Slowenien - Friaul

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snap-on
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Slowenien - Friaul

#1 Beitrag von snap-on »

Es war nur ein Kurztrip.

Aber die Richtung hat gestimmt.

Ich packe den Zugang in Südtirol nicht mehr.

Im Osten ist es nur punktuell voll, da gibt es noch richtig einsame Ecken.

Die Anreise sollte möglichst kurvig und kurzweilig sein.

Was nicht duchgehend, aber überwiegend möglich ist.

Start ist also Piding an der A8, nahe dem Walserbrg, dem Grenzübergang der A8 nach Österreich.

Durch das Leopoldstal geht es nach Bayrisch Gmain und weiter nach Großgmain in A, dann über die Buchhöhstrasse nach Fürstenbrunn, immer am Fusse des Untersbergs entlang.

Von Fürstenbrunn bis Hallein ist es fad, dann weiter über Bad Vigaun und St. Kolomann nach Wegscheid, dann durch den Bergwald auf Nebenstrassen nach Abtenau, das schneidet ein großes Eck Bundesstrasse ab.

Das Lammertal trifft wieder auf die Tauernautobahn, parallel dazu läuft die Bundesstrasse, der folgen wir bis Radstadt. Obertauern ist bis auf paar Kurven nicht prickelnd, dann geht es über St. Margarethen nach Bundschuh, weiter nach Schönfeld, von dort nach Innerkrems.

Dort beginnt die Nockalmstasse. Die ist nett. Danach das Stück bis Döbriach ist fad, von dort nach Feistritz und über die Windische Höhe geht so.

Wir müssen nach Osten, biegen im Gailtal aber nach Westen ab, denn dann kann man nach einem Kilometer die Bundesstrasse verlassen und via Achomitz auf Nebenstrassen nach Tarvis fahren.

Von dort fahren wir nach Cave del Predil, deutscher Name Raibl, einer morbiden, halbleeren Siedlung, die vom jetzt stillgelegten Bergwerk gelebt hat.

Am Königsberg wurde unter und über Tage gefördert.
Ich mag den Ort sehr.

Danach geht es über den Predil nach Slowenien, die Stichstrasse zum Mangart ist leider gesperrt. Dafür schauen wir uns in Log pod Mangartom den Entwässungsstollen an, durch den eine Grubenbahn ins Bergwerk von Raibl auf der anderen Seite des Passes geführt hat. Nach dem Friedhof rechts abbiegen.

Die vielen Schautafeln sind sehr interessant, im ersten Weltkrieg wurde durch diesen Stollen auch Nachschub für die 12. Isonzoschlacht, die zum sogenannten Wunder von Karfeit führte, transportiert.

Das Tal der Soca, italienisch Isonzo, ist wunderschön - aber noch heute sind in Wasser und Boden erhöhte Schwermetallwerte meßbar, weil dort soviel Munition verballert wurde und in den Boden gelangte.

Zum gleichen Zweck, Nachschub und Truppentransport, wurde der Vrsic-Pass von russischen Kriegsgefangenen gebaut, was vielen von ihnen das Leben kostete.

Merke: Es gab nur zwei Gründe, im hochalpinen Gelände mühsam Strassen zu bauen:

Entweder, man wollte schwere Artillerie und Truppen in Stellung bringen oder man beabsichtigte, auf Kosten der Bergbauern irgendwo ein Tal zu fluten, um einen Stausee anzulegen.

An Tourismus hat keiner gedacht.

Als die Italiener im Val Resia, im Raccolanatal und im Dognatal begannen, Strassen zu bauen, wussten die Österreicher, dass der Krieg kommen würde...

In Bovec sichern wir uns Zimmer, dann geht es noch auf eine abschließende Runde.

Wir folgen der Soca südwärts bis kurz hinter Kobarid, in Idrisko biegen wir westwärts ab, über Livske Ravne geht es knapp 1000 Höhenmeter hoch auf das Massiv des Matajur.

Die Höhenstrasse führt parallel zur Soca nach Süden, in Tolmin kommt man wieder ins Tal, dann geht es zügig zurück nach Bovec, Essen fassen.

