserem südtiroler Kollegen Ander, der wissen wollte, ob wir gleich noch zu ihm kommen. Das war ein schönes Gefühl, wenn man bereits erwartet wird. Fast wie bei Muttern zu Hause. Immerhin hatten wir aber schon fast 800 km in den Knochen und so einigten wir uns, dass Ander zum Hotel kommt.

Endlich – das erste italienische Abendmahl! Und ich hatte einen Bärenhunger nach der langen Anfahrt. Nun muss man wissen, dass ich seit frühester Kindheit keinen Käse esse, da ich es einfach nicht fertigbringe, übelriechende Dinge in meinen Mund zu stecken. Und was wurde uns aufgetischt? Irgendwelche hackfleischgefüllte Teigtaschen, dick mit Käse überbacken! Nun war ich in einer Zwickmühle, hatte ich doch Knast wie ein Scheunendrescher und ich wollte außerdem die Köchin nicht beleidigen. Aber diese stinkenden Dinger konnte ich auch nicht essen. So stocherte ich in der Masse herum, suchte ein paar Teigtaschen von weiter unten heraus und kämpfte tapfer gegen den Brechreiz an. Zum Glück hatte ich ausreichend Bier zum Spülen. Da konnte ich nicht ahnen, dass danach noch drei weitere Gänge aufgetischt wurden! Alle selbst für mich genießbar und sehr lecker!

Mit Ander haben wir uns auf Anhieb gut verstanden. Wir haben uns für den nächsten Morgen verabredet, um gemeinsam durch südtiroler Straßen zu brausen. Peter und Ander schleuderten mir einen Straßennamen nach dem anderen um die Ohren. Doch ich war – wie schon erwähnt – mit der örtlichen Geographie keineswegs vertraut und so konnte ich den beiden kaum folgen.

Aber eins hatte ich doch mitbekommen: Morgen werden wir über Pässe fahren, Motorrad-Eldorado! Das, wovon alle so schwärmen, würde mir nun auch zuteil werden.

Ich glaube, in jener Nacht habe ich nur von Kurven geträumt.


- Fortsetzung folgt -
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Re: Ab in die Dolos!

#45 Beitrag von Detlef Plein »

Na dann mach ich Euch jetzt die Nasen lang, Motorräder sind verpackt, heute Nacht geht es los in die DOLOS.
Ander wir kommen, Deinen Heckjack habe ich auch schon verpackt.
Dann wollen wir mal sehen was ihr an Kurven übrig gelassen habt :pfeif:
Schöne Grüße aus Borken
Detlef Plein

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Theo
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Re: Ab in die Dolos!

#46 Beitrag von Theo »

Na dann, Detlef, viel Spaß, trockene Straßen und ärgere die Möchtegern-Supersportler nicht so doll. ;)


Herzliche Grüße an den Tornanti-Tourguide und komm heile wieder! :)
Viele Grüße!
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Re: Ab in die Dolos!

#47 Beitrag von Ander1971 »

Detlef Plein hat geschrieben:Na dann mach ich Euch jetzt die Nasen lang, Motorräder sind verpackt, heute Nacht geht es los in die DOLOS.
Ander wir kommen, Deinen Heckjack habe ich auch schon verpackt.
Dann wollen wir mal sehen was ihr an Kurven übrig gelassen habt :pfeif:

Freue mich schon auf Euch! Meldet euch sobald ihr in meinen Breitenkreisen präsent seit; meine Nummer müsstest du ja schon haben, ansonsten schicke ich sie dir per pn.

lg
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Re: Ab in die Dolos!

#48 Beitrag von TomBlom »

Theo hat geschrieben:Ich glaube, in jener Nacht habe ich nur von Kurven geträumt.
Ich bestimmt auch, nur eben ohne Asphalt drauf. :lustig: :boobs:
Gruß Tom

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Re: Ab in die Dolos!

