Andalusien sportlich auf MT-09

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blahwas
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Andalusien sportlich auf MT-09

#1 Beitrag von blahwas »

Idee
Ostern habe ich vier Tage frei genommen. Neben einem Familienurlaub mit Heimatbesuch wollte ich als Ausgleich auch Individualurlaub machen, und zwar ganz dringend Motorradfahren. Da die langfristige Wetterprognose eher negativ war, und weil ich das schon immer mal machen wollte, habe ich mich für Andalusien (im Süden Spaniens) entschieden. Und auch, weil man nur dort Yamaha MT-07/MT-09 mieten kann. Da sie das gleiche kosten, und weil ich die MT-07 bereits gefahren bin, habe ich mich für die MT-09 entschieden. Der Vermieter sitzt 10 Autominuten vom Flughafen Malaga entfernt, der von diversen Airlines von diversen deutschen Flughäfen angeflogen wird, und das spottbillig. Bonusmeilen konnte ich leider wieder keine einsetzen, weil meine Businessairlines keine Flüge zu den passenden Terminen hatten, oder weil sie schon ausgebucht waren. Aber irgendwann kriege ich die Prämienmeilen schon noch weg, und Urlaubsflieger sind bekanntlich nicht teuer. Als Hotel wähle ich ein günstiges 2-Sterne in einem Dorf namens Jubrique mit unter 1000 Einwohnern unweit von Ronda, das WLAN auf den Zimmern hat. Ich brauche keine Luxus im Urlaub und ich will keinen Trubel von Hauptorten. Ronda ist mir ein Begriff aus den Berichten diverser Motorradjournalisten. Hier stellen die Hersteller gerne ihre neuen Modelle vor, und zwar gerade in den kühleren Jahreszeiten.

Donnerstag, Anreise
6 Uhr aufstehen, 7 Uhr aus dem Haus, 8 Uhr bei Freundin rein und gemeinsam frühstücken, 9 Uhr raus, 9:45 sind wir am Flughafen Dortmund mit reichlich B1-Stau. Genau ein Flug hatte Verspätung wegen des Fluglotsentreiks in Frankreich, nämlich meiner! Und zwar waren 1:15h Verspätung angesagt. Daraus wurden dann 2:20h. Mal hinterher die EU Fluggastrechte bemühen... Ryan Air gilt als die Mutter aller Billigflieger und ist gerade für die Handgepäckregelung berüchtigt. Ich reise mit einem Helm in der Hand und einem Stoffbeutel auf dem Rücken, wo ein Tankrucksack voller Klamotten und ein zweiter etwa gleich großer Rucksack voller Elektronik, Technik und Unterhaltung drin sind. Der Beutel sollte so genau als Handgepäckstück durchgehen, aber der Helm geht eigentlich gar nicht. Aufgeben würde ich den aber im Leben nicht, erst Recht nicht, wenn es 50 Euro extra kostet. Es hat dann tatsächlich keiner danach geguckt oder etwas dazu gesagt.

Die Verspätung ist für mich nicht so schlimm, denn von meiner planmäßigen Landung um 13:45 bis zur Öffnung des Motorradvermieters in unmittelbarer Nähe (10 Minuten/15 Euro Taxi) wären noch knapp 3 Stunden Zeit gewesen. So kam ich dann zeitgleich mit dem Vermieter am Laden an und konnte ihm beim Aufschließen zugucken. Die MT-07 war auch da, mit Steckdose und Pilot Road 3, während meine MT-09 keinen Strom verteilt, aber den uralten, allerersten Pilot Road montiert hat. Nach heutigen Maßstäben also Holzreifen. Die halten länger, sagt der Vermieter. Und dass man damit bitte aufpassen soll. Toll? Offroad darf man nicht fahren und es ist GPS unter der Bank, um das Mopped bei Diebstahl zu orten. Der Sensor erkennt auch Unfälle und Umfaller. Die Geschwindigkeit oder Streckenwahl überwacht es aber (angeblich) nicht. Ich frage mich so im sportlichen Ehrgeiz, wie oft ich den Erschütterungssensor wohl bei meiner spaßorientierten Fahrweise auslösen werde :) Ich hatte richtig Bock auf den Bock. Die MT-09 gefällt mir optisch. Schlicht, schlank, stark und leicht. Konnte meine Augen kaum davon lassen, wie sie so vor der Vermieterbude stand.

