Wie und wo kann ich die Fahrwerkseinstellungen ändern?

[Theo]

Die Fahrwerkseinstellungen sind werkseitig für Fahrer/innen von ca. 68 kg eingestellt. Hier wird beschrieben, wie man das Fahrwerk an andere Bedingungen anpassen kann.


An der Gabel und auch am Federbein lässt sich jeweils die Federbasis und die Zugstufe einstellen. Federbasis ist nicht die Härte der Feder, sondern das Verhältnis von positivem und negativem Federweg, also wie weit die Feder beim Belasten eintaucht und wie weit sie beim Entlasten ausfedert. Zugstufe ist der Widerstand, den der Dämpfer der Feder beim Ausfedern entgegensetzt; niedrige Zugstufe bedeutet also, dass die Feder schnell wieder ausfedert.


Gabel / Vorderrad

Einstellen der Federbasis

Beide Gabelholme haben an der Oberseite eine Einstellschraube (SW 19).

Federbasis_Gabel.jpg (9.08 KiB) 5967 mal betrachtet

Dreht man diese Einstellschraube im Uhrzeigersinn bis zum Anschlag, ist die Federbasis maximal vorgespannt. Der Vorderbau kommt damit höher und der Positivfederweg ist am größten, der Negativfederweg am kleinsten.
Die Einstellschraube lässt sich aus dieser Einstellung um maximal 15 Umdrehungen gegen den Uhrzeigersinn verdrehen. Dadurch wird der Vorderbau abgesenkt, der Positivfederweg nimmt ab und der Negativfederweg nimmt zu.
Werkseinstellung: Von der maximalen Federvorspannung ausgehend 7 Umdrehungen gegen den Uhrzeigersinn herausgedreht.
Wichtig: Die gewählte Einstellung der Federbasis muss an beiden Gabelholmen identisch sein!


Einstellen der Zugstufe

Die Zugstufe wird über die Einstellschraube an der Oberseite des rechten Gabelholms eingestellt.

Zugstufe_Gabel.jpg (9.34 KiB) 5965 mal betrachtet

Dreht man diese Einstellschraube im Uhrzeigersinn bis zum Anschlag, ist die Zugstufe auf Maximum eingestellt. Die Gabel federt dann am langsamsten wieder aus.
Die Einstellschraube lässt sich aus dieser Einstellung um maximal 3 Umdrehungen gegen den Uhrzeigersinn verdrehen. Dadurch wird der Widerstand vermindert, den der Dämpfer beim Ausfedern der Feder entgegenbringt.
Werkseinstellung: Von der maximalen Zugstufe ausgehend 1³/₄ Umdrehungen gegen den Uhrzeigersinn herausgedreht.



Federbein / Hinterrad

Einstellen der Federbasis

Die Federbasis wird verstellt, indem man mit einem Hakenschlüssel den Einstellring verdreht.

Federbasis_Federbein.jpg (6.48 KiB) 5964 mal betrachtet

Wird der Hakenschlüssel nach oben bewegt, vermindert sich die Federvorspannung; das Heck kommt tiefer, der Positivfederweg wird kleiner und der Negativfederweg größer. Wird der Hakenschlüssel nach unten bewegt, vergrößert sich die Federvorspannung; der Positivfederweg wird größer und der Negativfederweg kleiner.
Die Federvorspannung lässt sich in 7 Stufen einstellen.
Werkseinstellung: Stufe 4 (ausgehend von der geringsten Federvorspannung).


Einstellen der Zugstufe

Die Einstellung der Zugstufe wird durch das Verdrehen der Rändelschraube am hinteren Ende des Federbeins vorgenommen.

Zugstufe_Federbein.jpg (9.5 KiB) 5964 mal betrachtet

Wird die Rändelschraube in Richtung "H" (Hard) bis zum Anschlag verdreht, ist die Zugstufe auf Maximum eingestellt. Das Federbein federt dann am langsamsten wieder aus.
Die Rändelmutter lässt sich aus dieser Einstellung um maximal 13 Viertelumdrehungen (13 Klicks) in Richtung "S" (Soft) verdrehen. Dadurch wird der Widerstand vermindert, den der Dämpfer beim Ausfedern der Feder entgegenbringt. Die Klicks sind hörbar und fühlbar, jedoch auch an der Rändelschraube durch Markierungen sichtbar.
Werkseinstellung: Von der maximalen Zugstufe ausgehend 5 Klicks in Richtung "S".



