Französische Westalpentour 2022 "mit den Jungs"

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blahwas
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Französische Westalpentour 2022 "mit den Jungs"

#1 Beitrag von blahwas »

Nachdem wir 2020 und 2021 aus Gründen ausgesetzt haben, geht es dieses Jahr wieder in die französischen Alpen. Mit dabei sind Manuel (MT-09), Michael "BDR" (1090 Adv), Sebastian "Tremor" (690 SMC-R), ich und als neuestes Mitglied die Freundin von BDR. BDR hat sich einen Rettungswagen zum Wohnmobil umgebaut und zieht die beiden Motorräder hinterher. Sebastian fährt Mercedes und zieht einen Anhänger für zwei hinter sich her, so dass Manuel und ich uns den zweiten Platz auf dem Anhänger brüderlich teilen: Ich reise im Benz an, und er ab. Die andere Strecke machen wir jeweils auch Achse.

Als Ort haben wir einen Campingplatz in Freissinieres zwischen Briancon und Lac de Serre-Poncon ausgeguckt: https://goo.gl/maps/3nQmruBtxrQkW7j28

So sind wir mitten auf der Route des Grande Alpes, aber hoch in einem Seitental und von Hitze sowie Verkehrslärm geschützt. Aus meinem Fuhrpark wähle ich die Yamaha MT-09 mit dem großen Tank, da weil erhöhter Fahrspaß auf der Straße lockt. Es sind zwar auch leckere Schotterstrecken in der Region (Assietta, MSKS, Parpaillon, usw.), aber da ich war ich schon überall, und später im Jahr habe ich 4 Wochen Balkan geplant, da kann ich mit der Versys noch genug schottern. Außerdem hätte Manuel sonst ja niemandem zum spielen ;)

Wir haben uns für eine Woche im Juni entschieden. Samstag Abend trifft man sich dort, und den Samstag drauf verdrücken wir uns wieder. Außer BDR, der bleibt samt Freundin ein paar Tage länger, und erholt sich noch von uns drei Motochaoten. BDRs Freundin ist neu in der Runde und neu auf dem Motorrad. Daher fährt sie nicht bei uns mit, sondern macht tagsüber gemütlichen Solo-Urlaub. Motorrad fährt sie dann später mit BDR, so als Pärchen.

Die Stimmung im Vorfeld ist geprägt von einer sportlichen Rivalität zwischen Yamaha- und KTM-Fahrern, aber dazu später mehr. Ich habe zwar eine große Packrolle dabei, aber tatsächlich vergessen, meinen Laptop einzupacken. Darum gibt's den Reisebericht erst danach.


Fr 10.6. Vorabend-Voranreise

Sebastian wohnt in Suhl, ich bei Nürnberg - da liege ich zwar nicht wirklich auf seiner Strecke, aber trotzdem macht er sich zum Feierabend auf den Weg. So können wir in Ruhe mein Motorrad verladen und noch schön in den nächsten Biergarten gehen. Ewig lockt das Schäufele.

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(Foto wurde aus ästhetischen Gründen zensiert auf Wunsch des Motivs)

Aber nicht zuviel Bier, denn morgen geht's früh raus für eine 850 km Autofahrt mit Anhänger.


Sa 11.6. Anhänger-Anreise

Aufstehen 5:30 Uhr, Abfahrt 6 Uhr, Frühstück wird unterwegs gekauft. Irgendwann überholt uns ein Autofahrer hupend und hält auf der Standspur: Die Klappe unterm Anhänger sei offen, die Rampe könne rausrutschen. Danke für den Hinweis! Die Klappe mit dem Kennzeichen ist tatsächlich offen, denn das Schloss schließt nicht richtig. Die Rampe ist aber noch mit zwei weiteren Mechanismen gesichert, so das eigentlich nichts passieren kann - außer dass das Kennzeichen wegklappt. Als wir das zweite Mal gestoppt werden, fixieren wir die Klappe mit Kabelbindern. Bis auf einen Stau vor dem einspurigen Teil der Schweizer "Autobahn" 13 hinter Chur, der sich aber umfahren lässt, läuft alles glatt.

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Noch zwei Tipps zur Schweiz: Autos und Anhänger brauchen je eine Maut-Vignette, und die Tempo 100-Aufkleber gelten inzwischen auch in der Schweiz (aber nicht über 3,5 Tonnen).

Die Schweiz ist auch landschaftlich nett, ...

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... aber spätestens an der Po-Ebene bin ich dann doch sehr froh, im Auto zu sitzen. Westlich von Turin verzichten wir auf eine Umfahrung der Autobahn im Susa-Tal und zahlen an zwei Mautstellen 1x 10 Euro und 1x 13 Euro, nur um genau 300 Meter dahinter die Autobahn zu verlassen. Das hätten wir uns echt sparen können, da die Bundesstraße SS24 daneben auch kaum länger ist und auch gut befahrbar.

Über Montgenevre geht's nach Frankreich und dann sind wir auch schon am Campingplatz. BDR und sein RTW sind schon da, freudiges Wiedersehen mit ihm und Mrs BDR. Manuel und ich sind ganz auf dem Luxuscamping-Trip und teilen uns eine Hütte.

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Getrennte Schlafzimmer, Dusche, Küche, Strom, Kühlschrank, fließend Wasser - aller Komfort, außer WLAN und Klimaanlage. Und keine Fliegengitter, aber das schaffen auch 99% der Hotels nicht. Sebastian ist der letzte echte, harrte Camper, der im Zelt schläft. Manuel erscheint 20 Minuten nach uns, und so ist die Bande komplett. BDR hat schon Grillgut eingekauft und einen Gasgrill dabei, und so grillen wir zu fünft bei bester Laune auf der Veranda unserer Hütte.

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blahwas
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Re: Französische Westalpentour 2022 "mit den Jungs"

#2 Beitrag von blahwas »

So 12.6. Erster Fahrtag

Der Plan: Heute fahren wir ab 9 Uhr die wichgsten Pässe in der Nähe ab. Vars, Bonette, Allons. Die Anreise steckt allen etwas in den Knochen, also geht's heute nicht um Bestzeiten oder Rekorddistanzen, sondern gemütliches Gondeln mit Freunden. Manche davon sind dieses Jahr auch noch keine 10000 oder 20000 km Motorrad gefahren und müssen auch erst wieder rein finden ;)

Da wir alle keine vollen Tanks haben, ist der erste geplante Stopp eine Tankstelle. Wir starten zu viert, aber dann muss M. noch mal zur Hütte. Die Selfiestange am Rücken drückt unglücklich auf die Hecktasche. Der Rest fährt ein paar Meter vor und wartet am Aussichtspunkt. Nach etwa 10 Minuten höre ich Satzfetzen im Sena-Intercom und denke, ah, er kommt. Also satteln wir die Moppeds und rollen gemütlich über eine Straße mit Gravillons ins Tal. Und da warten wir dann. Und warten, und warten. Nach 10 Minuten fährt jemand suchen. Nach 10 Minuten ist der wieder da: Keiner zu finden. Keine Nachricht im Smartphone, keiner geht ans Telefon. Irgendwann kommt ein Rückruf: Er ist schon an der Tankstelle, wir sollen da jetzt hinkommen. Okay? Hat der einen anderen Weg ins Tal gefunden? Gab's da mehr als einen? Missverständnis Nr. 1. Gut, fahren wir zur Intermarche-Tankstelle, tanken da und kaufen Frühstück und Getränke ein.

Dann geht's endlich looos! Wir fahren Col de Vars. Eine tolle Strecke! Leider kommen uns fuchtelnde Motorradfahrer entgegen und bald steht irgendwo 2x Motorradpolizei, das drückt auf die Stimmung. Kurz vor 11 sind 40 km der Tour geschafft, wir erreichen die Passhöhe, und ich hatte noch kein Frühstück. Da werde ich langsam nervös. Hinter der Passhöhe finden wir ein lauschiges Plätzchen. Es ist allerallerhöchste Zeit fürs Frühstück! Das hebt die Laune. Die Vars-Südseite ebenso.

Dann nehmen wir einen Abstecher zum Col de Larche mit, einen Grenzpass nach Italien. Der ist landschaftlich atemberaubend schön, den hatte keiner von uns so schön in Erinnerung. Auf der Grenze steht italienische Polizei, und viele italienische Motorradfahrer halten vor der Grenze und gucken bedröppelt. Wir fahren drüber, machen Fotos, und reisen wieder nach Frankreich ein - wir haben schließlich nichts verbotenes getan und ein reines Gewissen. Entsprechend werden wir auch amtlich ignoriert.

