Zu der Zeit des Höhentreffens war ich ein paar Tage in Malcesine, um Karl (Surfopi) und seine Frau im Urlaub zu besuchen.
Karl hatte selbstverständlich sein Motorrad dabei.
Nun äußerte er im Vorfeld die Idee, Johannes (blahwas) zu fragen, ob wir drei uns nicht an einem Tag zu einer gemeinsamen Tour treffen wollten – Barbian und Malcesine sind schließlich nicht so weit voneinander entfernt (Naja, alles ist relativ … immerhin sind‘s 140 km).
Ich fand’s klasse, schließlich kannte ich Johannes bis dahin nicht persönlich (im Gegensatz zu Karl), und das wäre eine schöne Gelegenheit, das zu ändern. Flugs unseren Forumschef kontaktiert, ob er dazu auch Lust hätte.
Hatte er!
Schließlich kam also der Dienstag – und mit ihm blahwas an den Gardasee. Netterweise fuhr er uns nämlich die gesamte Distanz entgegen. Angedacht hatten wir eigentlich, uns irgendwo auf halber Strecke zu verabreden. Dass Johannes dafür sogar das Frühstück im Hotel ausfallen ließ und um sieben Uhr aufgebrochen war, um frühzeitig bei uns einzutreffen, ehrt ihn umso mehr.
Etwa kurz vor Zehn – ich war gerade dabei, mich durch den Frühstückstisch von Uschi und Karl durchzuschmarotzen – hörten wir ein hinlänglich bekanntes Motorgeräusch, und eine ziemlich bunte Versys rollte auf den Platz. (Da ich bereits ziemlich satt war, konnte ich meinen Futterneid gegenüber diesem potentiellen Nebenbuhler am Esstisch einigermaßen unterdrücken … nicht auszudenken, wenn er deutlich früher erschienen wäre.)
Nach der Begrüßung noch kurz zusammengesetzt und die Tour besprochen, dann ging es bei wunderschönem Wetter los, am Seeufer entlang nach Süden. Aber schon kurz darauf setzte Karl den Blinker links, und wir bogen von der Gardesana ab auf die oberhalb gelegene Panoramastraße. 24 Stunden vorher kannte ich die noch nicht, und nun war ich da bereits zum zweiten Mal unterwegs. Karl hatte mich da nämlich schon am Abend drübergescheucht.
Jetzt wurde es fahrerisch schon richtig lustig. Aber nicht genug – dreimal um die Ecke, fünfmal abgebogen, mehrfach im Kreis, und sie war weg: meine Orientierung!
Nun bin ich einerseits eher misstrauisch, andererseits ziemlich gewitzt und hatte wohlweislich Brotkrumen längs der Strecke gestreut. Dazu später mehr!!!
Jedenfalls fuhren wir plötzlich auf Wegen durch den Wald, die garantiert keine Militärstraßen aus dem Ersten Weltkrieg darstellten – dafür waren die damals schon zu alt und zu schlecht im Zustand.
Zwar fahre ich sowas grundsätzlich ganz gerne, und die Multistrada macht das auch mit. Aber ganz ehrlich: für alles jenseits der Schrittgeschwindigkeit ist mir meine italienische Diva da zu schade. Also sag ich zu den beiden Heißspornen, sie mögen bedenkenlos zufahren, ich folge langsam und unauffällig.
Der letzte Halbsatz hatte noch nicht meine Lippen verlassen, da flog mir auch schon der Kies wie Schrot um die Ohren, und Karl und Johannes entschwanden mit schlingernden Moppeds und durchdrehenden Hinterrädern am Horizont. Minutenlang stand noch eine Staubwolke in der Luft und der zarte Duft von verbranntem Gummi war zu vernehmen.
Die Falle
Als sich die Schwaden allmählich gelegt hatten, das satte Grün des Waldes vor meinen Augen auftauchte und die Vöglein wieder zwitscherten, tuckerte ich los.
Nichtsahnend, dass von dieser Rumpelpiste bald weitere Wege abzweigten. Shit!
Da standen wir drei also: Die Duc, die Abzweigung und ich.
Wer nicht dort stand, das waren Karl und Johannes. Zu hören war auch nix.
Nach alter Pfadfindersitte hab ich dann erstmal ein Ohr auf den Boden gelegt, aber außer Staub im Gehörgang brachte das wenig.
Also weiterfahren. Ich entschied mich für den linken Weg, doch nach einem Kilometer entschloss ich mich, zur Gabelung zurückzukehren. Was wäre, wenn ich auf dem falschen Weg bin und mich die anderen schon suchten.