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Naja, wurst, loooooooooos, jaaaa, da muss man mit dem Gas aufpassen. Bis zum Ortsausgang hinterlasse ich 2x Spuren auf dem Asphalt, aber
freiwillig, um die Grenze kennenzulernen.

Meine geplante Route sollte nördlich an den nächstbesten Bergen vorbeiführen, da war aber klar erkennbar Regen. Also habe ich kurz umgeplant und bin südlich vorbei. Kleine Nebenstrecken laut Navi, endlose kleine Dörfchen mit noch kleineren Tempolimits laut Realität. Hallo? Was'n da los? Die wären selbst in Meilen noch problemlos zu übertreffen. Wenn man nebenbei das Navi programmiert. Tempo 30 außerorts wegen schlechter Wegstrecke, naja, nö! Auch wenn es anscheinend kürzlich massiv geregnet hat und heute auch so aussieht, als würde es bald losgehen, da bestimmt geht mehr.

Dann kamen irgendwann Hauptstrecken, wo man es fliegen lassen konnte. Erkennbar vor wenigen Jahren neu gebaut, führen sie breit und in weiten, aber nicht zu weiten Radien in Richtung Hinterland. An einem großen Überland-Kreisverkehr war dann genau die Abfahrt gesperrt, die ich gebraucht hätte. Also nehme ich eine andere. Die Strecke hier ist in wirklich schlechtem Zustand und sie führt zu einer Kreuzung von insgesamt sieben Strecken, die alle in sehr schlechtem Zustand waren. Das Navi kennt nur 4 davon und will mich auf die erkennbar Schlechteste schicken. Ich denke mir nööööö, ich nehme die eins daneben, die am besten ausgebaut aussieht. Das war sie aber nicht, die wurde bald darauf zum Schotterweg und dann zur Lehmpiste. Schöne scheiße, aber wird hoffentlich bald besser. Nee, wird schlechter, und endet dann irgendwo. Das Navi wollte mich wieder auf die gesperrte Strecke zurück schicken, die ich von hier aus sehen kann, aber mit Büschen dazwischen. Okay, dann erkläre ich dem Navi mal, dass das nicht geht (zum Glück habe ich eine Funktion dafür). Das Navi plant um und schickt mich zurück zur 7er-Kreuzung. Also zurück - ich erkenne eine Abkürzung, die sich näher an der gesperrten Strecke hält und nehme sie. Die sah auch nicht schlimmer aus. Das war sie aber leider doch! Lehm und Nass + Straßenreifen in 17" = HMPFLGR! Das Mopped wurde ganz schön eingesaut und ein paar Mal war ich arg am rudern. Mit Tempo 20 war dann alles stabil, Hauptsache raus.

Irgendwann war ich zurück an der 7er Kreuzung, und zwar an dritten Möglichkeit. Zwei weitere führen zu einsamen Häusern, also #6: Diese führt zwar in Richtung des Kreisverkehrs von dem ich kam, als Lehmpiste natürlich, und endet an einem Haus. Nope! Ich fluche laut in den Helm. #7 wird ebenfalls innerhalb kürzester Zeit zum Trampelpfad und ich scheiße drauf, keinen Bock auf einen sinnlosen Sturz. Also einfach zurück zur Hauptstrecke und am Kreisverkehr die letzte noch offene Option gewählt - die gleiche wie die meisten Autos übrigens - und einfach weiter der Hauptstrecke gefolgt. Irgendwann war auch das Navi damit einverstanden. Es zeigt als Ankunftszeit am Hotel 21 Uhr an. Oha, das wird dunkel, also bloß nicht rumtrödeln.