#49 Beitrag von bradpit »

Theo, Dein Rückblick liest sich ja wunderbar, wusste gar nicht das Du so ein Literarisches Talent hast. :clap:
Bin schon auf den nächsten Teil gespannt. :pfeif:
Gruss Peter

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Ander1971
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Re: Ab in die Dolos!

#50 Beitrag von Ander1971 »

Finde beide Erlebnisberichte sowohl von Theo als auch von Peter sehr spannend, da sie die gemeinsame Zeit aus total verschiedenen Perspektiven bertrachten :respekt: :top:

lg
Ander

P.S.: bin auch schon auf die Fortsetzung von Theo gespannt!
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Re: Ab in die Dolos!

#51 Beitrag von Theo »

Ein kühler, sonniger Morgen. Und, was mir besonders auffiel, die Luft war sehr klar. Schönstes Motorradwetter also!

Es war eine feine Sache, dass uns Manuel angeboten hatte, unsere tratschnassen Sachen in seiner ziemlich warmen Küche über Nacht trocknen zu dürfen. So konnten wir also unbeschwert starten, um uns mit Ander zu treffen.

1349

1350

Ander fuhr vorneweg, danach Peter und am Ende ich. Das Tempo, das Ander vorgab, passte gut. Es ging zunächst an den Karersee. Zu viele Touristen dort, aber der Anblick der Berge, die sich manchmal im Wasser spiegeln, ist beeindruckend.

1403

Weiter ging es auf schönen kurvigen Straßen. So richtig schön zum Warmfahren.

Irgendwann bogen wir auf eine Nebenstrecke ab, die sich durch den Wald schlängelte. Je länger wir auf dieser Nebenstrecke fuhren, desto schmaler wurde sie. Nach ein paar Kilometern wurde sie noch schmaler, geschätzte 1,50 Meter. Das war schon manchmal haarig, wenn einem in einer Kurve ein anderes Motorrad oder gar ein Auto entgegenkam. Solche Straßen gibt’s bei uns höchstens als Einbahnstraßen oder als Forstweg.

Die Straße wand sich höher und höher und allmählich wurde die Vegetation spärlicher, der Straßenbelag immer bröckliger, die Kurven enger und zu allem Überdruss pfiff da oben auch noch ein böiger Wind. Kurz: Es war eine wirklich schwierige Fuhre. Solche Strecken gibt es in meiner Heimat nicht und noch nie hatte ich derart schwierige Straßen befahren. Insbesondere in den Rechtskurven – da muss man ja fast auf der Stelle wenden, so eng sind die Kurven – schwitzte ich Blut und Wasser, dass mir das Gefährt nicht umkippt. Einmal würgte ich die Versys fast ab und vor einer anderen Kurve fuhr ich beinahe in den Straßengraben. Und der ist dort einige hundert Meter tief! Die enge, steile Straße, der lockere Untergrund und die spitzwinkligen Kurven überforderten mich total, das war offensichtlich. Und der Wind zerrte an mir und der Versys, das machte die Lage nur noch schwieriger.
Langsam nagten Zweifel an mir, ob der Südtirol-Trip wirklich eine so gute Idee gewesen war. Solche schwierigen Strecken noch vier Tage lang fahren? Das wäre ein Fiasko! Zwar konnte ich an Ander und Peter dranbleiben, sie fuhren ja auch nicht schnell, so höchstens 25-30 km/h schätzungsweise. Aber es war klar, dass ich mehr und verhängnisvollere Fahrfehler machen würde, wenn nicht etwas passierte.

Und es passierte etwas: Ander und Peter hielten an. Uff! Endlich eine Verschnaufpause! Erst einmal tief durchatmen, das Motorrad abstellen und sich die schlotternden Knie nicht anmerken lassen.

1351

Da oben stand ein kleines Gasthaus, das ich in meinem Fahrstress gar nicht bemerkt hatte. Wir gingen rein und aßen und tranken eine Kleinigkeit.

