Verbesserung des Fahrkönnens

Tipps und Erfahrungen zu Fahrtechniken, Sicherheits- und Schräglagentrainings.
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Gottfredl
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Verbesserung des Fahrkönnens

#1 Beitrag von Gottfredl »

Ich fasse mal das bisher geschriebene zusammen in der Hoffnung, niemanden missverstanden zu haben:
Die eine Fraktion meint, dass eine Verbesserung des Fahrkönnens nur möglich ist, wenn man sich an die Grenzen des Fahrkönnens und des Motorrades herantastet.
Stürze sind dabei nicht hundertprozentig zu vermeiden und gehören zum Lernprozess.
Die andere Fraktion meint, man müsse immer so fahren, dass keine Sturzgefahr besteht, d.h. immer einen Sicherhaitsabstand zu den eigenen Grenzen und denen des Motorrades. "Grenzerfahrungen" sollen nur in Trainings außerhalb des öffentlichen Verkehrs gemacht werden.
Ich denke, so stimmt´s ungefähr, oder?

Ich zähle mich zur zweiten Fraktion obwohl, oder gerade weil nicht ganz sturzunerfahren.
Ich habe noch ein weiteres Argument: Um sich zu verbessern muss man erst mal sich selbst beim fahren beobachten; je schräger man daherkommt, desto fokussierter ist man auf das Bewältigen der Situation. Fährt man an seiner Leistungsgrenze hat der Geist keine Ressource mehr frei um sich selbst (Körperhaltung, -spannung, Blickrichtung, Linienwahl etc.) zu beobachten.
Fährt man mit Reserve merkt man viel besser ob man die Fahrsituation z.B. Kurvenfahrt in jeder Hinsicht optimal bewältigt hat, oder ob eine Kleinigkeit nicht gestimmt hat.
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Theo
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Re: Verbesserung des Fahrkönnens

#2 Beitrag von Theo »

Fährt man immer nur mit Reserve, besteht dann nicht die Gefahr, dass man viel verschenkt? Also dass man weit unter den eigenen Möglichkeiten bleibt und in Gefahrensituationen wegen der fehlenden Grenzerfahrungen falsch oder nicht ausreichend reagiert.

Hinzu kommt noch, dass man beim Fahren mit (zu viel) Reserve gar nicht in den Bereich kommt, wo man Kleinigkeiten korrigieren muss, und es deswegen wahrscheinlich nie tun wird. Und nie lernen wird. :think:
Viele Grüße!
Theo

Es ist halt alles relativ...

Meine NC700X schluckt im DurchschnittBild

ntvtom

Re: Verbesserung des Fahrkönnens

#3 Beitrag von ntvtom »

So verkrampft sollte man das nicht sehen.

Man sollte seine persönlichen Grenzen kennen, sich darauf einstellen, und versuchen diese zu möglichst zu erweitern.

Wenn man immer mit großer vermeintlicher "Reserve" fährt, und nicht gewohnt ist, wie man im Ernstfall in Grenzbereichssituationen reagieren soll, reagiert man dann auch mal falsch, und nutzt diese Reserve dann eben nicht.
Wer sich nur 15° Schräglage zutraut (und das sind gar nicht so wenige), wird sich möglicherweise auch im Notfall nur soweit in die Kurve legen, und deshalb im Graben oder sonstwo landen.

Meiner Meinung nach sollte man schon an den eigenen Grenzen arbeiten, aber möglichst nur auf gut bekannten und übersichtlichen Strecken, oder bei einem Training. Und ganz wichtig: viel Fahrpraxis. Wer nur alle paar Wochen eine Eisdielenrunde dreht, wird wohl eher nicht zu einem sicheren Motorradfahrer werden.

Ich persönlich bin schon oft in brenzlige Situationen geraten, aus Unachtsamkeit, wegen anderer Verkehrsteilnehmer, unerwartet rutschigen Fahrbahnbelägen, Schmutz auf der Fahrbahn, usw. Dadurch, dass ich manchmal auch mal an meine eigenen Grenzen, und teilweise auch an die Grenzen des Motorrads gegangen bin, war in solchen Situationen auch eine "wirkliche" Reserve vorhanden, die mich vor Schlimmeren bewahrt hat.