Dann geht's zum Col de la Bonette. Hier ist schon alles schneefrei, bzw. man muss den Schnee am Wegesrand mit der Lupe suchen. Der Cime da la Bonette ist die höchste legale asphaltierte Straße (die keine Sackgasse ist) in den Alpen. Mit toller Aussicht.

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Von hier dürfen die schotterfreudigen KTM-Fahrer per Col de la Moutiere nach Westen fahren und sich auf dem Geröllfeld noch weiter nach Westen vergnügen. Ich belasse es mit der Schotterstrecke zum Moutiere.

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Da kehre ich um. Schotterallergiker M. kann in der Zwischnheit Fotos machen oder Benzin suchen gehen mit seinem kleinen Originaltank, bevor wir per Asphalt zum Col d'Allos fahren, wo wir uns alle wiedertreffen. Das ganze machen wir gemütlich! Und doch bin ich am Col d'Allos der erste, obwohl ich die längste Strecke habe. Prima, dann schnappe ich mir einen Tisch und genieße Landschaft und Cola.

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Nach und nach trudelt der Rest ein. Wir machen eine gemütliche Pause ohne Zeitdruck. Heute ist der extra stressfreie Tag. Ansonsten kann ich als Tourguide ja schon mal etwas auf die Uhr achten, weil ich bei den Streckenlängen oft mehr Appetit habe als andere, aber heute nicht.

Weiter geht's nach Norden. Mitfahrer M. beklagt Treibstoffmangel. Er hat nicht wie abgesprochen nachgetankt. Ich will jetzt nicht mit der Gruppe Umwege fahren und denke mir, so leer kann der Tank ja noch gar nicht sein, und ein Wenig Rachegelüste für die Wartezeit heute morgen ist vielleicht auch dabei ;) Immerhin hat Sebastian einen vollen Kanister dabei und kann helfen, wenn es nicht ganz zur Tankstelle reicht. Rechnerisch müsste es sich knapp ausgehen.

Am Ostufer des Lac de Serre-Poncon kann man entweder die Küstenstraße fahren, oder über einen Pass. Weil da ein Passknacker oben ist, und weil wir die ganze Woche hier sind, fahre ich über den Pass. Spritknauserer M. fährt auch hier entlang, obwohl er in den engen Kehren vermutlich mehr Sprit verbraucht als an der eher ebenen Küstenstraße. Der Col de Pontis überm See ist jetzt nicht übermäßig sehens- oder fahrenswert, aber wir machen einen Haken dran. Okay, man kann auch kurz auf den See gucken.

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Und dann rollen wir spritsparend nach Savines-le-Lac. Normale Motorräder ruckeln 1 km bevor der Tank leer geht, aber das Motorrad von M. bleibt stumpf liegen - innerorts, 400 Meter vor der Tankstelle. Leider geht's bergauf. Ich sichere die Pannenstelle, Sebastian spendet Benzin. M. kann weiterfahren.

Die Tankstellen ist wie befürchtet voller Motorräder, aber eine Säule ist wundersamerweise frei. Ich stelle keine Fragen, sondern schnappe sie mir - und lasse dabei Platz für den Rest. Ich spiele den Tankwart und alle vier kriegen volle Tanks. Die gemeinsamen Kosten teilen wir mit einer App namens tricount. Wir haben schließlich alle morgens getankt, und so unterschiedlich sind Verbräuche und Fahrstrecken nicht. Dann geht's nach Hause.

Am Abend erfahren wir, dass M. zwar morgens 20 Minuten an der Tankstelle auf uns gewartet hat, aber dabei nicht getankt hat. So hatte er Sprit für 35 km weniger im Tank, und auch vor der Mittagspause hat er sich keine Zwischentanke gesucht, als er alleine unterwegs war. Missverständnis Nr. 2. Damit hat er den Titel "Buhmann des Tages" und darf sich Einiges anhören. Aber die Strafe hatte er ja auch schon, und ich verzichte hier auf die Nennung seines Namens.

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Gemütliche 294 km heute

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Re: Französische Westalpentour 2022 "mit den Jungs"

#3 Beitrag von awv99 »

:top: Sehr schöner Bericht .

Kannst Du mal bei Gelegenheit einen Link zum campingplatz einstellen...?

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blahwas
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Re: Französische Westalpentour 2022 "mit den Jungs"

#4 Beitrag von blahwas »

Mo 13.6. Maira Stura

In Italien gibt es das Maira-Tal, und das Stura-Tal. Dazwischen gibt die überregional bekannte Maira-Stura-Kammstraße, die oft MSKS abgekürzt wird. Auf über 2000 Höhenmetern kann man hier 30 km Schotter fahren in wundervollen Landschaften. Darauf sind die beiden KTM-Fahrer scharf. Die beiden Yamaha-Fahrer weniger. Aber wir finden eine Lösung! Vor der Fahrt kriegt die KTM noch etwas Liebe, oder wenigstens Hingabe:

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Dann wird wieder im Supermarkt das Frühstück gekauft. Ich habe jetzt Pain in the Ass, oder so.

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Über den schönen Col d'Agnel geht's gemeinsam nach Italien. Hier müssen wir tatsächlich mal ein paar Kilometer Umleitung fahren, weil ein Dorf saniert wird. Dann sieht man mal ein paar andere Ecken von diesem Seitental, die man normalerweise nicht fahren darf.

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Vor Sampeyre trennen wir uns. Die KTMs biegen rechts ab auf einen holprigen Straßenpass, und steigen danach von Westen in die MSKS ein. Wir Yamaha-Straßenfahrer folgen dem Tal, umfahren den Schotter und nähern sich dem Gebiet von Osten. Ich fahre ein wenig in die MSKS rein. Das ist nicht wirklich Naked Bike-Territorium, die Steine sind schon unangenehm, aber die Bodenfreiheit reicht und die Landschaft ist überwältigend.

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Danach drehe ich um und fahre ins Tal. Manuel fährt weniger Strecke, macht aber mehr Fotos. Die Absprach war: Wer als erster dort fertig ist, sucht im nächsten Tal ein nettes Cafe zum Erholen und Sammeln. Da ich offensichtlich der erste im Tal bin, baue ich noch einen Abstecher ein zur Kirche Madonna del Coletto, für mein Bildersuchspiel. Da geht es zickzack durch den Wald, ich lasse die MT-09 fliegen. Dann steht eine ganze Schulklasse in einer Kehre. Die Jungs freuen sich, die Mädels halten sich die Ohren zu. Vorsichtig vorbei, sportlich weiter. Dann sind Holzarbeiten auf der Straße - ich kann bequem bremsen, aber danach mache ich gemütlicher. Oben das Foto machen, und runterwärts kenne ich die Gefahrenstellen ja schon! Nein, nicht wirklich. Die Kinder wandern inzwischen ja wieder, und wenn ein Auto sie passiert, braucht es natürlich das gesamte Straßenbreite. Ich war angemessen vorsichtig unterwegs. Manuel hat inzwischen ein Cafe gefunden. Dorthin folge ich einer einheimischen Fireblade, die ich an einer Wechselverkehrsampel kennengelernt habe. Naja, alleine wäre ich schneller gewesen. An der Bar gibt's kalte Getränke und Eis, und wer mag, kriegt auch Panini. Vor allem aber sitzen wir im Schatten und ein netter Luftzug kühlt. Auch die KTM-Fahrer sind bald da und sehr angetan von der MSKS.

Aber sie sind auch platt. Manuel und ich wollen nicht direkt nach Hause über den Col de Larche, sondern wir nehmen den Col de la Lombarde nach Süden. Die Nordseite ist eher eng, aber der französische Teil noch Isola ist für Skitourismus mit Bussen ausgebaut. Da sind also schon Kehren drin, aber mit 20 Meter Innenradius und 15 Meter Fahrbahnbreite. Da kann man also ganz entspannt runterrollen ;) Dann folgen wir dem Tinée-Tal bis zum Bonette. Es ist nahezu null Verkehr, und mit der tiefstehenden Sonne sehen die Berge noch viel plastischer aus. Eine tolle Entscheidung. Wir müssen aber auf Murmeltiere achten. Da wir heute so ziemlich die letzten hier sind, haben die sich bereits wieder rausgetraut, und alle 400 Meter hoppelt eins wie ein übergroßer Hamster über die Straße. Eins davon schläft augenscheinlich sehr tief auf der Straße, und ich halte, um ihm von der Straße zu helfen. Besser tot als tot und plattgefahren... Wir leben lieber, daher machen wir öfters mal Pause. Es ist ein langer Tag für uns, aber den Col de la Lombarde hätte man in keiner anderen Tour einbauen können.