Hinweis: Nach der Änderung der Federbasis (egal ob nur vorn oder nur hinten oder beides) sollte die vertikale Einstellung des Scheinwerfers überprüft und ggf. korrigiert werden.

[Gottfredl]

Hut ab, Theo, so isses narrensicher beschrieben und sehr verständlich erklärt; jetzt trau ich mich auch, mal mehr zu verstellen als die Vorspannung des Federbeins; oder doch besser fahren als rumschrauben?
lg
Gottfried

[Larac4]

Super Klasse Theo. Das ist Lehrbuchreif und sehr eingängig erklärt.

Wenn mir jetzt noch einer genau so eingängig das mit positivem/negativen Federweg erklären könnte, welche Fahrdynamischen Auswirkungen die Verstellungen haben, dann trau ich mich da auch mal ran.

Ehrlich gesagt, hab ich bisher nur Hinten die Federbasis an Sozius-/Alleinfahren angeglichen.
Wollte auch noch mit der Zugstufe rumexperimentieren, allerdings geht bei mir die Rändelschraube ziemlich streng.
Ist das normal?

[Theo]

Wenn mir jetzt noch einer genau so eingängig das mit positivem/negativen Federweg erklären könnte, welche Fahrdynamischen Auswirkungen die Verstellungen haben, dann trau ich mich da auch mal ran.

Da verweise ich der Einfachheit halber gleich mal auf den Artikel "Einstellungssache" (Tourenfahrer 9/2008). Da ist eigentlich alles gut verständlich erklärt, was man wissen muss.

[versystourer72]

Sehr schön und nachvollziehbar beschrieben

Ich traue mich aber trotzdem nicht dran. Bin zwar ein wenig schwerer als 68 kg, aber zufrieden so wie es ist.

[bradpit]

Sehr schön und nachvollziehbar beschrieben

Ich traue mich aber trotzdem nicht dran. Bin zwar ein wenig schwerer als 68 kg, aber zufrieden so wie es ist.

Nur Mut

[Roy]

Hallo,

Hätte da auch mal ne Frage: wenn man die Federbasis an der Gabel maximal vorspannen möchte, ist am Ende ein richtiger Anschlag oder kann man die Muttern überdrehen und merkt es nicht einmal???
Die sieben Umdrehungen mitzählen und hoffen, das im Werk alles richtig eingestellt worden ist, kann es ja nicht sein.
Mein Federbein stand auch auf Stufe 5 anstatt auf Stufe 4 aber da kann man es ja auch gut sehen.

Gruß,
Roy

[Theo]

Da ist ein Anschlag spürbar.


Grobmotoriker könnten die Schrauben aber trotzdem überdrehen. Also bitte gefühlvoll arbeiten!

[Roy]

Guten Morgen Theo,

vielen Dank für die schnelle Auskunft.

Dann werde ich mal probieren ob vom Werk die Gabel wenigstens richtig eingestellt worden ist.

Gruß,
Roy

[Umsteiger]

Hallo Theo,
vielen Dank für die geniale Zusammenstellung des Fahrwerkschraubens.
Eine Frage ergibt sich aber gerade für mich neu:
Ich habe mir in meine frisch erworbene 2. Versys direkt Wilbers Gabelfedern montieren lassen. Kann ich hierfür jetzt trotzdem noch die alten Einstellwerte, z. B. aus der Empfehlung von Motorrad, beibehalten, mit denen ich beim Vorgänger und Originalfedern gut gefahren bin -oder muß ich mir jetzt zumindest vorne eine neue Einstellung austesten. Wenn ja, gibt es da bei Wilbers wohl Erfahrungswerte?

Viele Grüße

Umsteiger

[Theo]

  Da bin ich überfragt.


Vielleicht kann Detlef oder Peter etwas dazu aussagen?

[bradpit]

Hallo Theo,
vielen Dank für die geniale Zusammenstellung des Fahrwerkschraubens.
Eine Frage ergibt sich aber gerade für mich neu:
Ich habe mir in meine frisch erworbene 2. Versys direkt Wilbers Gabelfedern montieren lassen. Kann ich hierfür jetzt trotzdem noch die alten Einstellwerte, z. B. aus der Empfehlung von Motorrad, beibehalten, mit denen ich beim Vorgänger und Originalfedern gut gefahren bin -oder muß ich mir jetzt zumindest vorne eine neue Einstellung austesten. Wenn ja, gibt es da bei Wilbers wohl Erfahrungswerte?