1352

Von drinnen hatte ich einen guten Ausblick auf die anderen Fahrzeuge, die draußen vorbeifuhren. Ich hätte erwartet, dass außer uns nur ein paar leichte Crosser vorbeiknattern würden, aber ich staunte, dass da auch Dickschiffe und jede Menge GSen dabei waren, und sogar welche mit gelbem Nummernschild! Und die machten nicht mal eine schlechte Figur beim Durchfahren der obersten Kehre, die ich durch das Fenster gut einsehen konnte.

Da wurde mir langsam klar, dass meine Schwierigkeiten in den engen Kehren nicht vom Motorrad herrührten, sondern von mir. Ich musste also unbedingt lernen, wie man diese engen Kehren ohne Angstgefühl und ohne das Motorrad umzuschmeißen flüssig durchfahren kann. Am Besten noch bei Gegenverkehr, das wäre die Königsdisziplin. Andere konnten es schließlich auch, sogar die mit den gelben Nummernschildern! Ich brauchte eine Straße zum Üben. Enge Kehren, und zwar mit ordentlichem Asphalt.

Doch die war zunächst nicht in Sicht. Die Abfahrt auf der anderen Seite des Berges war nicht ganz so anspruchsvoll, dennoch fuhr ich sehr konzentriert und ohne zusätzliches Risiko.

Weiter unten ging die Straße in weite, geschwungene Kurven über – Ander nannte das Wechselkurven – und auch die Straßenoberfläche wurde besser. Das waren die Kurven, die ich konnte und die ich immer gern gefahren bin. Wir sausten drüberhin und langsam kam auch das Vertrauen in das Fahrwerk und in die eigenen Fähigkeiten wieder.

Einige Zeit später, am Kaiserjägersteig, fand ich eine geeignete Strecke zum Üben. Schöne enge Kehren, sehr guter Belag, trockene Straße. Ich versuchte, absichtlich möglichst weit innen in den Rechtskehren zu fahren, um eben dieses Gefühl für das Gerade-noch-nicht-Umkippen des Motorrads zu erlangen. Und es funktionierte tatsächlich: Mit jeder Kehre wurde ich ein bisschen sicherer und ich staunte über mich selbst, dass ich nach und nach sogar Gefallen an den Rechtskehren fand. Schönes Wetter und herrliche Aussicht waren die vorherrschenden Attribute am Kaiserjägersteig.

1354

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1358

Bei Abwärtskehren war ich noch ein bisschen unsicher, aber jetzt war klar, dass sich auch das lernen lässt. Übung macht den Meister, und das gilt gerade bei solchen Dingen wie Durchfahren von Kehren.

Wir machten ausreichend Pausen, so dass die Konzentration nicht nachließ.

1359

Gefühlte 3.000 Kurven später ging es dann den Mendelpass hoch. Von dem hatte ich schon gehört, dass er das ultimative Motorradfahr-Erlebnis sein soll. Und da wurde nicht zu viel versprochen! Ich spürte, wie Unmengen Adrenalin durch den Körper schossen. Es machte einfach einen Heidenspaß, zumal wir fast die einzigen waren, die Kurve um Kurve nach oben schossen.
Oben auf dem Pass bog Ander in eine unscheinbare Nebenstraße ab, die uns zu einem hohen Berg (dem Penegal) mit umwerfender Aussicht führte. Von dort oben sahen die Orte und Täler aus als könnte man sie aus einem Flugzeug betrachten. Wirklich sehr eindrucksvoll!


1360

1361



- Fortsetzung folgt -
Zuletzt geändert von Theo am 19. Jun 2010 16:41, insgesamt 2-mal geändert.
Viele Grüße!
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Re: Ab in die Dolos!

#52 Beitrag von bradpit »

Ander1971 hat geschrieben:
P.S.: bin auch schon auf die Fortsetzung von Theo gespannt!
Stimmt ja, dar war doch noch was.
Theo hat geschrieben: - Fortsetzung folgt -
Nun machs nicht so Spannend.
Gruss Peter

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Re: Ab in die Dolos!