400 km für mich, leider den Passo della Piatta ganz knapp verpasst, weil ich die Ostumfahrung nicht selbst am PC geplant hatte. Aber den hatte ich früher schon mal, also kein Beinbruch ;)

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Abends gehen wir im nächsten Dorf Abendessen. Es gibt nur Flammkuchen, aber immerhin vier verschiedene. Der Wirt kann sogar ein paar Brocken deutsch :) Es kommt einer nach dem anderen, mit je 20 Minuten Pause. Einer für alle. So richtig satt wird man davon leider nicht, und schnell schon gar nicht.

Link zum Campingplatz: https://goo.gl/maps/p7ZuX3tcqV75udRT7

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Re: Französische Westalpentour 2022 "mit den Jungs"

#5 Beitrag von blahwas »

Di 14.6. Süüüüd

Wir fahren heute in die Süüüden. Ob das am heißesten Tag der Woche so 'ne richtig gute Idee ist, weiß man erst hinterher, aber hey. Fürs Frühstück haben wir uns heute eine schöne Stelle ausgesucht: Den Aussichtspunkt auf die Staumauer vom Lac de Serre-Poncon. Den verlinke ich so gar mal, der hat alles: Aussicht, Schatten, Parkfläche, Theke. https://goo.gl/maps/9eYchSjTaJ39efkT8

Über kleine Strecken geht's nach Süden, Richtung Digne-les-Bains: Charamel, Fillys, Maure, Labouret, Pierrebasse, Corobin. Null Verkehr, Straßenzustand 2-4.

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Dann sind wir am südlichsten Punkt, der Kleinstadt Barreme. Hier finden wir ein schattiges Cafe für die Mittagspause. Es gibt sogar Salate für uns, und Eis, und einen Brunnen zum Abkühlen. Immerhin hat es 36 Grad. Hier ist auch Dorftreff und eine sehr kleine "Monster" fällt auf :)

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Für uns geht's weiter über die Ministrecke Col du Défens, und dann wieder grob Richtung Norden. Abgesehen vom Col du Champs, der führt nach Osten.

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So vermeiden wir das doppelte befahren des Col d'Allos, und fahren stattdessen Col de la Cayolle. Manuel und ich haben eine Idee: Absichtlich schlechte Kurvenlinien fahren! Das macht echt Spaß. Nur der hinterherfahrende BDR wundert sich, und überholt lieber, um Hilfe zu holen. Er dachte, wir hätten je einen Schlaganfall gehabt. Wir kommen auch auf einer sinnvollen Linie kaum hinterher, dabei hat er Pirelli Scorpion Rally STR montiert - nicht gerade ein Rennreifen. Dann kommt auch bald ein Cafe für die müden Knochen von uns alten Herren. Da fällt eine Gruppe deutscher AMG GT-Fahrer dadurch auf, am Parkplatz vom Cafe ins Gebüsch zu gehen, statt auf die Toilette im Cafe. Jeder Jeck is' anners...

Danach müssen wir über den Cayolle und mal wieder über den Col de Vars. Immer wieder gern! Zum Abendessen soll es Pizza geben. Laut Campingplatz kann man Pizza bestellen, und die wird dann geliefert. Das stellt sich aber als Missverständnis heraus. Wir können zwar bestellen, müssen dann aber dort abholen, etwa 4 km entfernt. Zu weit zum Laufen. Der Supermarkt hat schon zu. Noch mal Flammkuchen wollen wir nicht. Leider rückt Sebastian sein Auto nicht raus und er ist auch nicht mehr fahrtauglich, also müssen die Yamahas den Tag retten. Es macht zwar wenig Bock, frisch geduscht bei immer noch 30 Grad doch wieder in die Klamotten zu kriechen, aber hey. Nix zu Essen macht noch weniger Bock. Wir schnappen uns ein Regalbrett aus der Hütte und diverse Schnüre und fahren zur Pizzeria. Hier vor Ort heißt es dann plötzlich, dass man bis zur Schranke des Campingplatzes liefert. Naja, das kann man glauben oder nicht, aber darauf verlassen wir uns künftig mal lieber nicht.

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Merken: Künftig Campingplatz mit Restaurant am Platz oder direkt in der Nähe buchen.

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Re: Französische Westalpentour 2022 "mit den Jungs"

#6 Beitrag von blahwas »

Mi 15.6. Um den Écrins-Nationalpark

Im Nordwesten vom Campingplatz liegt der Écrins-Nationalpark. Da kann man nicht durchfahren, aber man kann außenrum fahren ;) Damit vertreiben sich Manuel und ich heute die Zeit, weil die KTMs heute die Assietta Kammstraße und dann hoch zum Forte Jafferau fahren wollen. Da gäbe es für uns in der Nähe wenig Alternativen. Ich dachte vorher, die Assietta könnte ich mit der MT-09 durchaus fahren, aber auf der MSKS war das schon eine ziemlich Plackerei, also daher dann doch lieber Asphalt.

Es geht im Uhrzeigersinn zunächst am Lac de Serre-Poncon vorbei, dann über kleine Straßen zum Lac de Sautet. Hier gibt eine Frühstückspause. Heute ist es etwas bewölkt, und ein kurzer Regenschauer ist möglich.

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Nach zwei Stunden ist es so weit, und Manuel stellt sich einfach unter einer Tankstelle aus - und tankt dabei! Er hat ja 'ne perforierte Lederkombi an und nix dichtes dabei, während ich zu meinem Textilanzug jeden Tag noch die Membranen mit dabei habe - in der geräumigen Rückentasche der Jacke. Währenddessen mache ich einen kurzen Abstecher zum Col de l'Homme (Salette). Dabei habe leichten Nieselregel, der von der Imprägnierung meiner Jacke gestoppt wird. Der Pass ist nett, aber nicht überwältigend. Haken dran.

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Über den Col d'Ornon geht's nach Norden. Hier gibt's als Besonderheit sowas ähnliches wie Wasserüberleitungen, aber eher für Gerölllawinen. Die sind eigentlich schon groß und die Kanten sind rund, aber sie sind so hoch, dass man vermutlich in die Stratosphäre katapultiert wird, wenn man sich nicht ans Tempolimit halten würde. Und als besonderer Bonus werden sie in keinster Weise beschildert, die Straße haut einfach nach unten ab und kommt dann sehr deutlich wieder ;)

Außer Radfahrern und Motorradfahrern ist hier praktisch niemand unterwegs. Damit das auch so bleibt, folgen wir diesem Wegweiser.

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Es geht hoch zum Col du Solude. Das ist eine Abenteuer-Strecke. Einspurig, und zwar asphaltiert, aber nicht so, dass mehr als Tempo 30 viel Sinn macht. 20 Kehren führen in ein Bergdorf, wo Sackgasse ist. Hmmm! Ach, wir hätten vorher auf die noch unscheinbarere Strecke abbiegen müssen. Die führt holprig ums Dorf herum und wird am höchsten Punkt dann zu einer groben Sandpiste mit Steinen. Und genau hier ist der Passknackerpunkt, der eine tolle Aussicht ermöglicht auf Alpe d'Huez, auf der anderen Seite des Tals. Wow :)

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Alpe d'Huez ist logischerweise unser nächstes Ziel, bzw. übernächstes, denn Pas de la Confession ist auf halber Höhe daneben, und man hat eine tolle Sicht aufs Tal und auf die untere Hälfte der Kehren. Hier ist natürlich viel Touriverkehr mit PKW, Wohnmobilen und all dem Blödsinn. Was aber viele nicht wissen: Man kann hinter Alpe d'Huez weiter nach Osten fahren. Col de Sarenne heißt der Pass, und er ist wirklich zauberhaft.

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Nur der Straßenzustand nicht. Gravillons, also reichlich Kies auf der Straße. Das hält einen französischen Speed Triple-Fahrer mit Gepäck nicht davon ab, sich mächtig ins Zeug zu legen. Aber wenn mich 1x im Jahr jemand überholt, weil ich gerade mit Landschaft gucken beschäftigt bin, dann kann ich das verkraften, so vom Ego her.