Auf der Hauptstrecke ist zwar etwas Verkehr, aber man kann gut überholen. Über Motorradfahrer mit dreistelligen Geschwindigkeiten wundert sich auch niemand und die Fahrbahnmarkierungen sind griffig. Immerhin sind die Straßen ja trocken, was man von der Natur rundum nicht behaupten kann. Die Temperaturen sinken mittlerweile von 18° am Anfang auf nun 14°.

Ich mache gut Strecke und mir deshalb auch keine Sorgen, als ich in ein Dorf abbiege, das nicht so aussieht, als würden dort oft Leute durchfahren. Aber hinter dem Dorf führt eine breite Strecke raus und man kann schon aus der ferne sehen, wie sie sich durch die einsame Landschaft windet. Wunderbar!

Moment, warum endet der Asphalt schon wieder? Naja, Schotter ist ja nicht so schlimm, einfach etwas langsamer fahren, ist ja trocken und eben und es sind keine Steine drin.
Moment, warum hat der Schotter Furchen? Naja, Furchen sind ja nicht so schlimm, einfach draußen bleiben ODER drin bleiben und etwas langsamer fahren. Sind ja keine Steine drin und es ist trocken.
Moment, wo ist der Schotter hin? Das ist doch eher Lehm hier. Naja, ist ja nicht so schlimm, ist ja trockennnnnnnnnn, nein, hoppla, nicht überall, denke ich mir so, als ich bei Tempo 20 das Vorderrad wieder einfange.

Okay, so richtig toll ist das nicht, aber das wird bestimmt bald wieder besser. Spätestens bei der nächsten Abzweigung. Wann kommt die denn, was sagt das Navi: SIEBZEHN KILOMETER!#!?!!!! verdammt Sche.... Aber zurück wäre ja noch kacker. Also weiter, Abenteuer und so, ist doch nicht schlimm, immerhin kein X Y Z, achso, doch, naja, Hauptsache weiter. Immerhin, kein Verkehr - das bliebt auch so. Ob das ein Vorteil ist, falls man doch mal stürzt, darf man auch bezweifeln. Als noch 8 km auf dem Navi stehen zeigt die Ankunftszeit 21:40 an und die Sonne nähert sich dem Horizont. Unschön! Da fällt mir ein, ich bin heute um 6 Uhr aufgestanden und habe heute noch nix richtiges gegessen. Das steht so auch nicht in den Fahrsicherheitshandbüchern. Als eine Pause eingelegt, wärmer angezogen, Schoki und Wasser zu mir genommen.

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Dann musste ich aber auch weiter, die Uhr tickt schließlich. Zwischendurch taucht so etwas ähnliches wie Asphalt auf und lässt Hoffnung aufkommen, der endet dann aber auch wieder.
Und dann, ohne jeden Hinwies in Landschaft oder Navi, hinter einer Kuppe, mündet der Lehmpfad plötzlich in eine prima ausgebaute Straße nach EU-Standard, deren rechte Seite laut Navi gar nicht vorhanden sein sollte. Supergeil! Nie zuvor war ich so froh, Asphalt zu erblicken! Ich hatte echt Lust, „den Papst zu machen“ und niederzuknien. Aber ich hatte es eilig. Also flugs den Schmodder von den Reifen geschleudert und APPP dafür! Alle Zwischenziele aus dem Navi geschmissen, Gas festgespaxt und durch die Kurven gebraten als gäbe es kein Morgen, ich will ja schließlich nicht im Dunkeln in einem fremden Land mit unberechenbaren Straßenverhältnissen Motorrad fahren, am besten noch offroad, wegen der Sicherheit und so.