#53 Beitrag von Theo »

Gut Ding will Weile haben. :pfeif:

Ich schätze, morgen gibts die Fortsetzung.
Viele Grüße!
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Re: Ab in die Dolos!

#54 Beitrag von Theo »

Die Abfahrt vom Penegal über den Mendel-Pass war mindestens genauso spektakulär wie die Auffahrt. Kurven, Kurven und nochmals Kurven. Und da der Asphalt vertrauenerweckend aussah, konnte man die Versys bis an die Angstnippel auf die Seite legen. Mir fiel auf, dass wir in Linkskehren alle drei mehr oder weniger die gleiche Linie fuhren. In Rechtskehren jedoch nicht. Ander und Peter holten weit nach links aus, um den Scheitelpunkt der Kurve möglichst spät anzufahren. Ich wollte aber aus Trainingsgründen Rechtskehren ganz innen fahren und das klappte schon ganz gut. Manchmal so gut, dass ich um Haaresbreite mit dem Spiegel die an der Innenseite der Kurve befindlichen Begrenzungspfeiler gestreift hätte. Also ich fuhr wirklich am innersten Rand des Asphalts. Komischerweise war ich mit dieser Technik nicht langsamer als meine beiden Begleiter.

Weiter ging die Fahrt zu Anders Kohlerhof. Er hatte uns freundlicherweise zum Essen eingeladen. Und das, obwohl eigentlich Ruhetag war! Wir folgten Ander durch Bozen. Plötzlich bog er ab und nahm einen schmalen Weg. Das musste wohl die Auffahrt zum Kohlerhof sein, von der ich im Forum bereits gelesen hatte, dass sie ziemlich steil sein sollte. Naja, nach dem Manghen-Pass kann mich so was nicht mehr schocken. Dachte ich.

Der Weg bestand aus Felsgestein, das hier und da mit ein paar Asphaltflecken und Schotter aufgefüllt war. Ganz genau konnte ich es nicht erkennen, da die tiefstehende Sonne blendete. Es war jedenfalls ziemlich uneben und sehr schmal. Auf jeden Fall schmaler, als der Manghen. Ich dachte noch so, wenn jetzt hier auch noch Kehren kämen, würde ich mit ziemlicher Sicherheit meine Versys ablegen.

Es kam, wie es kommen musste. Nach ein paar hundert Metern die erste Kehre. Uschi flötete mir hämisch ins Ohr: „Nach 90 Metern scharf nach links abbiegen.“ Die hatte ja keine Ahnung! Hier musste man nicht abbiegen, sondern auf einem 1 Meter breiten Feldweg auf der Stelle wenden! Höchste Konzentration, ersten Gang rein, Füße runternehmen und irgendwie versuchen, mit schleifender Kupplung die Fuhre herumzudirigieren, dabei den Löchern im Boden nach Möglichkeit ausweichen. Anhalten wäre ganz schlecht gewesen, bei schätzungsweise 30 Prozent Steigung in der Kurve anfahren, das ist eine Disziplin, die ich nun wirklich nicht beherrsche. Peter ging es wohl ähnlich wie mir, er eierte auch mehr schlecht als recht vor mir her. Von Ander war nichts mehr zu sehen. Er kannte die Strecke ja bestens.
Dann noch eine Kehre, diesmal mit Publikum. Mir schien, die Leute, die da ihr Feierabendschwätzchen hielten, würden gern etwas Abwechslung haben. Beispielsweise doofe Touris beobachten, die ihr Motorrad auf die Seite ablegen. Irgendwie kamen wir aber ohne Blessuren an den Zaungästen vorbei.
Und dann die letzte Kehre, man konnte den Kohlerhof bereits sehen. Und man konnte auch sehen, dass diese letzte Rechtskehre noch einen Tick steiler und enger war als die vorangegangenen. Peter eierte drauf los und ich hinterher. Mitten in der Kehre strauchelte Peter und ich dachte schon, das war’s jetzt. Hätte ich an der Stelle anhalten müssen, hätte ich auch nur noch mehr oder weniger kontrolliert abkippen können. Doch Peter fing seine Versys gerade noch ab und ich konnte mit unfreundlich heulendem Motor und schleifender Kupplung ganz langsam weiterfahren.