Zurück im Tal suche ich mir eine Tankstelle. Heute bin ich mal der Depp, der nicht getankt hat ;) Dann fahren wir stumpf nach Osten, den Col de Lautaret hoch. Eine tolle Motorradstrecke! Leider ist hier etwas mehr Verkehr als sonst, weil der Galibier, der von der Passehöhe des Lautaret nach Norden abwzweigt, wegen einer Baustelle gesperrt ist. Das ist schade, aber versaut uns nicht die Laune.

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An uns nagt der Hunger und wir kehren direkt hier ein. Das Speisenauswahl ist übersichtlich: Es gibt entweder Salat mit Crepe oder keinen Salat mit Crepe. Da nehmen wir je einen Salat mit Crepe. Klingt nach Beilage, entpuppt sich dann aber als vollwertige Mahlzeit :) Der Crepe ist eher eine Pizza. Damit ist das Abendessen quasi auch schon erledigt. Danach ist Verdauung angesagt. Oder? Wir konnten ja heute nicht den Galibier fahren. Den Izoard hatten wir noch nicht. Das könnte man doch eigentlich heute noch? Während wir so planen, wird es plötzlich leer im Restaurant, und draußen bricht Hektik aus. Ein Blick aufs Regenradar erklärt die Sachlage: da zieht was von Westen auf. Wir können entweder jetzt sofort aufbrechen, oder eine Stunden warten und danach auf nassen Straßen fahren. Wir entscheiden uns für den hektischen Aufbruch, und kommen trocken den Pass runter. Und wir kommen auch trocken den Izoard hoch. Jippie!

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Auf der Passhöhe können wir uns entscheiden: Nordseite zurück oder Südseite? Ich empfehle mit Blick auf die anziehende Regenwolke die Nordseite. Wir kommen trocken ins Tal, aber im Tal erwische ich 5 Minuten vor dem Campingplatz echten Regen. Manuel stellt sich kurz unter, beschließt dann aber, dass er das wohl überleben wird, und dass bis morgen eh alles wieder trocken ist. 2 Minuten später hört der Regen wieder auf und das war's dann auch damit. So endet ein netter Fahrtag mit 370 km.

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Re: Französische Westalpentour 2022 "mit den Jungs"

#7 Beitrag von blahwas »

Do 16.6., Solo aux Baronnies

Die Gruppe hängt etwas durch und will heute gar nicht oder nur kurz fahren. Klarer Fall, da kann ich mich auf meine traditionelle Solo-Tour abseilen! Einfach mal einen Tag Motorrad fahren ohne Gesellschaft. Das tut mir hin und wieder gut. Dafür hatte ich zwei Routen im Südwesten in der Region Baronnies vorbereitet. Das ist ungefähr zwischen Mont Ventoux und Vercors, und so ländlich, dass sich außer Passknackern niemand dorthin verirrt. Beide geplanten Routen sind 400 km lang. Hmm! Nach reiflicher Überlegung entscheide ich mich, heute beide zu fahren. Das ist nicht ganz so plemplem wie es zunächst klingt, den die ersten und letzten 120 km sind bei beiden weitgehend Bundesstraßengebolze zur An/Abreise in die Region. So ist die Summe nur 540 km, leicht gekürzt um Sackgassen. Nun denn. Es ist heute wieder richtig heiß, und leider komme ich morgens nicht aus dem Quark. Damit entgeht mir die morgendliche Kühle, aber auch der Zeitvorteil. Start ist also erst um 9. Logisch, Bundesstraßen. Da ist man alleine schneller als zu zweit. Dann kommen noch mehr Bundesstraßen, dann wird es endlich schöner.

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An diesem Brunnen kann ich zum Glück Trinkwasser auffüllen. Meine 3,5 Liter sind schon 14 Uhr verbraucht. Das Wasser ist kühl.

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Kleine Pause in einer kühlen Allee (nur 28 Grad).

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Wenn der Teer schmilzt, bzw. das Gummi darauf, dann ist es heiß!

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Felsen und Gebirgsbach bringen eine kühle Brise.

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Leider bin ich bis 15 Uhr zu gierig aufs Fahren, um irgendwo einzukehren. Und nach 15 Uhr hat alles geschlossen. So eiere ich überhitzt und hungrig Richtung Campingplatz, mit einem letzten Stopp zum Tanken und im Supermarkt. Es ist Grillabend angesagt. Ich probiere heute mal einen anderen Laden, aber auch im Lidl gibt's kein Powerade o.ä., und Grillfleisch nur in 800 Gramm Packungen. Naja, das kann man sich ja teilen.

So komme ich spät und echt platt mit letzter Kraft an Campingplatz an und bin doch stolz, es geschafft zu haben :) Der Abend wird dann wieder gemütlich mit dem Grill in großer Runde am Campingplatz. Manuel und Sebastian haben sich in der Nähe vergnügt.

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527 km heute, 9h30 laut Routenplaner

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Re: Französische Westalpentour 2022 "mit den Jungs"

#8 Beitrag von blahwas »

Fr 17.6., Abschiedstour zum Snack du Lac

Der letzte gemeinsame Tag. Da fahren wir gemeinsam zu einem Cafe an einem Badesee, den wir von letztem Mal in guter Erinnerung haben: Snack du Lac in 04170 Saint-André-les-Alpes. Dafür habe ich zwar keine Route vorbereitet, aber ich improvisiere etwas. 310 km, 6 Stunden. Ich ziehe die Badehose drunter und packe ein Handtuch in die Rückentasche der Jacke. Mütze und Sonnencreme sind auch noch wichtig, wenn man den Hauttyp "Eskimo" hat ;)

Auf dem Weg zum Snack gibt's leider keine neuen Passknackerpunkte. Team Yamaha fährt Vars, Team KTM möchte sich am Col et Tunnel de Parpaillon versuchen - eine steinige Schotterpiste mit einem Tunnel oben, in dem zu dieser Jahreszeit noch 30 cm Eis am Boden sind. Wir müssen also schon wieder diesen wundervollen Vars fahren. Dabei versucht uns eine quer über die ganze Straße bummelnde Reiseendurogruppe aufzuhalten, bis ich Tourguide Manuel mit entscheidenden Tipps zum sicheren Überholen auf Alpenpässen aus seiner misslichen Lage helfen kann. Nicht, weil wir es eilig hätten, aber diese Schlaganfall-Linien kann man sich echt nicht anschauen. Am Ende denkt vielleicht noch jemand, wir gehören zu dieser Gruppe!

Dann liegt der Col d'Allos auf dem Weg, und der wurde seit unserer letzten Fahrt vor 5 Tagen leider nicht frisch asphaltiert. Naja, zumindest wissen wir schon, in welchen nicht einsehbaren Rechtskurven innen Kies liegt. Die Südseite ist aber deutlich besser und man kommt hier sehr schön voran. Aber es wird heiß. Richtig heiß. Kurz dem Cafe tankt Manuel klugerweise nach. Ich suche uns einen schönen Tisch. Wir bestellen 2x Hähnchensalat, genießen die kühle Brise vom See und warten auf die KTM-Fahrer, die längst am Parpaillon umgedreht haben, und sich jetzt auf anderen Schotterpisten rund um den Col de Séoune vergnügen, wobei die schwarze Seite nicht immer unten bleibt. Aber die mögen das so. Und wir können hier wirklich sehr gut warten. Als die beiden erscheinen wird es etwas schwer, der Bedienung klar zu machen, dass da jetzt 2 neue Leute am Tisch sitzen und dass die auch was essen wollen, aber das klappt dann doch noch.

Danach geht's in den Badesee. Wir gehen tatsächlich alle vier ins kalte Wasser. Leider ist das Ufer steinig und der Boden im Wasser schlammig. Und ich habe nicht an Badelatschen gedacht, die ich in der Hütte als Hausschuhe nutze. Was bin ich doch verwöhnt...

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In den Rückweg baue ich diskret ein paar Passknackerpunkte ein, an denen wir noch nicht waren, die aber keinen Umweg bedeuten: Robines, Orme, Fanget. Hier kann man sehr schön Motorrad fahren!

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Leider kommen wir auch an einer frischen Unfallstelle vorbei, wo ein liegender Jethelmträger gerade von Sanis behandelt wird. Immerhin ist kein Blut zu sehen und die Gräten sind auch alle noch gerade. Vielleicht nur die Hitze?

Dann seilt sich Michael ab. Kurz danach kommt er uns wieder entgegen. Hä? Auch Sebastian klinkt sich aus, und fährt noch mal den Col du Vars. Team Yamaha fährt jetzt mal nicht den engen Pass östlich des Lac de Serre-Poncon, sondern die Uferstraße. Zwei Dreizylinder im Gleichklang, durchaus reizvoll. Manuel fährt seine Badehose trocken, und zwar sehr gründlich. Leider passt sie farblich zur Lederkombi.