Tom

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Larac4
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Re: Verbesserung des Fahrkönnens

#4 Beitrag von Larac4 »

Hallo,

@NTVTom

Da ich deinen Ausführungen insoweit nur Zustimmen kann, das man sehr wohl seine Grenzen Ausloten soll, jedoch das nicht unbedingt im öffentlichen Straßenverkehr hingehört (zumindest nicht da wo man einen Sturz einkalkuliert), ist eigentlich nichts hinzuzufügen.

Interessant ist jedoch gerade dein letzter Satz. Den er beinhaltet die Erkenntnis, das wenn man am Leistungslimit (vor allem in Kurven) der Schräglagenmöglichkeit seiner Maschine fährt, sich eigentlich jeder Möglichkeit beraubt noch zu reagiern.

In einer Kurve die man mit Schräglage durchfährt gibt es eigentlich nur 3 Möglichkeiten zu reagieren
(+eventuell Kombinationsmöglichkeiten)

a) Hochreissen (vergrößert Kurvenradius, daher eher die abwegigste Gefahrenkompensation bei hohen Geschwindigkeiten)

b) Drücken ( ermöglicht geringen Kurvenradius, daher man kann noch eventuell ausweichen. Geht nicht, wenn du schon im Grenzbereich deiner Reifen, was Schräglagenfreiheit anbelangt, fährst).

c) Bremsen ( Je schräger du in der Kurve bist, desto weniger Bremsleistung hast du.

Klar kann man seine Grenzen was Schräglagenfreiheit anbelangt auch im Straßenverkehr ausloten
(Wobei ich auch hier das bewusste Anlegen auf "Grenzerfahrungen" ausschliessen mag).
Allerdings ist man dort noch immer Verkehrspartner, daher gilt immer der Grundsatz:
So schnell zu fahren, das man noch rechtzeitig reagieren kann und die Beherrschung über seine Maschine nicht verliert

Heisst die Kurve muss einsehbar sein und die Strassenverhältnisse müssen einen Rutscher ausschliessen, sowie andere Verkehrsteilnehmer sollten durch eventuelle Fahrfehler (z.B. Kopf im Gegenfahrstreifen, eckiges Kurvengeiere,...) weder zu Fehlverhalten animiert werden, noch gefährdet werden.

Von Kuhscheisse und Rollsplitt oder anderen Unvorhersehbarkeiten abgesehen, in denen keiner Drinsteckt. Selbst diese Situationen kann man mit etwas Reserve für den Alltag oft etwas besser meistern, als wenn man auf der letzten Rille fährt.
(Ich gebs übrigens gerne zu, auch ich hab noch "Angststreifen"), allerdings liegt das auch etwas am fehlenden Vertrauen in meine Reifen.

Ansonsten schliess ich mich Gottfredl an, da ich wohl auch zu dieser Fraktion gehör.
Im übrigen ist Motorradfahren bei mir reines Hobby, und das will ich noch lange ausleben. :cheers:
Zuletzt geändert von Larac4 am 25. Jun 2009 06:43, insgesamt 1-mal geändert.

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Re: Verbesserung des Fahrkönnens

#5 Beitrag von Gottfredl »

Zu dem Punkt der Selbstbeobachtung würde ich noch gerne eure Meinungen und Erfahrungen wissen
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McClane
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Re: Verbesserung des Fahrkönnens

#6 Beitrag von McClane »

Selbstbeobachtung: Eine Erfahrung meiner selbst! :think:

nun gut, Selbstbeobachtung an sich geht bei mir selbst einher mit "Mir selbst auf die Pfoten klopfen", wenn ich etwas an meinem Fahrstil entdeckt habe, dass leichtsinnig und schlichtweg unnötig ist.

Ich sage nur mal schnell in die Arbeit fahren oder von der Arbeit nach Hause, mit der Betonung auf "schnell".