Den Matajur eroberte 1917 ein junger Oberleutnant namens Rommel, der dafür das Pour le Merite erhielt und mit einem Buch über diese Operation später die Aufmerksamkeit eines gewissen Schicklgruber aka GRÖFAZ erregte, der ihn promt zum Generalfeldmarschall und dann später zur Leiche machte...

Stellungen der Italiener kann man besichtigen, von dort hat man eine tolle Aussicht.



Das war der erste Tag.

Fortsetzung folgt.

Ein paar Bilder, teils von früheren Aufenthalten dort, ich habe diesmal wenig fotografiert.
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Zuletzt geändert von snap-on am 11. Jun 2022 00:24, insgesamt 1-mal geändert.

snap-on
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Re: Slowenien - Friaul

#2 Beitrag von snap-on »

Cave del Predil.....
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Ein kleiner Teil des Bergwerkes kann besichtigt werden, außerdem gibt es im Ort ein Museum zum Thema erster Weltkrieg und ein Bergbaumuseum.

Cave, also Raibl, wurde kurz nach dem Jahr 1050 erstmals als Bergbauort urkundlich erwähnt, bekannt ist der Ort auch, weil dort 1910 das Krankenhaus mit Mann und Maus im Erdboden versank.

snap-on
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Re: Slowenien - Friaul

#3 Beitrag von snap-on »

Ein Nachtrag zu Cave:

Vor paar Jahren sind ein Kumpel und ich mit 50er Rollern ans Meer gefahren, nach Miramare.

In Cave haben wir uns da das Bergwerk angesehen - obwohl wir an der Kasse vorgewarnt wurden, die Guides könnten nur Italienisch.

Mit Händen und Füssen ging es doch.
Wenn Italiener merken, dass man als Gast und nicht als Besatzer auftritt, sich für das Land und seine Geschichte interesseriert, sind sie nicht zu bremsen.

Der Guide hat uns den Aufzug im Bergwerk gezeigt, der aus einer Zeit stammt, in der Franz Josef I. noch Kaiser war.

Dann hat er in einen Schacht geleuchtet, der bodenlos in die Tiefe abfiel.

Wenn man ganz unten gearbeitet hat und der Aufzug mal wieder defekt war, musste man fast 800m auf Leitern hochsteigen, was ca. 2h gedauert hat.
Und diese Zeit wurde nicht bezahlt, das war ja Heimweg.....


Das ganze gebirgige Friaul ist wie Cave, man ist weder auf Touristenmassen im Allgemeinen, noch auf Deutsche im Besonderen eingerichtet.

Dort ist Italien noch Italien, es geht schon irgendwie, es geht sogar gut, dazu bedarf es allerdings der Freundlichkeit und Gelassenheit.

Nein, es gibt keine Speisekarte auf Deutsch, es gibt ja auch keine auf Italienisch. Der Kellner sagt dir in einem Mischmasch aus Deutsch, Italienisch und Englisch schon, was es heute frisch gibt und es ist eh völlig wurscht, was man nimmt, denn es ist in der Regel zum Reinlegen gut.

Ja, man isst dann manchmal Sachen, von denn man nicht weiß, was es ist. So wie beim "Fleisch" vom Discounter, nur viel besser.....

Und nein, man kann nicht einzeln zahlen, der Italiener geht davon aus, dass man nur mit Leuten essen geht, mit denen man nicht einzelne Grissini und die zugehörigen Centbeträge aufrechnet.

Das packt nicht jeder, nicht jeder mag das so.
Wer es nicht mag, der ist mit den 1,5 Millionen Münchnern am Gardasee bestens aufgehoben, dort spricht man Deutsch.


Aber wieder auf's Motorrad:

Von Bovec aus müssen wir nach Süden. Wir fahren aber von der Hauptstrasse erstmal links ab und über Cezsoca.

Die Strecke führt teilweise direkt am Ufer der Soca entlang, man kann den Leuten beim Raften zuschauen und hat einen schönen Blick auf das gewaltige Bergmassiv des Kanin, an dessen Fuß Bovec liegt.
Paar Kilometer flußabwärts hält man sich rechts über die Brücke, dann kommt man wieder auf die Bundesstrasse.