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Und meine Herren, das hat sich mal richtig gelohnt! Das ist locker eine der schönsten Uferstraßen überhaupt, inkl. Meeresküsten in Spanien. Einwandfreies Motorradfahren, auch dank eher später Stunde wenig Verkehr, keine komischen Schilder, viel Abwechslung und Aussicht. Fünf Sterne für die D954!

Zurück am Campingplatz erfahren wir dann auch den Grund für Michaels Querroute: Er hat bei einer Pause seine Hecktasche abgelegt, und danach nicht wieder dran gebaut. Keiner hat's gemerkt, und es sind natürlich wichtige Dinge drin. Schöner Mist! Wir wollten den Abend wieder im Dorfrestaurant "zum Flammkuchen" essen, und heute nicht nur Flammkuchen.

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Dafür haben wir extra morgens reserviert. Deshalb haben wir heute eine breite Auswahl an Omelettes. Okay? Die Portionen sind auch eher knapp. Daher bestellen wir uns noch was danach und anschließend jeder noch ein Eis. Michael erscheint zwar knapp nach Küchenschluss, aber wir hatten ihm schon was bestellt. Danach fallen wir in der Hütte über allen übrigen Knabberkram her. So hat der letzte gemeinsame Abend dieser Tour für alle ein Happy End :)

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Re: Französische Westalpentour 2022 "mit den Jungs"

#9 Beitrag von blahwas »

Sa, 18.6., Abreise Teil 1

Vor den nächsten Arbeitstag hat der liebe Gott die Abreise gesetzt. Da jetzt Manuel bei Sebastian mitfährt, nutz ich die Yamaha selbst - mit der großen Packrolle. Immerhin habe ich zwei Tage, und die 840 km (direkter Weg) auszuschmücken und zu genießen, wo es dabei natürlich auch länger wird.

Für mein Jahresziel "Passknacker Landespreis Österreich" ist die Route nicht wirklich hilfreich, bzw. die Umwege sind zu groß, ich müsste die extraheiße Poebene entlang, nur um dann vielleicht 10 Punkte in Tirol zu sammeln. Hake ich die Region dabei nicht komplett ab, spart das auch künftig wenig Zeit. Nö! Aber im französischen Jura gibt's tatsächlich noch ein paar Punkte, wo ich noch nie war. Ein passendes Hotel ist schnell gefunden, und günstig gebucht: In Saint-Claude, nordwestlich von Genf.

Vor die Abreise kommt das Einpacken und auch die Übergabe der Hütte. Ich teile mir ja mit Manuel eine Hütte, und er soll 6 Uhr als Beifahrer bereit stehen. Also steht er 5:30 Uhr auf. Man kann ja viel positives über die Hütte sagen, aber Schalldämmung gehört eindeutig nicht dazu. Wenn ich schon wach bin, kann ich ja auch einpacken. Die Morgenstunden sind eh angenehm kühl. Eigentlich will die Campingplatzdame um 9 Uhr vorbeikommen zur Übergabe, aber ich bin schon um 8 Uhr mit wirklich allen denkbaren Reisevorbereitungen fertig. Ich habe meine dicke Packrolle gepackt und am Motorrad verschnürt, und sogar das Motorrad geputzt - mit feuchten Tüchern - und die Wohnung sowieso. Die Kaution hat Manuel auch bereits zurück bekommen. Also stecke ich die Schlüssel von außen ins Schloss und starte den Walk of Shame - nur per MT-09. Es hält mich niemand auf. Also los.

Es geht zum Col de Lautaret in der Hoffnung, dass der Col du Galibier heute endlich mal offen ist. Weiter nördlich würde es dann per Col du Telegraphe gehen. Das Schild sieht vielversprechend aus:

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Am 18. ist nicht gesperrt? Ha, denkste! Heute ist nicht wegen Baustelle gesperrt, sondern wegen Radrennen. Das tröstet nicht wirklich. Der Mann an der Absperrung sagt, 14:30 macht er wieder auf. Ich warte jetzt keine 6 Stunden hier, sondern suche mir einen anderen Weg nach Norden. Der unfassbar teure Frejus-Tunnel (30 Euro eine Fahrt!) scheidet aus. Mont Cenis wäre kostenlos, aber noch weiter im Osten, satte 2h Umweg. Dann also Richtung Grenoble und nach Norden.

Zwei Passknackerpunkte verhindern, dass ich mitten durchs Haupttal muss, oder gar durch die Stadt. Bei einer früheren Reise hat sich Grenoble bei uns den Ruf einer glutheißen Hölle aus roten Ampeln erarbeitet, weshalb es bei uns intern Grenobyl heißt. So geht's zunächst den elegant-sportlichen Lautaret runter. Bei einem von diversen Überholmanövern stelle ich fest, dass hier irrtümlich eine durchgezogene Linie aufgetragen wurde. Und dass am rechten Straßenrand zwei Polizisten in meine Richtung gucken, und zwar mit je einem leicht gequälten Gesichtsausdruck. Es steht aber noch eine dritte Person bei ihnen, die gerade ihre Aufmerksamkeit bindet, da will ich nicht mit meiner Beschwerde stören. Noch vor dem Tal geht's nach Norden zum Col Luitel. Das ist eine schmale Stolperstrecke durch den Wald auf 1262 Meter. Naja. Viel schöner jedoch Roche Béranger, 1750 Meter! Gut ausgebaut, abwechslungsreiche Radien, oben ein Skiort mit Aussicht auf Grenoble. Da kann man auch mal zum reinen Vergnügen hinfahren.

Jetzt geht's für mich deutlich nach Norden. Die nächsten Punkte liegen bei Chambéry. Dafür gibt es die Autobahn. Nach meinen Problemen mit elektronischen Mautsystemen in Portugal habe ich mir inzwischen einen Maut-Transponder "Bip'n'Go" gekauft, der in Portugal, Spanien, Frankreich und Italien funktioniert. Die Schranken öffnen sich automatisch, die Gebühren werden vom Konto eingezogen. Das Gerät scheint idiotensicher zu sein. Tatsächlich öffnet sich die Schranke an der Mautstelle zum Beginn der mautpflichtigen Strecke. Man bekommt auch kein Ticket. Beim Verlassen der Autobahn bleibt die Schranke jedoch zu. Seufz. Ich drücke auf den Hilfe-Knopf und schildere die Lage. Ah, ein neues Bip'n'Go! Wo sind Sie denn aufgefahren? Aha, scannen Sie das Gerät bitte - bei Nr. 4. Tatsächlich findet sich am Automat neben "1. Ticket rein" und "2. Geld her" und "3. Quittung entnehmen" noch eine vierte Schnittstelle, eine Art Barcodescanner. Tatsächlich befinden sich auf der Rückseite des Transponders einige Barcodes. Und das klappt dann tatsächlich! Eine weitere Errungenschaft meiner Motorradkarriere: Mein erster eigener Transponder :)

Kurz nach der Mautstelle hupt mich ein Autofahrer an und fuchtelt fleißig. Er setzt sich vor mich und hält behutsam auf dem Seitenstreifen. Da fahre ich hinterher. Mit meiner Ladung stimmt etwas nicht. Er hat Recht, meine 80 Liter Packrolle ist nur noch rechts fest, und das auch eher zufällig, weil ich einen verlängerten Rok-Strap 2x darum gewickelt habe. Da ich ohnehin 1 km weiter auf den Rastplatz wollte, gehe ich davon aus, dass das noch 1 km hält und kümmere mich dort darum. Ich habe einen Ratschengurt dabei für alle Fälle, aber der ist in der Rolle, also zeitraubend zu finden - klarer Fall, das möchte ich nicht auf dem Pannenstreifen machen. Et voila, es hält bis zum Rastplatz. Dort findet sich ein schattiges Fleckchen Erde, und ich mache mich ans Werk.