Kaum lässt man die Arbeitsstelle hinter sich, ein paar Kilometer in Richtung Autobahn gecruised, was nicht der Beachtung der Geschwindigkeitsbegrenzung im Ort zuzuschreiben wäre, sondern eher dem Warmfahren des Motors, schlängelt man sich mit dem Verkehr auf die Zubringerspuren. Hinter mir ein BMW der weit entfernt noch rechts daherkommt und ich schon mal links rüber weil vor mir ein Fahrzeug langsamer fährt :-)
BMW am Gasgeben der liebe Stefan mit seiner Grünen natürlich auch, BMW immer näher kommend, der mit der Grünen (also ich) nicht daran denkt, nach rechts auszuweichen und sich der Beschleunigung immer mehr anpassend. Alles wunderbar, der BMW kommt nicht am mich heran, viele Meter Abstand. Ich in gebückter Haltung schon auf dem Tank liegend und ahnungslos was sich da auf dem Tacho abspielt, weil "Interessiert uns in dem Moment mal nicht".
Nachdem ich doch einmal einen kleinen Blick auf dem Tacho riskiere, entdecke ich dort eine Zahl im Bereich von 195 km*h^-1 (oder auch km/h genannt... ich weiss ich bin ein alter Klugscheisser).
Der BMW kommt näher, denn hier ist natürlich Schluss für die Grüne.
Situation:
Abbremsen - ganz schlecht
rechts rüber - ging gerade nicht
wofür entscheidet sich mein Hirn welches gerade auf Standby in kleiner Stufe mitläuft?? => Ausspruch: Wenn ich ne ZX10 hätte wär das Alles kein Problem

"WUSCH" - Hirn lädt vom Standby Modus in den Aktiv Modus: Geschwindigkeit zurück, rechts rüber (da gings dann wieder)
Heimgefahren und erstmal mit sich selbst geschimpft. Absolut unnötige Aktion, nach dem Motto "Wer hat den Größeren?!"

ABER: Für die Zukunft gelernt, nämlich folgendes: "Extrem schnelles Fahren bringt mich auch nicht wirklich schneller von A nach B, selbst auf der Autobahn. (Zumindest mal auf etwas kürzeren Strecken) Zumal es das erhöhte Risiko einfach nicht wert ist.
Ich könnte über Selbsbeobachtung noch Einiges schreiben, gerade beim Motorradfahren. Aber weil ich eine alte Labertasche bin, solls mit dieser Episode bereits abgetan sein..... naja vielleicht! ;-)

Viele Grüsse
Stefan

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Larac4
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Re: Verbesserung des Fahrkönnens

#7 Beitrag von Larac4 »

Selbstbeobachtung hat viel mit der eigenen Wahrnehmung zu tun und wie wir unser Können selbst beurteilen.

Beispiel:

Wenn du auf der Autobahn einen Fahrstreifenwechsel machst und du schaust Grundsätzlich nicht dabei in den Rückspiegel (innen und außen) und machst auch keinen Schulterblick wirst du eventuell gar nicht erkennen, das du einen Fehler machst. Selbst wenn dich der andere Verkehrsteilnehmer anhupt und du dann in den Spiegel siehst, nimmst du die Situation eventuell anders wahr und ärgerst dich über den Drängler.

Die Situation die McLane beschreibt, erleb ich bei mir auch oft, das ich eibfach mein Hirn mal kurz auf Pause schalte.
Aber das ist meiner Ansicht nicht das Problem, den wie McLane es ja sagt, er hat seinen Fehler erkannt.
Erkennen kannst du deine Fehler aber nur, wenn du diese auch erstmal bei dir suchst und nicht bei anderen (kommt bei mir auch vor).
Wer gibt schon gerne zu Bockmist gebaut zu haben.

Ein gutes Beispiel hab ich noch, was verschobene Wahrnehmung angeht, auch wenns nicht ganz ins Thema passt.