In Zaga biegen wir nach Westen ab, zum Ucka- oder Uccea-Pass.
Kurz nach der Grenze geht es rechts weg, die Strasse über die Sella Carnizza ist schmal und unübersichtlich, aber der Buchenwald rund um die Passhöhe ist speziell bei Herbstlicht grandios.

Früher hat man Bettler und Wohnsitzlose entweder verjagt oder in sogenannte Arbeitshäuser gesperrt.
Aber wer aus einer sehr armen Gegend kam, der konnte zuweilen ein Hausiererpatent erlangen. Das wurde für Orte oder Talschaften bewilligt.
So kam es, dass die Resiani als Scherenschleifer halb Europa bereisten.

Die Not trieb sie auf die Strassen. Zuerst mit Handkarren, später mit Fahrrädern, die aufgebockt wurden und mittels zweiter Kette den Schleifstein auf dem oberen Rahmenrohr antrieben - wenn der Scherenschleifer kräftig in die Pedale trat.

Vor kurzen ist sowas auch als Scherenschleifermoped aufgetaucht und versteigert worden.

Die Sprache der Resianer ist so einmalig wie ihre Musik, aber wenn man beim Fahren kurz überlegt, wie es wohl gewesen sein muss, als diese Strassen noch Maultierpfade waren und wie abgeschieden das dort war, dann wird einiges klarer.
Abwanderug ist ein Riesenproblem im Friaul, die Menschen gehen nach Turin, Mailand, Venedig, dorthin, wo es Arbeit gibt....

In Resiutta kommt man wieder ins breite Kanaltal, in dem die Autobahn Richtung Udine läuft. Genauer gesagt in seine Fortsetzung, das Val die Ferro, das Eisental.

Wir halten uns nordwärts und fahren dann auf der anderen Talseite, über Roveredo und Ovedasso, wieder nach Süden.
In Moggio Udinese ist die Bundestrasse unvermeidbar, aber bis Vestone ist es ja nicht weit.

Vestone wurde bei den großen Erdbeben in den 70ern zerstört und man hat nach Ansichskarten und Fotos eine komplette Altstadt rekonstruiert, ein 3D-Puzzle mit Steinen.

Vom Parkplatz sind es nur 300 m bis zum Stadtplatz.

Links an der Stirnseite ist eine Bäckerei und Eisdiele.

Für ne Touri-Location sensationell billig und gut.

Vor der Nase hat man den Monte Simeone, bis 300m unter den Gipfel führt eine alte Militärstrasse mit 25 Kehren - leider derzeit gesperrt, wohl Bauarbeiten.

Gegenüber der Altstadt führt eine Brücke über den Tagliamento, sofort ist man auf leeren Strassen, man hält sich süd-, dann westwärts, nach Bordano zweigt die leider gesperrte Strasse auf den Berg ab, wir fahren weiter nach Verzegnis und über die Sella Chianzutan.

Heiliger Boden und heiliger Gummi darauf, hier glüht auch der Quattro.... https://youtu.be/bLflyOPeAEc


Nach der Chianzutan geht es auf kaum befahrenen Strassen nach Süden, dann halten wir uns westwärts, nach Pielungo, weiter nach Pradis, Campone und schließlich zum Lago die Redona.

Von dessen Staumauer aus gibt es einen kurvigen Stich zum Stausee Lago di Ca Selva.

Hätte man mehr Zeit, könnte man nach Tramonti di sotto fahren und dann zu den Dörfern Tamar und Palcoda wandern, die in den 50ern von ihren Bewohnern verlassen wurden.
Bis heute führt keine Strasse nach Palcoda....
Dort wurde ein Haus zum Biwak umgebaut, man kann dort für lau in völliger Einsamkeit übernachten, braucht nur einen Hüttenschlafsack.
Das nur als Tipp nebenher.


Rauchpause. Morgen geht es weiter.
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Infotafel in Resian, einer Sprache, basierend auf Slowenisch, die nur in diesem -italienischen- Tal gespochen wird.
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frieda
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Re: Slowenien - Friaul

#4 Beitrag von frieda »

Dat is ja schon en echter Reiseführer :thx: .