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Ursache war eine der beiden Ösen, die ich zum Verzurren an der Sitzbankunterseite angebracht hatte. Die Rok-Straps sind intakt. Also den Gurt ums Heck wickeln, die rahmenfesten Blinkerausleger sind zum Glück sehr robust:

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Ist es nicht schön? Ja, es ist nicht schön. Aber es hält! Es geht weiter auf der Autobahn. An der nächsten Mautstelle bin ich ganz Profi in der "telepeage"-Spur. Einige Kilometer weiter ist an meiner Ausfahrt Stau. Die Mautstelle hat zwar vier Spuren, aber es wollen entweder zu viele Leute gleichzeitig hier her, oder sie sind alle zu doof, die Maut-Automaten zu bedienen, oder es gibt eine Systemstörung. Ich stehe bei 35° in der Schlange und frage mich, ob ich hier wirklich stehen muss. Weiter vorne steht ein Motorrad mit einheimischen Kennzeichen in der Schlange. Die Versuchung ist da. Tatsächlich finde ich noch eine Fahrspur, die von den Autofahrern nicht genutzt wurde. Der andere Motorradfahrer folgt mir. Bald endet diese Spur, und irgendein Auto hupt immer wieder. Mhm! Ganz kollegial lasse in den anderen Motorradfahrer mit einer Geste nach vorne. Eine Minute später gucken zwei freundliche Polizisten vom rechten Rand um die Ecke, und entdecken dabei kein sanktionswürdiges Verhalten. Punktlandung. Diese Mautschranke öffnet sich jetzt wie von Geisterhand, und damit bin ich nun wohl endgültig Profi im Transpondergeschäft.

An dieser Stelle noch mal der Appell an alle Länder ohne streckenbezogene Maut: Führt so einen Mist bloß nicht ein! Aber genug Autobahngedöns. Ich fahre Motorrad in Frankreich, die Sonne scheint, und das Navi zeigt Kurven an. Also loooos! Ich fahre diverse Pässe und andere Höhepunkte westlich des Lac du Bourget ab, z.B. Mont du Chat ("Katzenberg"?). Da ist auch ein Aussichtspunkt.

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Und außerdem eine gepflegt wirkende Außengastronomie, wo gerade ein Tisch frei wurde. Also rein da, und ewig auf die Bedienung gewartet. Irgendwann kapiere ich, dass die denken, das Gerümpel auf dem Tisch wäre meins, und ich sollte endlich mal aufstehen. Ich habe es zwar nicht eilig, sondern will mich ja gerade erholen und auch abkühlen, aber nach der Klärung klappt's dann schnell mit Schinken-Käse-Salat und Cola - für 19 Euro, es war aber auch gut. Frisch gestärkt geht's weiter. Nach diversen kleineren Pässen mit Blick auf den See habe ich den Grand Colombier in der Route, mit Sicht auf den See und die Rhone.

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Weiter oben ist noch eine Abkühlungspause im Schatten angesagt. Die Hitze setzt mir schon zu. Über 35 Grad kühlt der Fahrtwind nicht mehr, da helfen auch keine Belüftungsöffnungen. Und ich habe leider wieder die lange Stoffhose drunter, weil ich dachte, die würde nicht in die Packrolle passen. Das muss ich morgen unbedingt ändern.

Leider habe ich hier in der Region Ain bei meinem zweiten Besuch das zweite Mal auf nahezu allen Strecken immer wieder Gravillons, also Rollsplit auf den Strecken zur langfristigen Verbesserung der Haftung. Da sollte man nicht mit forscher Schräglage drüber fahren, einen Lenkimplus aufs Parkett zaubern oder sonstwas dynamisches tun. Drüberrollen geht durchaus mit 80 km/h. So oder so, es kostet Konzentration. Ich bin seit 5:30 wach, es hat 35°, und all das macht mich doch etwas fertig. Ich betrachte sehnsüchtig die Rest-Kilometer und mache immer wieder Pausen an kühleren Stellen.

So komme ich ziemlich fertig mit der Welt gegen 19 Uhr in Saint-Claude an und will zu meinem Hotel fahren. Das Hotel ist in der Innenstadt. Die Innenstadt ist heute für Motorverkehr gesperrt und anscheinend eine Art Fußgängerzone. Die Stadt liegt am Berg und ich habe etwas Hoffnung, ob ich von der Rückseite näher ran kommen könnte. Auf der Umleitung finde ich noch eine Tankstelle, immer gern zum Ende des Fahrtages, und stehe dann am anderen verrammelten Ende der Innenstadt. Das war trotzdem taktisch klug, denn jetzt bin ich einige Höhenmeter weiter oben. Ich spreche einen einzelnen Polizisten an, der hier Wache schiebt. Nein, du fährst nicht zum Hotel, es ist gesperrt. Darf ich schieben? Hmmmm, ja, okay, warum nicht, hier auf den Gehweg und dahinter runter.

Wir erinnern uns kurz: 35 Grad, fertig mit der Welt und jetzt darf ich 400 Meter Motorrad schieben. Freundlicherweise geht es aber durchgehend bergab, so dass ich eigentlich nur lenken und hier und da bremsen muss. Ein paar kleine operative Herausforderungen gibt es dabei aber schon:
-Mit Packrolle auf dem Heck passt man kaum durch die Straßencafes
-cool bleiben!
-8 Polizisten stehen in der Mitte des Platzes und sind vor allem mit Quasseln beschäftigt. Keine Ahnung, ob die mit dem Anderen in Kontakt stehen, ich schiebe mal nicht mitten durch die Gruppe, sondern 10 Meter dran vorbei. Mein Plan: Ich guck nicht zu euch, und ihr guckt nicht zu mir. Der Plan geht auf.
-150 Meter vor dem Hotel ist eine Konzertbühne aufgebaut, ich schiebe quer dran vorbei. Freundlicherweise spielt gerade keine Band. Für die Nachtruhe verheißt es aber nichts Gutes.
-Kurz vor dem Hotel stelle ich fest, dass ich auf eine Bordsteinkante zu schiebe, wo ich runter muss. Die Bordsteinkante sieht echt hoch aus. Umdrehen geht nicht, zumindest nicht ohne massiven Kraftaufwand. Also einfach drüber: Ich setze nicht auf.
-Parken? Natürlich ist der ganze Innenstadtbereich von Fahrzeugen geräumt und überall stehen Schilder rum, die genau diese Nacht das Parken verbieten.

Das kann man alles echt total gut gebrauchen, wenn man eh schon fertig ist. Stadthotels haben ihre Schattenseiten. Ich parke zunächst direkt vor dem Hotel und checke ein. Die Rezeptionistin ist super freundlich, und es gibt sogar eine absperrbare Box in einer Tiefgarage für Motorräder! Also abgesattelt und in leichter Schutzkleidung erst das Parkhaus gesucht und dann die Box gefunden. Leider stehen schon 4 Großenduros drin und ein SUV. Der SUV hat zur Wand 50 cm Platz gelassen, und an den Großenduros sind teilweise sogar noch Koffer dran. Schade, ansonsten hätte meine MT auch noch rein gepasst. So suche ich mir stattdessen im öffentlichen Teil dieses innerstädtischen, kostenlosen Parkhauses eine freie Ecke, wo ich niemanden störe. Leider sieht es hier auch aus wie in einem innerstädtischen, kostenlosen Parkhaus, also stillgelegte Autos, Müll von feiernden Jugendlichen usw. Ich habe kein so richtig gutes Gefühl, aber für eine Nacht wird's schon gehen. Und die Musik spielt heute ja draußen ;)

Nach der Katzenwäsche suche ich mir einen Kebap zum Abendessen und mache einen kleinen Stadtspaziergang. Die Stadt ist durch die Lage am Berg nicht ohne Reize, aber leider auch voller übler Bausünden, die auch noch schlecht unterhalten sind.

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Im Hotelzimmer hat es knapp unter 30 Grad, und ich habe Ohropax in 2 verschiedenen Stufen dabei, reichlich platt bin ich auch, also finde ich dann trotz schief vorgetragener Pop-Musik-Covers in meinen Schlaf.

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475 km heute, unterwegs umgeplant.

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Re: Französische Westalpentour 2022 "mit den Jungs"

#10 Beitrag von blahwas »

So 20.6., Abreise 2

Heute soll es bis ganz nach Hause gehen. Direkt wären es 660 km, aber ich will ja noch etwas den Jura genießen. Insbesondere möchte ich mein Lebenswerk pflegen, also alle Passknackerpunkte besuchen, bei denen ich noch nie war. Da ich schon den Landespreis Schweiz habe, liegen die alle auf der französischen Seite, aber ich durchfahre durchaus auch die Schweiz. Den Rest durch Deutschland fahre ich dann wohl oder übel Autobahn, denn ich will ja auch nach Hause kommen. Angesichts der weiterhin bestehenden Hitzewelle mit tagsüber 37 Grad entscheide ich mich für die kürzere der beiden vorbereiteten Routen: 711 km (9h38) statt 746 km (10h18), die schon vor dem Start sogar noch kürze auf 692 km (9h17).