In unserem Betrieb wurde für die Belegschaft ein Kurs von einer ortsansässigen Fahrschule über Energiesparendes Fahren angeboten.
Jeder der wollte hätte 1 Fahrstunde bekommen -- kostenlos.
Weil ich wie gesagt auch Fahrlehrer bin, haben sich ein paar Kollegen / innen an mich gewendet mit der Frage ob das denn was bringen würde.
Antwort, ja je nach Fahrstil kann der Verbrauch bis ca. 2 Liter weniger sein.
Das wollte aber anscheinend keiner hören, den jeder ist an mich herangetreten mit der Vorstellung ich würd sagen das das ein schmarrn ist.
Nach meiner Antwort war die Reaktion immer die selbe (4x). Ach so ein Blödsinn, ich kann fahren und so viel spart man nicht.
Tja, anscheinend ist ein gelernter doch ein Depp. Man glaubt ihm halt nur das was in sein Selbstbildniss auch reinpasst, den Rest negiert man.
An den Kurs hat übrigens keiner teilgenommen. Ich wollt, war aber an dem Tag nicht da. Denn mich hätte interessiert ob ich noch sparsamer Fahren kann.

surfopi
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Re: Verbesserung des Fahrkönnens

#8 Beitrag von surfopi »

Schön, dass Gottfried die Anregung von Theo aufgenommen hat.
So können wir alle ganz unaufgeregt zu diesem Thema plaudern.

1. 190 auf der Autobahn und dann nicht wissen was zu tun ist. Das sind Situationen, die bei mir, ich denke auch Theo, drinkalot und anderen gar nicht vorkommen, weil wir nicht so schnell fahren. Wo liegt der Reiz? Über diese Phase bin zumindest ich seit Jahrzehnten hinaus. Denn genau das ist höchstes Risiko. Spontane Lenkimpulse, Ausweichmanöver sind bei dieser Geschwindigkeit auf dem Motorrad unmöglich. Bei allem was ich von mir gebe, spreche ich von Geschwindigkeiten eher unter 100 km/h bis weit drunter.

2. Ein Motorrad lässt sich auch bei geringeren Geschwindigkeiten nicht durch eine Drehung am Lenkrad, wie beim Auto, in eine andere Richtung dirigieren. Es ist eine viel bewusstere, vorausschauende Fahrweise, was Linienwahl, Ausweichmöglichkeiten, Sicherheitsreserven, Straßenbelag, Risikofaktoren angeht, notwendig. Auch Panikbremsungen, zumal in Schräglage oder mit ABS sind, anders als beim Auto, immer delikat. Höchste Konzentration also, sobald es kurvig und unübersichtlich wird.
Relative Sicherheit ist nur mit großer Erfahrung möglich. Erfahrung kommt von fahren, probieren, üben, gemeisterten, glücklich oder unglücklich überstandenen schwierigen Situationen und eben auch negativen Erfahrungen.

3. Für mich heißt Motorrad = Kurven.

Nicht zum Angeben, sondern damit das, was ich äußere, verständlich wird.
Sollen andere Tausende km über die Autobahn zum Nordkap fahren oder die Wüste durchqueren oder längere Strecken zur Arbeit zurücklegen. Das hat sicher auch seinen Reiz. Bin als Student auch 10000 km in den Ferien unterwegs gewesen.
Aber Fahren beginnt für mich inzwischen dort, wo es kurvig ist. Bei über 300000 km, oft durch schlechtes Wetter, Schnee etc. scheue ich alles, was über 100 km Anfahrt zum Berg ist. Motorrad als Genuss, als Erlebnis und Herausforderung, Landschaft und Kurven.

Ich weiß nicht, wie viel Alpenerfahrung, Passstrecken, überhaupt anspruchsvolles Gekurve, Supermotokurse, Schotter oder auch Cross-, Trial-, Enduroerfahrung der einzelne von Euch hinter sich hat. Davon hängt sicher ganz wesentlich die Einstellung zum Motorradfahren, die Denk- und auch die Fahrweise ab.