Genau sone Gegenden suche ich. Bovec und Friaul werd ich mir bei Zeiten IN RUHE mal näher ansehen. :] :top:

snap-on
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Re: Slowenien - Friaul

#5 Beitrag von snap-on »

Ja, ganz toller Reiseführer - der Ort heisst Venzone, nicht Vestone, da war ich gesten wohl schon am einschlafen..... :-)

gery_35
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Re: Slowenien - Friaul

#6 Beitrag von gery_35 »

Ein echt super toller bericht. Man möchte gleich losfahren. Super und danke!
Wenn ich rechts drehe, wird die landschaft schneller

snap-on
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Re: Slowenien - Friaul

#7 Beitrag von snap-on »

Vom Lago di Redona geht es noch kurz nach Süden, dann zweigt rechts die SP63 ab. Keine spektakuläre Strasse, aber ein üppig grünes Tal, in dem nie Verkehr ist.
So kommt man nach Poffabro, das wie Venzone Mitglied in der "Vereinigung der 100 schönsten Dörfer Italiens" ist.

Man hält sich Richtung Kirche und kommt so auf den Dorfplatz, wo man parken kann. Die Gassen sind für Kraftfahrzeugverkehr zu schmal.

Eine kurze Runde zu Fuß durch das Dorf lohnt sich. Vom Dorfplatz aus hält man sich schräg rechts, dann kommt man zu dem Restaurant, dessen Terrasse man schon von dort sehen konnte.
War dort sehr lecker.

Normalerweise würden wir jetzt über die Forcella Pala Barzana weiter nach Barcis fahren - aber die ist laut Beschilderung nach 8,5km gesperrt.

Der Pass ist nicht hoch, bietet, da er durch den Wald führt, keine nennenswerte Aussicht, aber da er ein paar supergeile Kurvenkombinationen hat, beharrt ein Mitfahrer darauf, dass wir die paar Kilometer hin und her fahren - was eine hervorragende Idee ist.

Meine Lieblingskombi ist eine gut einsehbare Doppel-Rechts, die man, wenn kein Verkehr ist (und da ist nie Verkehr), in einem Bogen durchfahren kann, wobei man in Rechtsschräglage die folgende Linkskehre anbremsen muss, aus der man eng rauskommen muss, um die folgende Rechtskehre zu erwischen.

Wie schon mal andernsorts beschrieben, von Scheitelpunkt zu Scheitelpunkt der Kurven sind es da oft nur 3, 5 oder 8 Sekunden, wer komplett zügig durchzieht ist danach außer Atem, das Karusell ist ein echter Handlingskurs und gefällt mir persönllich besser als die berühmten Pässe in Südtirol, die oft nur eine Abfolge von Kehren mit gleichem Radius und langen Geraden sind.

K.H. erzählt, als er noch den endheißen Reifen mit seiner Voxan CR 1000 gefahren ist, sei ihm nach den 19 Kilometern über Ost- und Westrampe der Schweiß aus dem Helm getropft - und der ist endfit.

Wir erkunden noch, ob man nach der Sperre weiter kommt, aber an einer Stelle, die schon vor 20 Jahren ein neueres Stück Strasse war, ist Schluss, Erdrutsche gehen halt oft an der gleichen Stelle ab, wie Lawinen.

Also das gleiche zurück nach Poffabro und weiter nach Maniago. Das liegt unmittelbar am Fusse der Berge, schon in der Tiefebene, aber nach 10 oder 15 Minuten ist man von dort in Montereale Valcellina, von wo ein langer Tunnel zurück in die Berge führt, ins Valcellina, also das Tal der Cellina.

In Barcis überqueren wir den östlichen Damm des Sees und kehren erstmal direkt am Ufer des Sees auf einen Kaffee ein.

Folgt man der südlichen Uferstrasse, kommt man ins Val Pentina.

Das ist meist einsam und man wundert sich über einen Parkscheinautomaten - aber im Sommer flüchten die Tieflanditaliener aus den brütend heißen Städte in die Berge und verbringen die ganzen freien Tage an den reichlich vorhandenen Grill- und Picknick-Plätzen.

Wir fahren bis kurz vor dem Talschluss zum Agriturismo Pian dei Tass und fragen nach Zimmern.

Ich bin dort gerne, denn man kann dort erleben, was es kaum noch gibt:

Geht man in der Nacht vor die Tür, ist man in völliger Dunkelheit, ohne jedes direkte oder indirekte künstliche Licht und wenn es trocken war und der Bach nicht rauscht, in völliger Stille.