Wegen der Hitze will ich besonders den Vormittag nutzen und möglichst viel Strecke machen. Ich setze mir 12 Uhr als Limit für den passknackenden Teil der Route, danach wird Autobahn gefahren! Das klappt gut. Ich bin wach und erholt, und stehe unter Strom angesichts dieser ziemlich heftigen Tagesaufgabe. Zuerst laufe ich zur Tiefgarage, die Yamaha ist noch da. Es hat jemand dicht dran geparkt, weil ich zwar außerhalb einer Parklücke stehe, aber so, dass ein überlanges Fahrzeuge eigentlich nur den Stellplatz davor nutzen kann. Es sind keine Beschädigungen zu erkennen, also wurde mein Motorrad weder angerempelt noch umgeworfen. Und anscheinend auch nicht umgeparkt. Kurz die 300 Meter zum Hotel fahren, alles Gepäck drauf und los geht's! Das Zimmer war ja schon bezahlt.

7:30 knacke ich den ersten Pass. Am Sonntagmorgen hat man die Straßen ziemlich für sich alleine. Zum Glück habe ich auch keinen Wildwechsel. Ich habe stets das Ziel im Kopf, Strecke zu machen. Dabei bin ich nicht so 1000% wach und auch die Gravillions sind wieder da, was in Summe nicht ganz ungefährlich ist. Da muss man sich schon etwas beherrschen, und sollte es bei nicht-relativistischer Geschwindigkeit belassen. Nach 100 km wechsle ich in die Schweiz, da achtet man ja ohnehin mehr aufs Tempo - auch wenn hier im französischsprachigen Teil durchaus auch französische Kultur herrscht. Bei einer Bäckerei gibt's Pain an Chocolat und Croissant zum Frühstück. Meine Getränkeflaschen schwimmen derweil im Brunnen, um abzukühlen - der Kühlschrank aus der Ferienwohnung fehlte im Hotel, und es ist wirklich angenehm, wenn die Getränke auch in der zweiten Tageshälfte unter 30 Grad haben. Außerdem führen die Ministraßen oft durch Wälder, was kühl ist.

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Die Strecken und Punkte in der Schweiz kenne ich alle schon, aber nicht zwingend in dieser Reihenfolge, denn meine Priorität ist doch sehr auf Vorankommen, und nicht das Einsammeln von Sackgassen oder Punkten, die nur ein kleiner Umweg wären. Angenehmer ist auch das Fehlen von Gravillions und der allgemein bessere Straßenzustand. Gegen 10 Uhr tauchen die ersten Motorradfahrer auf, die hier auch eine französische Fahrkultur pflegen. Zumindest auf den Hauptstrecken, ich fahre eher zwischen Almen und Feldern.

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Um 11:30 habe ich den letzten Punkt gesammelt und bin sehr zufrieden. Die Temperatur ist inzwischen bei 35 Grad angekommen, aber ich habe mich an einen Trick erinnert, den ich mal von einem Weltreisenden gehört habe: Mach die Lüftungen zu, aber deine Klamotten drunter nass! So nutzt man Verdunstungskälte, ohne den eigenen Flüssigkeitshaushalt zu belasten. Für einen nassen Oberkörper fehlt mir der Mut, aber das Schlauchtuch um Hals und Kopf, sowie die Handschuhe traue ich mir zu. Dazu reicht auch Brunnenwasser. Hände und Kopf sind reichlich durchblutet, und im Gesicht brennt der Fahrtwind eh richtig heiß. Es fühlt sich die ersten 15 Minuten richtig kühl an. Danach ist es gefühlt schon trocken, aber man schwitzt nicht sofort wieder los. Nach etwa 45 Minuten brauche ich dann die nächste Pause. Das ist eine wesentliche Verbesserung zu den Tagen zuvor. Schade, dass mir das erst am letzten Tag eingefallen ist.

So, die Route nach Hause! Natürlich hatten noch andere Menschen die Idee, in der Woche mit dem Feiertag in den Urlaub zu fahren, und am Sonntag zurück, und außerdem liegt Deutschland vor mir, da ist Chaos auf den Autobahnen vorprogrammiert. Und Stau bei 37 Grad brauche ich wirklich nicht, denn, wie jeder Motorradfahrer weiß, ist es auf den Autobahnen abartig heiß. Aussitzen lässt sich das Problem leider auch nicht, ich habe noch 4 Stunden nach Hause, und merklich abkühlen wird es erst nach 18 Uhr. Es folgt also Motorradfahren auf Autobahnabschnitten, unterbrochen von Trinkpausen mit Check auf dem Handy, was die Autofahrer so treiben. Direkt nach Norden nutze ich gern die französische Nord-Süd-Strecke Richtung Strassbourg. Die ist gefühlt kühler als die deutsche A5, mautfrei, und es eigentlich nie Stau. Und wenn doch, dann ist dort noch immer Frankreich ;)

Das klappt gut. Den Rhein und die Grenze überquere ich südlich von Strassbourg. Weil das Rheintal trotzdem heiß ist, falle ich in die erste deutsche Tankstelle ein, kaufe für 10 Euro kalte Getränke und eine Breze und genieße 30 Minuten die klimatisierte Luft. Dabei ist Zeit für die weitere Planung. Im Norden ist Stau auf der Autobahn mit 30 Minuten Verzögerung. Darauf habe ich keine Lust. Vor mir liegt der Schwarzwald. Da bin ich dieses Jahr zwar schon 2x durchgefahren, aber ich bin ja nicht zum Pässeknacken hier. Google Maps findet eine Strecke ohne A5 und ohne A8, die nur 20 Minuten länger als die Staustrecke ist. Da sie sicherlich auch kühler ist, nehme ich diese Alternative. Freudenstadt und Nagold sind zwei Wegpunkte. Das ist überraschend angenehm zu fahren, sogar auf den Bundesstraßen. Es sind keine LKW oder Reisebusse unterwegs und nur ganz wenig Wohnmobile, Wohnwagen und andere Wanderdünen, und es gibt hier Hauptstrecken ohne Überholverbot! Leider gibt es auch immer wieder Ampeln, aber da ich mich jederzeit zum Abkühlen in den Wald verdrücken kann, ist das okay.

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Dabei fällt mir auf, dass ich ganz dicht an einem Passknackerpunkt bin, wo ich dieses Jahr noch nicht war. Soviel Zeit muss sein ;) Am Lauferbrunner kann man es bei Hitze gut aushalten. Und am Brunnen natürlich wieder einen Vorrat für die Verdunstungskälte aufnehmen.

Bei Tageskilometer 515 fädle ich hinter Herrenberg schließlich auf die Autobahn 81 ein. Es ist durchaus viel Verkehr, vor allem Autos, davon 3/4 auf der linken Spur, aber das schockt mich nicht. Ein KTM-Fahrer will unbedingt 100 satt 80 fahren und macht eine dritte Spur auf, na von mir aus, das gucke ich mir aus sicherer Entfernung kopfschüttelnd an. Hinter Stuttgart ist dann freie Fahrt. Ich gondle bei 110-130 km/h rechts rum und genieße Podcasts. Alle 45 Minuten mache ich 15 Minuten Pause. Ab etwa 18 Uhr geht die Temperatur langsam runter. Den Unterschied von 37 Grad zu 35 Grad spürt man deutlich. 32 Grad sind dann schon fast erfrischend. Das liegt aber wahrscheinlich eher an der nachlassenden Sonnenintensität. So komme ich gegen 19:30 in ziemlich guter Verfassung daheim an, trotz 740 Tageskilometern.

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Das war ein beeindruckender Fahrtag, und ich bin irgendwie stolz auf das geleistete, auch wenn es ziemlich sinnlos ist, solche Strecken auf einer Naked abzureißen. So endet ein toller Motorradurlaub!