Mir passiert es bei jeder anspruchsvollen Tour regelmäßig, dass mir Motorradfahrer auf meiner Fahrbahnhälfte entgegen kommen. Ausweichmanöver sind häufig notwendig. Das ging sogar so weit, dass ich blitzartig auf die Gegenfahrbahn ausweichen musste, um einen Zusammenstoß zu vermeiden. Der Entgegenkommende konnte dann rechts an mir vorbei bis zum rechten Fahrbahnrand ausbremsen, wo er im Zaun landete.
Hätte sich dieser Fahrer getraut, sein Mopped etwas mehr zu drücken in der Kurve oder scharf anzubremsen vor der Kurve, wäre er auf seiner Seite geblieben. Die Reserven unserer Versys z.B. sind fast unbegrenzt. Nur kennt sie kaum einer. Wie auch?

4. Verhalten der meisten Motorradfahrer: In den Bergen wähnen sich viele als Herren der Bergstrecke, meinen, der Mittelstreifen und mehr gehöre zu ihrer Fahrbahn. Denken nicht daran, dass sie in Schräglage, auf dem Streifen fahrend, weit auf die andere Fahrbahn ragen. Sie zwingen z.B. Radfahrer in Abfahrt zu halsbrecherischen Manövern, bis zum Sturz, werden selbst regelmäßig aus den Kurven Richtung Gegenseite getragen, weil sie sich nicht trauen, in der Kurve zu bremsen oder zu drücken oder von vornherein keine vernünftige Linie finden.
Stichwort: sich verengende Kurven!
Erfahrungen, die sicher jeder von Euch mit mir teilt.
Nicht die entgegenkommenden Autos sind die Gefahr, sondern die Motorräder.

5. Warum gibt es so viele Motorradfahrer, die "Kurve nicht können"?
In jedem Beruf, in der Schule, im Sport, in der Liebe, ist man bestrebt, sich so weit wie möglich zu verbessern, überall gehört Üben und nochmals Üben dazu. Und ausgerechnet beim Versys-Fahren soll das anders sein?

6. An die Bayern: Ideal zum Üben in diesem Sinne: Zellsee-St.Leonhardt im Forst und nach Peißenberg hinunter.
Zwischen Peißenberg und Wessobrunn.
Übersichtlich, breit, Supergrip, (noch) keine Begrenzung.
Bin auch gerne jederzeit mit dabei. Hab's immer nötig. Von mir nicht weit.
Wer andere "Übungsstrecken" kennt, soll sie bitte hier nennen.

Grüße vom Ammersee (und entschuldigt diesen ellenlangen Erguß)

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Re: Verbesserung des Fahrkönnens

#9 Beitrag von Gottfredl »

Was ich mich schon öfters gefragt habe: wie übe ich folgende Situation:
Du fährst eine Kurve zu schnell an und merkst es erst in voller Schräglage, wo (du glaubst, dass) keine Reserve für bremsen mehr da ist, oder eine Hundekurve, oder Hindernis in der Kurve bei voller Schräglage.
Die Theorie ist klar: keine Schräglagenangst und (noch mehr) drücken, aber kennt ihr das nicht? der Straßenrand kommt immer näher und du denkst nur noch uiuiui und packst es irgendwie aber völlig falsch, z.B. Stra0enrand fixieren statt eisern Blick zum Kurvenausgang und beim darüber nachdenken ist dir klar: einfach noch mehr drücken, der Reifen packt das. Wie übt man sowas ein?
Ich fahr schon wirklich lange, aber das hab ich immer noch nicht drauf.
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Re: Verbesserung des Fahrkönnens

#10 Beitrag von bradpit »

@ ntv Tom und Surfopi, eigentlich habt Ihr schon alles gesagt. Ist auch meine Meinung.
Unfälle und Rutscher kalkuliere ich aber keinesfalls ein.
@ Gottfredel üben um die Angst vor der Schräglage zu verlieren und die Maschine tiefer drücken, kurfeninneren Fuss anheben und so tief runter das die Raste kratzt weil irgend wann geht Dir sonst die Strasse aus.( Ist eben manchmal nötig)
Selbst dann hat ein MPR2 oder Roadsmart noch genügend Grip.
MC Lane@ Du wolltest dem BMW eben mal zeigen wo der Hammer hängt.
Habe ich auch schon gemacht, allerdings mit meinen grossen ZZRs. Sollte man mit der Versys halt nur auf engen Landstrassen machen, da hast Du auf der Bahn keine Chance.