Einmal wurde ich in der Loggia aber aufgeschreckt als unmittelbar ums Eck die Stille von einem lauten Geräusch unterbrochen wurde, von dem ich nicht wusste, ob es nun ein verliebter Hirsch oder ein grantiger Bär ist.

Ich habe mich eilig ins Zimmer verzupft, so genau wollte ich das nicht wissen.

Am nächsten Tag war die Wiese voller Hirsch-Losung, die stehen da nachts ständig vorm Haus, meinte der Wirt.

Weil zwei von uns Hardcoreschnarcher sind und wir Einzelzimmer brauchen, hat er diemal nicht genügend freie Zimmer für uns, greift ungefragt aber zum Telefon und macht für uns drei Zimmer bei einer Kollegin klar, im Refugio Vallata, oberhalb der südlichen Uferstrasse.

Um 18 Uhr sollen wir dort sein, dann kommt die Wirtin.

Das Rifugio hat drei kleine Appartements mit zwei bis vier Betten, da ist nur zu den Essenszeiten wer da.

Nach des Übernahme de Schlüssel fahren wir noch eine Runde. Das Valcellina war früher eine ununterbrochene Abfolge von in den Fels des Ufers gesprengten Kurven, über zig Kilomete war das links-rechts-links-rechts...

Das ist für Motorradfahrer schön gewesen, aber nicht für Leute, die von dort zur Arbeit müssen oder LKWs kutschieren.
Jetzt hat man eine Strasse hingeklotzt die lange Gerade und schnelle Ecken hat, aber mehr Zeit lässt, um die hohen Berge rundum zu geniessen.

Wir fahren bis nach Cimolais, am Ende der Brücke über die Cimloliana rechts halten, dann kommt man in das Tal Valcimoliana.

Durch Wiesen geht es taleinwärts, dann fährt man einem Wildbach entlang, an X Stellen wird gebaut, weil die Schmelzwasserströme im Frühjahr jedes Jahr Verwüstungen anrichten.

Ich sage zu den Mitfahrern, dass ich gerne mal sehen wüde, wenn im Frühjahr diese gewaltigen, jetzt fast ausgetrockneten Flußbetten voll sind und einer, der neben einem nur einen Bruchteil so breiten Gebirgsbach wohnt meint, wir würden uns in die Hose scheißen, wenn die nur halb voll wären.
Ich erinnere mich, dass die Brücke in Cimolais auch mal weg war, fortgespült....

Man kann nur erahnen, was hier zeitweise abgeht.

Eine Vorstellung bekommt man, wenn in den Teil des Tales komt, der in seiner ganzen Breite vom Flussbett ausgefüllt ist.

Jedes Jahr wird da eine Fahrspur durch das Geröll planiert. Das ist aber gut befahrbar, auch mit Strassenbikes.

Noch ein Stück weiter überquert man eine Schotterzunge aus einem Seitental, mehrere hundert Meter breit.

Ganz hinten im Tal sind Parkplätze für Wander, zu einer Einkehrmöglichkeit sind es 20min zu Fuß.

Aber da wo man das Flußbett auf Schotter überquert, ist gleich danach links eine Alm, die jetzt in der Nebensaison wochentags aber geschlossen ist.

Macht nichts, wir haben eh keine Zeit mehr, müssen zum Essen ins Refugio zurück.

Fahrerisch ist das Val Cimolais nicht der Burner - aber die Landschaft ist grandios, Berge bis 2700m überragen das Tal um fast 2000m.

Wer hier fährt, bitte langsam und leise, mich wundert, dass man hier überhaupt noch fahren darf - das sollte so bleiben.

Insidertipp:

Hätte ich die Wahl, würde im im Pian dei Tass übernachten, aber im Refugio Vallata essen.

Das Essen war im dei Tass mal fantastisch und beim nächsten Mal fad, im Vallata war es super.

Scheint bekannt zu sein, denn es waren viel mehr Leue zum Abendessen da, als dort übernachten können - also beim Einchecken gleich einen Tisch auf der Terrasse reservieren, sonst muss man evtl. drinnen sitzen.