Auf dem Rückweg kam ich noch an einem Pfefferkuchenhaus vorbei, aus dem mir eine alte Frau zuwinkte.
Doch erstens mag ich keinen Lebkuchen und zweitens war die Frau WIRKLICH ALT – also fuhr vorüber.
Zurück am Abzweig, war jedoch weit und breit niemand. Langsam beschlich mich ein Verdacht: War das alles kein Zufall sondern ein von langer Hand geplanter Coup??? Wollten mich die zwei hier in der Wildnis aussetzen und von den Wölfen, Bären oder Mücken fressen lassen? Das alles nur, weil ich der Versys untreu geworden bin?
Man kann doch über alles reden. Die Duc ist doch eh eine Diva … manchmal sogar eine Zicke. Saufen tut sie auch. Wenn ich versprech‘ … gleich morgen … beim Kawa-Händler … schnüff?
Aber halt – da waren ja noch meine Brotkrumen! Ha! Mit mir nicht – nicht mit mir! Mich einfach auszusetzen. So, jetzt such‘ ich die Brösel und fahre zurück in die Zivilisation. Ätsch!
Doch, oje! Wo ist das Brot hin? Alle gefressen von irgendwelchen Vögeln. Plödn Krähen, plödn. Möge das Federvieh Sodbrennen bekommen …
Die Rettung
Während ich noch über die Ausweglosigkeit meiner Lage sinniere, knattert es von rechts, und die zwei kommen mit Unschuldsmiene den Berg herunter. Sackgasse! Das hatten sie wohl nicht bedacht.
Irgendwas ist außerdem am Gipfel vorgefallen. Johannes handwäschegepflegte Erst-Lack-Versys wies nämlich deutliche Kampfspuren auf und er zog leicht ein Bein nach...
Achtung, das folgende Bild ist nichts für schwache Nerven, zeigt es doch tiefe Abschürfungen und zerfetzte …
… Gepäckspinnen. Keine Ahnung, was die zwischentzeitlich angestellt hatten.
Hauptsache, ich war gerettet, und ich beschloss, die zwei für den Rest des Tages nicht mehr aus den Augen zu lassen.
Nachdem die Straßen auch so langsam wieder so etwas ähnliches wie festen Belag aufwiesen, heftete ich mich an die Hinterräder der anderen. Noch einmal schüttelt Ihr mich nicht ab.
So fuhren wir locker und flüssig in angemessenem Landstraßentempo von Süden auf die Monte-Baldo-Höhenstraße hinauf. Wer schon mal auf dem Baldo war, weiß, dass es da oben kaum einen Meter geradeaus geht. Ein BMW-LT-Fahrer, dessen Musikdampfer ich nur als Silberstreif wahrnahm (wahrscheinlich weil ER so gerast ist), zeigte uns, glaube ich, einen Vogel … so genau konnte ich das aber nicht erkennen.
Wir hatten jedenfalls mächtig Spaß und Johannes langsam keine Fußrasten mehr – zerrieben in südländischem Teer.
Dann ging’s einmal die Traumstrecke nach Avio runter, wieder rauf, um schließlich im Rifugio Bocca di Navene einzukehren.
Der Panoramablick von dort auf den Gardasee hinunter und die beeindruckenden Berge an seinem Westufer ist jedesmal wieder eine Sensation.
Glücklicherweise herrschte kein großer Andrang, und so fanden wir einen schönen Platz auf der Terrasse.
Nach ausgiebiger Pause beschlossen wir, gemeinsam nach Mori hinabzufahren und uns in Nago voneinander zu verabschieden.
Karl trat von dort die Rückfahrt an, und ich beschloss, Johannes ein Stück auf seiner Heimreise über den Lago di Tenno und den Molvenosee zu begleiten.
In Ponte Arche trennten sich schließlich auch unsere Wege. Da mittlerweile bedrohliche Wolken aufgezogen waren, bemühte sich jeder von uns, so schnell wie möglich nach Hause zu kommen – was bis auf einige kleine Schauer auch glückte.
Für mich war es ein ausgesprochen gelungener Moppedtag. Wie hatten zusammen mächtig Spaß und überwiegend tolles Wetter. Besonders hab ich mich gefreut, Johannes kennenzulernen, und ich hoffe, das war nicht unsere letzte gemeinsame Tour.
Durchschnitt 6,5 Liter Diesel mit Hänger auf dem Weg in die Rhön 
oder?
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