Ansonsten habe ich schon vor ein paar Jahren ,, Die Obere Hälfte des Motorrads " gelesen und auch geübt.
Hauptsächlich die Fluchtwegübungen, welche ich auch schon ein paarmal gebraucht habe.
Gruss Peter

Sir Drinkalot

Re: Verbesserung des Fahrkönnens

#11 Beitrag von Sir Drinkalot »

Oktober 1987, meine erste Fahrstunde mit einem Motorrad.Die Fahrlehrerin schiebt eine zerschrabbelte CB450S aus der Garage und setzt sich selber drauf,ich soll mit dem Golf Diesel folgen.Wir parken im Gewerbegebiet an einem Wendekreis und ich darf ein paar Meter hin und herfahren.Dann nimmt sie mich ins Gebet: fahr soviel Schräglage wie möglich,bevor die Kiste nicht aufsetzt kommst du nicht auf die Straße.Für diese Lektion bin ich der Frau ewig dankbar.Genau darum gehts: nur durch ständiges Üben bin ich in Notsituationen gelassen genug um auf verschiedene Retttungsanker zurückzugreifen die mir den A#sch retten.Wer im Kreisverkehr die Honda auch nach etlichen Fahrstunden nicht zum aufsetzen brachte war damit eine Gefahr für sich und andere und durfte nicht auf die Strasse,basta.Das hat nichts mit Heizen oder Spinnerei zu tun,das ist meine Lebensversicherung.
22 Jahre später,etwa 250.000 km gefahren,viele davon im Winter ohne Auto und ich hatte nie einen ernsthaften Unfall (Ausrutscher im Regen zählen nicht,höhere Gewalt).Üben tu ich immer noch,damit das auch so bleibt.Nur einmal hat es übel gekracht.Ich hab damals meine Rotax KTM 600 angeschoben (nix mit E Starter),verpasse beim Aufspringen die Fußraste und lande mit dem Knie zuerst,gebrochen bei 10 km/h...Ansonsten kann ich noch Mountainbikefahren zum Verbessern des Fahrkönnens empfehlen.Ich meine damit aber nicht den Neckartalradweg sondern schon etwas technisch anspruchsvolles.Das hält fit und schärft die Reflexe,kann man beides auf dem Motorrad gebrauchen.In Bad Wildbad gibt es einen schönen Downhillpark,da kann man sich richtig die Kante geben und landet schön weich auf dem Schwarzwaldboden.Nirgendwo lassen sich das Balancegefühl und Ausweichmanöver besser trainieren als offroad,zudem ist es im Vergleich zum Motorradfahren spottbillig.
Zuletzt geändert von Sir Drinkalot am 26. Jun 2009 00:37, insgesamt 3-mal geändert.

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Re: Verbesserung des Fahrkönnens

#12 Beitrag von Gottfredl »

Hallo ihr Lieben,
die Diskussion um die Schräglagenangst ging meines Erachtens nicht in die richtige Richtung.
Es geht nicht um die Angst vor Schräglage, sondern um die Angst bei Gefahrensituationen noch schräger zu fahren als man es gerade tut; also im Schreck Angst davor, die Grenzen des Motorrades auszunutzen. Soweit ich weiß, ist das eine sehr häufige Unfallursache.
Natürlich übt man Schräglage und es ist ein besonderer Reiz des Motorradfahrens, wenn man sich stetig dabei verbessert (an der Stelle danke an Karl für die geile Übungsstrecke :sabber: und die Tipps) und klar verbessert man dann auch sein Fahrkönnen, aber wenn man dann in der normalen Verkehrssituation die gerade erreichte Grenze fährt und sich dann in der Gefahrensituation nicht traut, noch schräger zu gehen, hat man nichts gewonnen. Einer, der mit breitem Sicherheitsstreifen durch die Gegend fährt und in der Gefahr dann schräger gehen kann, fährt dann unter Umständen sicherer als der Rastenschleifer.
Man müsste den Bewegungsablauf konkret üben können, also schräg in die Kurve, ein Hindernis einbauen und innen daran vorbei.
Das geht wohl kaum auf öffentlichen Straßen. Kennt jemand in und um München ein ausreichend großes Gelände? Übt ihr sowas oder kennt ihr passende Übungen?