Oben am Kohlerhof angekommen, hatten wir nicht nur eine Schweißperle auf der Stirn! So eine schwierige Auffahrt hatten wir noch nie bezwungen, zumal wir ja vorher keine Ahnung hatten, wie dieser Weg beschaffen war.
Später dann würden wir die Auffahrt zu Anders Buschenschank umtaufen in „Passo Di Kohleri“. Diese Auffahrt scheidet den Anfänger vom Profi, das war klar. Wer dort unbeschadet hoch und wieder runterkommt, kann ohne Frage Dolomitenpässe fahren.

Anders Schwägerin, die gute Seele, bereitete uns ein köstliches Essen zu.

1402

Dazu gab’s selbstgebrautes Bier und einen herrlichen Ausblick über Bozen.

Die Abfahrt vom „Passo Di Kohleri“ war nicht weniger schwierig als die Auffahrt, aber wenigstens wussten wir nun, was uns erwartet. Die sensationslüsternen Anwohner standen übrigens immer noch unten an der Kehre. Wir taten ihnen den Gefallen nicht und brummten langsam aber keineswegs sicher an ihnen vorbei.

Im Hotel angekommen, staunten wir nicht schlecht, dass unsere top-gepflegten Ketten völlig blank waren. Keine Spur mehr von Kettenfett. Passfahrten stellen höchste Anforderungen an Technik und Material, das konnte man daran gut erkennen.


Die gefahrene Strecke

- Fortsetzung folgt -
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Re: Ab in die Dolos!

#55 Beitrag von gunigs »

Super Bericht, dadurch das du die Emutionen geschilderst, wahnsinnig spannend
zu lesen, man zitter förmlich mit, besser und spannender als eine reine Streckenbeschreibung.
Die Gefühle kennt jeder von uns Flachländern von seiner ersten Alpentour.
Spätestens wenn man einen Paß "hochfliegt" merkt man den Unterschied zwischen Auto und
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Theo
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Re: Ab in die Dolos!

#56 Beitrag von Theo »

Am nächsten Tag wieder klares und trockenes Wetter. Diesmal war Peter unser Tourguide, Ander in der Mitte und ich wieder hinten. Im Nachhinein wundere ich mich ein bisschen über diese Positionsverteilung. Sollte in einer Gruppe nicht immer ein erfahrener Motorradfahrer das Schlusslicht machen?
Vielleicht trauten mir die beiden einfach mehr zu als ich selbst. Oder ich habe mir meine Unsicherheiten nicht anmerken lassen. Oder beides.
Jedenfalls war es okay so, denn ich war in der Rolle des Jägers immer schon besser gewesen als wenn ich verfolgt wurde.

Es ging wieder über Pässe, deren Namen ich mir keinesfalls alle merken konnte. Das Spiel lief wie gehabt: Linkskehren zum Genießen, Rechtskehren zum Üben. Vor der Kehre so spät wie möglich voll in die Eisen gehen, nach der Kehre so schnell wie möglich Vmax erreichen. Mit der Zeit bekam ich ein Gefühl dafür, welcher Gang bei welchem Kurvenradius und welcher Steigung einzulegen ist. Mein Fahrstil wurde runder. Und meine Versys schien das zu genießen, sie schnurrte wie ein Uhrwerk und tat einfach alles, was ich ihr abverlangte.

Am Fuße des Marmolada-Berges machten wir Pause.