K.H.s Übersetzungsapp versagt teilweise angesichts der Speisekarte mit friauler Spezialitäten, was aber egal ist, alles was wir bekommen haben, war sehr gut.

Zum Preisniveau: Übernachtung mit Frühstück, das Abendessen mit Vorspeisen und alle Getränke dazu haben so ca. 93.- gekostet - wobei keiner von uns schwerer Trinker ist.


Poffabro - das Agriturismo Pian dei Tass - der See von Barcis un der Wald am Ufer - das Valcimoliana
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Zuletzt geändert von snap-on am 13. Jun 2022 09:53, insgesamt 3-mal geändert.

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Re: Slowenien - Friaul

#8 Beitrag von snap-on »

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Val Cimoliana
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Nachtrag: Zum verlassenen Dorf Tamar hat man später ein Forststrasse gebaut, ein Nachfahre der Bewohner darf die befahren und renoviert nun seit 20 Jahren deren Haus - anfangs musste er erstmal Urwald roden.

Man geht ungefähr ein dreiviertelstunde bis Tamar, eine weitere Stunde bis Palcoda.
Nach Tamar geht man auf dem alten Steig, in Tamar trifft man auf die Forststrasse, links halten, dann zweigt rechts der Fussweg nach Palcoda ab.
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Re: Slowenien - Friaul

#9 Beitrag von snap-on »

Es fehlt noch der Teil, der wegen der Wettervorhersage gecancelt wurde.

Eigentlich wollten wir von Barcis weiter nach Piancavallo. Pianavallo ist ein häßlicher Skiort voller im Sommer leerstehender Ferienwohnungen von Tieflanditalienern.

Als man noch quer durch den Bergwald auf Schotterstrassen dem Höhenzug nach Westen folgen konnte, waren wir dort öfters.

Die sind mittlerweile gesperrt, wir wollten die kleine schlechte Strasse von Barcis rauf und auf der Südseite auf der gut ausgebauten Strasse runter nach Aviano.

Von dort müsste man paar Kilometer in der Tiefebene nach Westen bis Sarone, dann kann man wieder auf den Berg und zum Gipfel Monte Pizzoc.

Den kenne ich noch nicht, deshalb ist sehr bedauerlich, dass das wetterbedingt nicht geklappt hat.


Wir sind stattdessen am Vormittag noch schnell zum Vajont-See bzw. zum Vajont Erdrutsch gefahren, meine Mitfahrer kannten die Strasse noch nicht, die vom Parkplatz auf dem Erdrutsch (von Osten kommend kurz nach der Auffahrt nach Casso links auf den Erdrutsch abbiegen) nördlich um den gewesenen See zurück nach Erto führt.

In Casso werden viele Häuser renoviert nachdem es Jahrzehnte fast völlig verlassen war, trotzdem ist es immer noch sehenswert.

Schmal, dreckig, unübersichtlich geht es um den See - aber landschaftlich schön.


Auf der Heimfahrt von Longarone haben wir von den geplanten Punkten Sauris, Monte Zocolan, Panoramica delle Vette und dem Passo Cason di Lanza nur noch Sauris mitgenommen, dann sind wir über den Plöcken heim, da es wie vorhergesagt angefangen hat zu regnen.

Da mir Felbertauern zum Hals raushängt und gefühlte fünf Millionen Motorradfahrer aus Südtirol auch heimfuhren, haben wir die Bahnverladung in Mallnitz gewählt, um über den Alpenhauptkamm zu kommen.

Das ist entspannt und halbwegs schnell, wohl auch die Alpenquerung mit dem wenigsten Verkehr auf den Zubringerstrassen.


Casso:
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Blick von Casso auf den Erdrutsch und die Abrißkante am Gegenhang.

Wenn man auf dem Erdrutsch parkt, steht man auf 400m Schutt über dem ehemaligen Grund des Sees.

Die Felswand, der man zuvor entlang fährt, war früher auf der anderen Seite des Tales, das ist absolut unfassbar.

Das Wasser hat Casso, fast 300 Höhenmeter über dem Wasserspiegel des Sees gelegen, erreicht, aber keine größeren Schäden angerichtet.

Man hat die Bewohner nach der Katastrophe zwangsevakuiert und in die Tiefebene umgesiedelt, ihre Heimat war viele Jahre Sperrgebiet.
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