Gottfried
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Re: Verbesserung des Fahrkönnens

#13 Beitrag von Larac4 »

@Gottfredl
Du hast es erkannt. Dein 2ter Absatz ist das was ich gemeint hab. Ohne Sicherheitsreserve zu dem eigenen Maximalkönnen und der max. Fähigkeit der Maschine gehts ned.
Was ned heissen soll, das man übt.

Aber allein üben bringt da nichts. Denn keiner sagt dir was du falsch machst bzw besser machen könntest.
Keiner gibt dir Tipps und Tricks
Keiner wirft dir das Hinderniss vor die Füsse.
....
Ergo Sicherheitstraining, für dich wohl eventuell spezialisiert auf genau solche Gefahrensituationen.
Übrigens, gerade das überwinden von Schräglagenängsten kann man einfach selber in einer Kreisbahn üben.
Sind überall dort, wo Fahrschulen üben.... und am Sonntag, da übt keine. :pfeif:

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Re: Verbesserung des Fahrkönnens

#14 Beitrag von bineweis »

Wow, super Thread. Ich weiß gar nicht, worauf ich zuerst antworten soll.

Ich kann mich den meisten nur anschließen. Aber mein Motto lautet: Üben - sowohl fahrerisch als auch mental (Die obere Hälfte des Motorrads plus Übungsbuch) und jedes Jahr ein Sicherheitstaining.

Ich persönlich möchte gerne zügig bis schnell fahren, jedoch nur da wo es geht. Kenne ich die Strecke nicht, fahre ich die Kurve lieber 5 km/h langsamer aber mit genug Zeit, die Straße (Dreck, Splitt, Hubbel) zu scannen, auszuweichen, zu drücken usw.

Mein Angststreifen ist sehr dünn aber ich fahre nicht risikobereit und immer noch langsamer als die, die schon jahrzehntelang fahren (also mit bradpit komme ich noch nicht ganz mit - wir reden in 2 Jahren nochmal, gell :razz: :razz: :razz: ).

@gottfredl: Ich denke, man sollte auf der Hausstrecke schon mal üben bis an die Grenze der Reifenhaftung zu gehen, damit man im Ernstfall nicht so einen Schreck bekommt, denn der Körper kennt ja das Gefühl der extremen Schräglage nicht.

Ich beobachte mich ständig und betrachte meine 2 Jahre Fahrpraxis und 30.000 km als volle Übungszeit. Ich bin noch lange nicht fertig mit üben und freue mich auch darauf, weil den Reiz des Motorradfahrens für mich dieses Perfektionieren ausmacht.

So, jetzt tut mir die linke Hand weh - 's reicht ;)
Liebe Grüße
Bine

Liebe Dich selbst, dann können die anderen Dich gerne haben...
Dr. med. Eckart von Hirschhausen

Lütten

Re: Verbesserung des Fahrkönnens

#15 Beitrag von Lütten »

Ich bin auch eher der Meinung, dass Motorradfahren ein fortwährender Lern- und Übungsprozess ist. Sobald man der Meinung ist nichts mehr dazu lernen zu müssen, ist Gefahr in Verzug.

Fahre auch nie im "Grenzbereich". Vor drei Wochen bin ich bei herrlichen Wetter eine vertraute Strecke gefahren. Langgezogene Linkskurve mit ca 105 km/h (mit 130 km/h fahrbar) angefahren und am Scheitelpunkt eine ganz leichte Kiesbedeckung entdeckt. Im selben Moment merkte ich auch sch, dass das Hinterrad wegrutschte. Und dann ging alles ganz schnell.....................ich weiß nur noch das ich die Versys auf dem Grünstreifen wieder unter Kontrolle hatte. Was und wie ich zwischen rutschen und abfangen getan hab weiß ich nicht mehr. Da spullte wohl ein eingeübtes Notfallprogramm ab.