1404

Sehr angenehm fand ich, dass sowohl Ander als auch Peter nach den Pausen nicht sofort den aggressiven Fahrstil auflegten, sondern die Sache für ein paar Minuten erst einmal gemächlich angingen. So konnten die Reifen wieder Temperatur aufbauen. Und die ist dort nötig. Der Asphalt, hellgrau und zu einem bestimmten Teil wahrscheinlich aus Dolomiten-Gestein bestehend, sah zwar rauh und griffig aus. War er aber nicht, wie die vielen kleinen Rutscher, die uns allen passierten, bewiesen. Wer driften üben möchte, sollte das am Besten auf diesem hellgrauen Straßenbelag tun, er eignet sich hervorragend dazu.

Gegen Mittag befuhren wir wieder einen höheren Pass. Nachlassende Vegetation, kühlere Luft, schadhafter Straßenbelag. Sofort erinnerte ich mich wieder an den Manghen-Pass, wie schwierig ich es fand, die engen Kurven zu durchfahren. Hier jedoch schossen mir keine Schweißperlen auf die Stirn. Ich genoss es regelrecht, im inzwischen erlernten runden und flüssigen Fahrstil eine Serpentine nach der anderen hochzujagen, das Adrenalin im Blut zu spüren. Ich hatte nicht übel Lust, ein paar Supersportler zu verheizen, aber es waren dort nur wenige Motorradfahrer unterwegs. Hat auch sein Gutes, so konnte man eben nach eigenem Gusto fahren.

Oben auf dem Pass lag noch eine Menge Schnee.

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Wir hatten Glück, dass wir – im Gegensatz zu anderen Fahrzeugen – ganz ohne Schneeketten hochgekommen sind.

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Uns bot sich wieder eine phantastische Aussicht auf die umliegenden Berge.

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Weiter ging’s Richtung Cortina d’ Ampezzo. Peter kannte die Strecke und hielt immer an den Stellen an, wo man die schönsten Fotos schießen konnte.

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Von Cortina selbst war ich ein bisschen enttäuscht. Von oben sah es aus wie ein niedliches kleines Touristenörtchen. In dem Ort selbst kam man sich vor wie in der Rush Hour von New York. Es war voll, laut, hektisch. Schnell tanken und nichts wie weg!

Mittag gab’s dann in einem noblen Restaurant an einem der Bergseen. Das Essen war spitze.
Aber ich frage mich, ob die dortigen Bewohner ein wenig risikofreudiger sind als anderswo.
Nicht nur, dass Parkplätze direkt am Ufer eingerichtet sind.

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Auch von Brandschutz scheint man dort noch nie etwas gehört zu haben.

1411

Wie auch immer, wir waren satt, unsere Motorräder sind nicht in den See geschubst worden und wir haben auch keinen Großbrand ausgelöst.

Also aufgesessen und weiter ging es.


- Fortsetzung folgt -
Viele Grüße!
Theo

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Theo
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Re: Ab in die Dolos!

#57 Beitrag von Theo »

Nun befuhren wir andere Straßen. Keine Kehren über die Pässe mehr (die konnte ich ja nun), sondern eher kleine Nebensträßchen. Sehr schmal, kurvig und ziemlich holprig. Für unsere Versen stellte das kein Problem dar, genau dafür wurden sie ja konstruiert! Für die Fahrer aber (zumindest für mich) war das genauso anspruchsvoll wie durch Kehren zu brennen.

Peter drehte ordentlich am Gasgriff, Ander nicht weniger. Und ich gab mir Mühe, den Anschluss nicht zu verlieren. Kaum eine Kurve konnte man wegen meterhohem Grasbewuchs vollständig einsehen, da wusste man nie, ob einem ein Fahrzeug entgegenkam. Peter muss wohl so was wie einen Röntgenblick gehabt haben, denn er schien ohne jede Bremsbetätigung gleichsam durch die Kürvchen zu fliegen.