Bei der Nachbereitung fällt auf, dass ich mit dem Col de Landoz-Neuve leider einen Punkt zuviel aus der Route geworfen hatte, den ich noch fürs Lebenswerk gebraucht hätte. So steht dort jetzt ein einsamer roter Punkt in einem grünen Meer und wartet auf meinen nächsten Besuch der Region - aber es liegt ja eh am Weg :)

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countryguitar

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Re: Französische Westalpentour 2022 "mit den Jungs"

#11 Beitrag von countryguitar »

blahwas hat geschrieben: 24. Jun 2022 20:53 Mo 13.6. Maira Stura

In Italien gibt es das Maira-Tal, und das Stura-Tal. Dazwischen gibt die überregional bekannte Maira-Stura-Kammstraße, die oft MSKS abgekürzt wird. Auf über 2000 Höhenmetern kann man hier 30 km Schotter fahren in wundervollen Landschaften. Darauf sind die beiden KTM-Fahrer scharf. Die beiden Yamaha-Fahrer weniger. Aber wir finden eine Lösung! Vor der Fahrt kriegt die KTM noch etwas Liebe, oder wenigstens Hingabe:

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Re: Französische Westalpentour 2022 "mit den Jungs"

#12 Beitrag von fransjup »

Danke für den schönen Bericht :thx:
Für mich habe ich 30grad die GRENZE gezogen, :respekt: nur in Ausnahmefällen, und kürzere Etappen.
Frankreich würde ich gerne mal fahren,
Aber mangels Sprache, für alleine- nein
gruß fransjup

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Re: Französische Westalpentour 2022 "mit den Jungs"

#13 Beitrag von Feuerfisch1502 »

@blahwas : mega geiler Reisebericht und tolle Bilder.

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Re: Französische Westalpentour 2022 "mit den Jungs"

#14 Beitrag von karklausi »

Sonntag lese ich mal genau durch. Aber direkt ne Frage: Titel „französische Westalpentour“.
Ist die Hälfte davon nicht in Italien?
Zusatz: die Blümchenhose vom Manuel ist DER HAMMER!
Karklausi
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blahwas
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Re: Französische Westalpentour 2022 "mit den Jungs"

#15 Beitrag von blahwas »

Fazit!

Die Route des Grandes Alpes ist einfach genial und ziemlich einmalig in Europa. Die Region um den Lac de Serre-Poncon ist eine wundervolle Ausgangsbasis dafür. Wetterfest, abwechslungsreich, und abseits der Bundesstraßen auch ruhig. Dieses Jahr war relativ viel Gastro noch geschlossen oder im eingeschränkten Betrieb. Das kann am Reisemonat Juni liegen, oder an zwei Jahren mit harten Coronaregeln in Frankreich. Ich bin wirklich gern in dieser Region. Und doch hatte ich hin und wieder das Gefühl, dass ich eigentlich schon oft genug dort war. Dass ich alles schon kenne. Das ist ein echtes Luxusproblem, denn es ist einfach verdammt schön hier, und ich habe weitere 9 Wochen Urlaub im Jahr, um neues zu entdecken. Vom Fahrspaß her ist es hier aber echt schwer zu toppen.

Leider habe ich erst am letzten von 8 Fahrtagen kapiert, wie man über 30 Grad auf dem Motorrad am besten kühl bleibt: Schlauchtuch nass machen und über Kopf und Hals ziehen, Helm drüber, Lüftungen zu. Das hätte mir einige Mühe erspart, aber das vergesse ich jetzt wohl nicht mehr.

Gruppe:
Die Gruppe ist natürlich eine Sammlung von Individuen, die ihre eigenen Wünsche haben. Aber wenn man den halben Tag zusammen fahren kann, oder jeden zweiten Tag, und den Abend gemütlich gemeinsam verbringen kann, dann ist das für mich in Ordnung. Auch Mrs. BDR darf gern wieder mitkommen. Also "mit den Jungs (+1)" ;)

Und dann war da noch das KTM-Ding. Ich hatte im Vorfeld Urkunden im KTM-Design vorbereitet, um unsere besonders tapferen Fahrer zu ehren, die sich freiwillig den Risiken der Eigentümerschaft solcher wankelmütiger Maschinen aussetzen. Es gab z.B. eine Urkunde für "Deine KTM ist morgens angesprungen". Es gab aber auch markenneutrale Urkunden, z.B. "Du bist einen Tag dem Tourguide gefolgt, ohne über die Route zu diskutieren." oder "Du bist drei Tage in Folge nicht wegen Spritmangel liegengeblieben." Es kamen nicht alle Urkunden zur Anwendung, weil es dieses Mal doch wenig Pannen und sonstige Probleme gab. Es ist aber ein schöner Trost, wenn man danach wenigstens eine Urkunde dafür bekommt. Und diesen Dienst an meinen Freunde leiste ich gern ;)

Meine Yamaha hat einwandfrei funktioniert. Eigentlich. Es gab einen etwas sorgenvollen Nachmittag, da rutschte die Kupplung mehrmals kurz durch im 3. oder 4. Gang, wenn man gerade zum Überholen ausgeschert hatte. Das ist unangenehm, es lag aber nur an einem zu eng gespannten Kupplungszug. Vermutlich eine Folge des höheren Lenkers, plus die bis dato unerreichte Hitze, auch nach dem Gebrauch des Anti-Hopping-Features. Eigentlich Ursache war also, dass ich bisher keine Lust hatte, mich um die schwer erreichbaren unteren Versteller zu kümmern. Das habe ich dann abends mit Manuels Hilfe erledigt. Ich wollte außerdem kurz vor der Reise ein besseres Federbein verbauen, aber der Hersteller YSS setzt auf Presspassung, womit der kürzere Workaround zum offiziellen Einbauweg "Auspuff ab, Schwinge raus, Umlenkung raus" leider nicht funktioniert hat. Für's nächste Mal! Der Tankumbau hat mir wieder viele Sorgen erspart und fällt sonst auch nicht groß auf.

Das Pannenranking ist ansonsten wohl etwa so:
4 Punkte Michael für 3x Umfallen (Séoune) und 1x Gepäck verlieren
1 Punkt Sebastian für 1x Umfallen (Séoune)
1 Punkt Manuel für 1x Treibstoffmangel
1 Punkt Johannes für Kupplungszugeinstellung - Das Gepäck fast verlieren war auf der Abreise und zählt daher nicht :)

Passknackerfazit:
Dieses Mal war ich nicht ganz so versessen auf Punktejagd wie sonst. Den Montgenevre mit nur 26 km extra zu diversen Touren hätte ich früher nicht liegen lassen ;)

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(Besuchte Punkte sind grün, die übrigen rot)

Reisefazit: Mit dieser Truppe immer wieder gern :) Und auch die Region ist schwer zu toppen. Aber jedes Jahr muss ich dort nicht mehr hin.

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Re: Französische Westalpentour 2022 "mit den Jungs"

#16 Beitrag von karklausi »

Dann trete ich deine Westalpennachfolge an. Ich will da nächstes Jahr mit dem feuerroten Spielmobil hin.
Karklausi
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Re: Französische Westalpentour 2022 "mit den Jungs"

#17 Beitrag von blahwas »

karklausi, für Enduro empfehle ich die italienische Seite, siehe "Westalpen Schotter": viewtopic.php?f=17&t=19287

snap-on
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Re: Französische Westalpentour 2022 "mit den Jungs"

#18 Beitrag von snap-on »

Landschaftlich sehr schön, tolle Bilder.

Aber die Hitze wäre mir zu viel.

Wir waren da mal vor vielen Jahrzehnten.
Irgendann haben wir uns einfach ausgezogen und sind nackig in den mörderisch kalten Bach neben der Strasse....

Bei solchen Temperaturen solche Tagesetappen, das ist tough.

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J T
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Re: Französische Westalpentour 2022 "mit den Jungs"

#19 Beitrag von J T »

Moin,

vorletzte Woche auf Sardinien 5 Tage zwischen 30 und 37 grad. Ich bin mit Jeans und Alpinestars Jacke ( aus der ich die Membrane rausnehmen kann ) gefahren. Das war gut auszuhalten wenn man sich immer bewegt. Mein Kumpel mit Kombi und integrierter Membrane hatte da mehr zu leiden - der hat sich auch öfters Wasser in die Kombi gekippt.

Gruß
J T
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Re: Französische Westalpentour 2022 "mit den Jungs"

#20 Beitrag von wortex »

schön wars.
Danke für deinen Bericht, meinen findet man bei Mo24.

Und ich bin dem lieben Gott unendlich für meine Temperaturtoleranz dankbar. Bis 37° macht es mir in Lederkombi absolut garnichts aus, dann wird mir auch ein bisschen warm. Dafür friere ich bei 15°, da kann ich mir zum Glück was anziehen.
Die Lösung mit nassen Schlauchtuch und nassen Handschuhen werde ich mir trotzdem mal anschauen.

@karklausi: ja, die Badehose passt besser als gedacht :D

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