Noch mal vielen Dank an das Fahrsicherheitszentrum in Lüneburg! :top:

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Re: Verbesserung des Fahrkönnens

#16 Beitrag von Gottfredl »

Hallo Lütten,
gratuliere zum glimpflichen Ausgang. Gottseidank war´s keine Rechtskurve.
Erzähl mal, wie du das "Notfallprogramm" eingeübt hast.

Gottfried
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Sir Drinkalot

Re: Verbesserung des Fahrkönnens

#17 Beitrag von Sir Drinkalot »

Auf die Frage von Gottfredl was man tun kann wenn man viel zu schnell in die Kurve fährt:

1. nicht verkrampfen,cool bleiben
2.nicht bremsen,nicht die Kupplung ziehen
3.Fuß von der Kurveninneren Fußraste nehmen und möglichst weit nach vorne strecken,damit wird mehr Gewicht auf das Vorderrad gebracht und es rutscht später weg.
4.Bike maximal in Schräglage drücken,nicht legen
5.möglichst langsam wieder aufrichten da die Gabel sonst zu schnell ausfedert und das Vorderrad den Bodenkontakt verliert.

Das alles geht nur nach vielen Übungen automatisch.Ich habe zum Glück einen stillgelegten Militärflugplatz in der Nähe (Malmsheim bei Stuttgart).Keine Angst vor aufsetzenden Fußrasten,das geht bei der Versys recht schnell und ist noch lange nicht das Ende der möglichen Schräglage.Hinten ist die V praktisch garnicht zum wegrutschen zu bringen,nur mit viel Gas bis in den 2.Gang.Vorne wird es erst eng wenn die Fußrasten schon weit hochgeklappt sind und die Lenkung plötzlich auffällig leicht geht.
Aber so ist niemand auf der Strasse unterwegs (auch ich nicht) und damit gibt es IMMER genug Reserven die V noch tiefer in die Kurve zu drücken als man es für möglich hält.Man muß es sich halt nur trauen,aber das geht gut wenn man weiß was im Fall X zu tun ist.

Also: üben,üben,üben.

Lütten

Re: Verbesserung des Fahrkönnens

#18 Beitrag von Lütten »

@Sir Drinkalot

Dem ist nichts mehr hinzuzufügen! :clap:

Und man kann es nicht oft genug erwähnen: üben, üben, üben........................

nordluecht

Re: Verbesserung des Fahrkönnens

#19 Beitrag von nordluecht »

... es gibt noch Eines zu bedenken :
das Motorrad kann mehr, als es die Verkehrslage meist zuläßt.

Daher stimme ich den Aussagen, dass Training - besonders mit einem beobachtenden Dritten -
zum wiederkehrenden Programm gehören muss. (Lütten, ADAC Embsen ist schon super !)
Dann bin ich auch eher in der Lage auf Fehler anderer Verkehrsteilnehmer zu reagieren.
.. nur was nützt das im Zweifel, wenn ich physikalisch die Kuvenkombination auf
Ideallinie mit 160 fahren kann, mir aber ein Vollidiot auf meiner Strassenhälfte die Kurve schneidet oder der Traktor aus dem Feldweg einbiegt. Bei 110 habe ich nicht deutlich weniger Fahrspaß aber möglicherweise die Bruchteile längere Reaktionszeit zum Überleben---

:stop: Fazit : nicht alles was geht ist sinnvoll !

Lütten

Re: Verbesserung des Fahrkönnens

#20 Beitrag von Lütten »

Das stimmt ich nimm auch immer das Tempo wtwas raus um dieses Quentchen Reserve zu behalten. Meine Freunde mit Ihren Supersportlern belächeln das zwar, aber ich bin der Einzige gewesen der die Originalverkleidungen (auch nicht geflickt) an seinen Moppeds hatte. :D

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