Einmal bekam ich einen Riesenschreck, als mitten in einer Rechtskurve wie aus dem Nichts ein weißer Transporter auftauchte. Mir schien, der Fahrer war genauso erschrocken wie ich, dass hinter den beiden flinken Versen noch eine dritte herrennt. Ich drückte die Versys Richtung Straßenrand und wusste aber in dem Moment schon, dass das nicht reichen würde. Bevor ich einen Ausruf des Entsetzens in meinen Helm brüllen konnte, war der Transporter schon vorbei. Der Fahrer muss wohl stärker zur Seite gelenkt haben als ich dachte und so kam es, dass meine Versys nicht von einem Lieferwagen geküsst wurde. Sowas von knapp war das!

Blutdruck auf 180, Adrenalinschub, schwitzende Hände. Zeit für mich, etwas ruhiger zu fahren. Wenigstens so lange, bis die Biofunktionen wieder normale Parameter erreicht haben.

Ein paar Kilometer später schaute ich dann ganz bewusst auf Peters und Anders Fahrstil, denn irgendwie wollte mir nicht in den Kopf, dass die beiden so viel schneller durch diese nicht einzusehenden Kurven fuhren als ich. Ich meine, ein bisschen crazy waren sie ja schon, die beiden, aber doch nicht lebensmüde!

Es war offensichtlich, sie fuhren die Kurven deutlich weiter außen an als ich. So konnten sie natürlich weiter in die Kurve hineinsehen. Die Kehrentechnik, die ich mir nach tausend Kurven angewöhnt hatte (Rechtskehren ganz innen fahren), hatte sich schon so manifestiert, dass ich nun unbewusst alle Rechtskurven (nicht nur die Kehren) sehr weit innen fuhr.
Jetzt musste ich mich immer wieder ermahnen, Rechtskurven weit außen anzufahren, um sehen zu können, was in und hinter der Kurve ist. Ich musste also wieder umlernen.

Anstrengend ist das! Da denkt man, man hätte eine elegante Kurventechnik gefunden, und merkt später, dass man wieder von vorn anfangen muss. Doch - wie bei den Übungen der Kehrendurchfahrten auch - wich die anfängliche Anstrengung und Unsicherheit immer weiter dem Fahrspaß. Und bald dachte ich nicht mehr groß über das Kurvenanfahren nach, es lief automatisch.

Bei der nächsten Pause, die wir in einem Eiscafe verbrachten, wurden unsere drei Versen angebaggert. Und zwar von diesen drei:

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Die drei italienischen GSen gaben sich alle Mühe, unsere Versen zu locken und zu verführen. Doch unsere Versen schienen zu wissen, dass die jungen, stürmischen italienischen BMWs nur das Eine im Kopf haben. So blieben sie standhaft und zeigten den BMWs die kalte Schulter.

Stunden später - es wurde schon dunkel - hielt Peter urplötzlich mitten auf der Straße an. Er hatte ein Scheppern bemerkt und musste feststellen, dass sein Nummernschild abgefallen war.

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Während Peter und Ander im Wald neben den letzten beiden Kurven nach dem verschollenen Nummernschild suchten, sicherte ich die Fahrzeuge. Die Suche gestaltete sich schwierig und langwierig, da das Gelände neben der Straße steil und unübersichtlich war. Letztlich fanden sie das Nummernschild aber doch. Was für ein Glück, denn ohne Nummernschild wäre der Südtirol-Trip für Peter mit Sicherheit zu Ende gewesen.

Manuel, unseren Hotelwirt, hatten wir schon vorher verständigt, dass wir erst später am Hotel eintreffen werden. Kein Problem für ihn, dann gibt's eben später Abendessen.
Durch stockdunkle Wälder brummten wir zum Hotel und kamen dort gegen 22 Uhr erschöpft, aber glücklich, an.


Tags darauf schon wieder schönes Wetter. Wir hatten in Südtirol noch nicht einen Regentropfen abbekommen, und das sollte auch die restlichen Tage so bleiben.