Viele Grüße

Umsteiger

Du kannst natürlich die Werkseinstellung belassen, ich habe meine allerdings kompfortabler (weicher) eingestellt.
Mein Tip, die jetzige Einstellung notieren, und dann einfach mal grosszügig ausprobieren. z.B komplett auf weicheste Position.
Hierfür suchte ich mir eine schöne Buckelpiste auf der Hausstrecke aus und habe sie für meine Bedürfnisse eingestellt.
Wobei hier bei den Einstellungen die Federvorspannung eine nicht so grosse Rolle spielt und man getrost vernachlässigen kann.

[Umsteiger]

Danke Peter für die Hinweise !
Werde einfach mal rumprobieren, vorher aber noch mal Detlef fragen wegen erfahrungswerten - von ihm stammen die Wilbers schließlich.

Viele Grüße

Umsteiger

[gunigs]

Hallo, wenn man weiß wie es geht und was die Einstellung bewirkt,
dann kann man gezielt loslegen.
Bis ich mich richtig wohlgfühlt habe und für verschiedene Bedingungen
die richtigen Einstellungen hatte, das hat ein halbes Jahr gedauert, weil bestimmte
Bedingungen teilweise selten auftreten.

Die meisten fahren zu hart gefedert und gedämpft, das kann gefährlich werden,
siehe Starrahmenchopper, der Reifen versetzt (Nicht die Reifenmarke ist schuld).

Zu weiche Federung und zu harte Dämpfung belasten den Dämpfer.

Dämpfung und Federung so weich das die Räder immer guten Bodenkontakt haben,
und so hart das nichts durchschlägt. ( Sprung über kleine Landstraßenbrücke mit
verschiedenen Einstellungen, nur für Fortgeschrittene).

Diese Regel anpassen auf Belastung und Aktuellen Fahrstill.

Schraubenzieher, Nuß und Hakenschlüssel sind im Tankruchsack

Hier meine Einstellungen, Eigengewicht mit 110 KG ohne Montur ,
ausgehend von 0, oder weich, oder soft, oder entspannt.


Vorn Hinten
Federung Dämpfung Federung Dämpfung
Umdr. Umdr. Stellung Klicks
normal : 1 1,5 1-2 3
flott 2,5 4 2-3 4-7
Race,2Pers. 3-4 6 3-4, 4-5 6-9
Winter um 0 0 0 1 0 Dämferöl ist steif

[Dogman]

kommt vllt ein bischen spät aber da ich das hier grad gelesen habe ... möchte ich euch noch einen interessanten artikel ans herz legen, den ich dazumal zum thema fahrwerkseinstellungen gelesen hatte

man sollte dabei auch bedenken, wenn man einstellungen am fahrwerk vornimmt, das sich dann der radstand ändert/ändern kann ... was sich unter umständen (je nach einstellung des fahrwerks) in kurven- und geradeaus-fahrten bemerkbar macht/machen kann

denke, das es nicht schadet sich diesen artikel mal anzuschauen/durchzulesen ... keine angst, ist alles auf deutsch und anschaulich bebildert

Fahrwerkeinstellungen für Jedermann

hier mal ein kurzer auszug

Warum aber reagieren Motorräder so sensibel auf Beladung beziehungsweise auf nicht korrekt eingestellte Federelemente? Nun, bekanntlich wird das Fahrverhalten im Wesentlichen - insbesondere der Geradeauslauf und die Handlichkeit - von drei Faktoren bestimmt: Radstand, Leitwinkel und Nachlauf. Der Hersteller des Motorrads hat sein Fahrzeug natürlich für sicheres und gutes bei einem bestimmten Radstand, Nachlauf und Lenkwinkel optimiert. Weichen die tatsächlichen Maße im Fahrbetrieb vom Ideal ab, so ist in der Regel auch das Fahrverhalten nicht mehr optimal.
Beispiel:
Bei schwerer Beladung des Hecks passiert mit unseren drei Größen folgendes: Der Radstand wird länger, weil sich die ganze Fuhre ja praktisch nach hinten neigt, wodruch der Lenkwinkel flacher wird und das Vorderrad praktisch ein paar Zentimeter nach vorne wandert. Den in diesem Fall flacheren Lenkwinkel haben wir schon angesprochen, das hat zudem noch zur Folge, dass der Nachlauf länger wird. Auf das Fahrverhalten hat das folgende Auswirkungen: Längerer Nachlauf bedeutet in der Regel besserer Geradeauslauf und schlechteres Handling, flacherer Lenkwinkel und längerer Nachlauf gehen in die gleiche Richtung. Bei einer derartigen Beladung aber passiert noch etwas: der Schwerpunkt wandert nämlich nach oben und nach hinten, was gerade bei hohen Geschwindigkeiten das Vorderrad deutlich entlastet und somit zu dem berüchtigten Hochgeschwindigkeitpendeln führen kann. Diese Schwerpunktverlagerung kann man bei Mitnahme eines Passagiers oder einer Menge Gepäck nicht verhindern, die Auswirkungen durch korrekte Federungsabstimmung jedoch deutlich mildern. Dies ist nur ein Beispiel, warum eine individuelle Abstimmung des Fahrwerk wichtig und nötig ist.