Ander war heute wieder unser Guide und er führte uns durch wunderschöne Täler, über Pässe und durch Kurven, Kurven, Kurven. Was meinen Fahr- und Kurvenstil angeht, da hat irgendwas im Kopf "Klick" gemacht. Keine Unsicherheiten mehr, eher so ein Gefühl wie Abgeklärtheit, Erfahrung, vielleicht sogar schon ein bisschen Professionalität. Die Versys macht es einem ja wirklich leicht. Sie lässt sich in der Kurve und selbst bei erheblicher Schräglage leicht korrigieren. Ein leichtfüßiges Mädchen ist sie!

Erster Stopp: Würzjoch. Dort oben war es wirklich kalt. Die Versen kuschelten sich in eine windgeschützte Ecke

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und wir machten es uns auf der Terrasse gemütlich und genossen die Aussicht auf die Felsen der Dolomiten.

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Unser Ander - so viel wussten wir schon - ist nicht nur ein Motorradfahrer mit Leib und Seele, sondern auch eine richtige Naschkatze. Keine Mahlzeit, kein Kaffe ohne eine süße Nachspeise.

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Weiter ging die Fahrt durch Täler und über Berge, mitten durch die Dolomiten. Unten in den Tälern war es recht warm, auf den Bergen dagegen empfindlich kühl. So kühl, dass ich sogar ab und an meine Heizgriffe eingeschaltet habe. Immerhin waren wir knapp unter den Wolken.

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Die Landschaft war grandios. Allein schon die hellen Felsen wirken, als wäre man auf einem fremden Planeten. Die Vegetation ist spärlich und die einzelnen Gebäude sehen aus wie kleine Häuschen auf einer Modellbahnausstellung.

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Und wenn dann die Sonne langsam untergeht, entstehen prächtige Farbspiele.

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Am folgenden Tag würden wir ohne Ander auskommen müssen; der arme Kerl musste arbeiten. Vorher gab er Peter jedoch noch ein paar Tipps für die morgige Tour durch's Trentino.

1430[/b]

- Fortsetzung folgt -
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Re: Ab in die Dolos!

#58 Beitrag von Gottfredl »

Da kommt man ja beim lesen gehörig in´s schwitzen; wollte Dir schon beim letzten Beitrag zurufen: schwer einsehbare Rechtskurven mittig anfahren!!
Mach keinen Scheiß, Theo, wir brauchen dich noch!
lg
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Re: Ab in die Dolos!

#59 Beitrag von surfopi »

Einspruch, Gottfried!

Besonders wenn die Fahrbahn eng und schmal ist, gerade schwer einsehbare Rechtskurven gut rechts anfahren.
Da stimme ich Theo zu. Weil dir oft Motorradfahrer auf dem Mittelstreifen oder sogar auf deiner Seite entgegenkommen, die dann ihre Linkskurve gerne schneiden.
So hält das Ander, der alte Bergkurver, ja auch, wenn ich mich recht erinnere.

Grüße
Zuletzt geändert von surfopi am 25. Jun 2010 10:54, insgesamt 1-mal geändert.

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Re: Ab in die Dolos!

#60 Beitrag von Gottfredl »

Einspruch zum Einspruch, obwohl ich um deine Erfahrung weiß!
Aber ich denke, wir liegen gar nicht so weit auseinander.
Ich meine mit Kurve anfahren, noch vor dem Kurveneingang mittig anfahren, um möglichst weit in die Kurve einzusehen; wenn trotzdem die Lage des Gegenverkehrs nicht klar ist, schön rechts bleiben und eben langsamer durch die Kurve fahren; außerdem gilt selbstverständlich, dass dann nach innen gezogen wird, also um gotteswillen nicht mittig durch die Kurve fahren. D´accord? (hab schon wieder vergessen wie man das schreibt)
lg
Gottfried
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