[bradpit]

man sollte dabei auch bedenken, wenn man einstellungen am fahrwerk vornimmt, das sich dann der radstand ändert/ändern kann ... was sich unter umständen (je nach einstellung des fahrwerks) in kurven- und geradeaus-fahrten bemerkbar macht/machen kann

Was bisher noch nicht angesprochen wurde, ist das sich auch die Kettenspannung ändert.

[vernox]

Super Geschrieben Theo und auch klasse links.

Was ich ja irritierend finde:

Dreht man diese Einstellschraube im Uhrzeigersinn bis zum Anschlag, ist die Zugstufe auf Maximum eingestellt. Die Gabel federt dann am langsamsten wieder aus.

Zugstufe ist auf max wenn sie minimal wirkt
Ich merke es mir mal mit "maximal gedämpft"

[Theo]

Neenee, Zugstufe ist auf Maximum, wenn sie maximal wirkt!

  Die Zugstufe ist der Widerstand, der dem Ausfedern der Feder entgegengesetzt wird.


Kleine Zugstufe = Feder dehnt sich bei Entlastung schnell aus.
Große Zugstufe = Feder dehnt sich bei Entlastung langsam aus, da die Zugstufendämpfung das Ausdehnen der Feder abbremst.

[Hicks]

Ich wollte gerade die empfohlenen Einstellungen (Komfort) aus der "Motorrad" bei mir ausprobieren.

Dabei ist mir aufgefallen, dass die Zugstufe in der Gabel, maximal eingedreht (hart), bei mir keinen richtigen Anschlag hat. Man fühlt einen ganz schwachen "Ruck" und kann dann noch ca. eine 1/4 Umdr. weiter drehen. Nach diesem "Ruck" kommt zwar ein langsam stärker werdender Widerstand, aber so ein richtiger Anschlag, wie wenn man die Zugstufe maximal ausdreht (weich), kommt da nicht. Hab auch nicht einfach weitergedreht, um zu testen ob da vielleicht doch noch ein richtiger Anschlag kommt, damit ich nix überdrehe.

Jetzt frag ich mich, ob dieser "Ruck" der ursprüngliche Anschlag sein soll und bei meiner neuen Maschine die Zugstufe beschädigt ist.
Ich kann auch von maximal ausgedreht 3 1/2 Umdr. bis zu dem "Ruck" drehen, was mich ziemlich irritiert hat, da ja in diesem FAQ steht, dass man maximal 3 Umdrehungen drehen kann.


Außerdem ist mir noch aufgefallen, dass die Zugstufe am Federbein noch fast eine 1/4 Umdr. nach dem letzten Klick (nach hart) gedreht werden kann. Irgendwie wirkt das so nicht ganz in Ordnung auf mich. Aber zumindest der Einstellbereich von 13 Klicks (von weich aus) stimmt überein.

Ich hoffe ihr könnt mir helfen. An meiner Z750 konnte ich damals (zum Glück ) nur ein bisschen was am Federbein einstellen.

[driver]

Hallo auch,

den Thread finde ich jetzt erst. Sehr gut von Theo. Selbst mein Händler wußte nicht, wie das mit der Einstellung vorne geht. "lass das mal wie es ist". War zwar nicht befriedigend, aber da ich mich auch nicht da ran traute, hab ich auch nicht wieter probiert..... aber! ... morgen geht es los.

Danke und Grüße

driver