Dass ich die erste Nacht auch ein anderes Hotel hätte nehmen können, der Gedanke kommt mir erst 30 Minuten vor dem Ziel. Vorher kommt feinster Kurvengenuss auf einsamen Bergstrecken, wo viel im dritten bis fünften Gang geht, sehr wenig Verkehr ist und wo zahlreiche sinnlose Schilder rumstehen, z.b. 10 km "Tempo 50 wegen Steinschlaggefahr" trotz großem Abstand Berg-Straße und einem Graben dazwischen. In den Höhenlagen kam dann Nebel dazu und es dämmert stark. Die Wolken zogen von links aus dem Tal den Berg hoch, diffuses blaues Licht, die hüfthohe Mauer zur Teilseite schützt die Straße erkennbar vor Einschränkungen der Sichtweite, weil die Wolken drüber hinweg ziehen - ein sehr mystisches, leicht apokalyptisches Szenario. Es fehlten eigentlich nur noch die anderen drei Reiter. Wobei, zum sportlichen Fighten wären mir diese Bedingungen zu heikel gewesen.

Knapp vor Ronda schockt mich eine Großbaustelle. Auch das noch? Aber dank geschickter Wendemanöver komme ich meinem geplanten Weg sehr nahe und auf die richtige „Bundesstraße“. Jetzt noch 1x über Land fahren, 1x abbiegen, 1x über Land fahren und ich bin am Ziel! Beim Abbiegen im Ort nimmt das Navi den "schnellsten" weg, wenn man schnell mit "Höhenmeter pro Sekunde" übersetzen würde, also zickzack mitten zwischen den Häusern durch statt auf der Hauptstrecke zu bleiben. Mittlerweile hatte es nur noch 11° und meine Brille quittiert diese Schleicherei mit intensivem Beschlagen. und die Anwohnern quittieren ein wüst umhersuchende MT-09 in der abendlichen Dorfromantik mit fragenden Blicken, teilweise aber auch mit Bewunderung.

Irgendwann finde ich aber dann den Ortsausgang, und das Navi zeigt einen Bildschirm voller Zickzack voraus an. Mittlerweile kann man klar von Dunkelheit sprechen. Wir tasten durch die Nebenstrecke mit ihrem Kurven- und Kehrenlabyrinth, und mit dem letztem Funken Licht rollen ich am Hotel aus. Der Wirt, Pedro, empfängt mich noch an der Tür und öffnet sie nicht nur mir, sondern auch der MT-09.
Hier parkt man drinnen, egal ob das Mopped dreckig ist. Immerhin, es ist trocken.

Pedro ist sehr umgänglich, kann ganz gut englisch und wertet das Hotel deutlich auf: 2 Sterne heißt elektrischer Heizungsofen auf Rädern im Zimmer und Kohlenofen im Restaurantbereich, der ihn nicht nur wärmt, sondern auch komplett einnebelt. Zu essen zaubert er mir noch schnell einen Salat und ein warmes Sandwich, schon bin ich zufrieden. Dafür gibt es überall WLAN, auch im Zimmer. Zimmer und Bad sind sauber, der Radiator wärmt das Zimmer effektiv auf, Warmwasser funktioniert und das Bett ist bequem - was will man mehr? Schallisolation zu den Zimmernachbarn vielleicht, aber die gehen auch bald schlafen und so ranze ich entspannt weg.

Insgesamt war das heute ein anstrengender Anreisetage, aber er lieferte auch einen verheisungsvollen Ersteindruck von Landschaft, Strecken und Mopped!

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fransjup
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Re: Andalusien sportlich auf MT-09

#2 Beitrag von fransjup »

Ich freue misch schon auf die Fortsetzung
Gruß fransjup
gruß fransjup

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George
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Re: Andalusien sportlich auf MT-09

#3 Beitrag von George »

Schön geschrieben , sowas lese ich gerne.
Freue mich schon auf den ausführlichen Vergleich zur Versys.
Fahrverhalten ( Beweglichkeit ) , Verbrauch, Fahrkomfort ( Federung ) Allgemeines Wohlbefinden nach einer langen Tagstour. etc.

Viele Grüße George
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blahwas
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Re: Andalusien sportlich auf MT-09

#4 Beitrag von blahwas »

Freitag
So gut habe ich selten geschlafen. Das Gefühl, etwas erreicht zu haben, auch wenn es objektiv sinnlos und unvernünftig ist, macht einen doch zufrieden. Das Wetter sieht eher frisch aus, aber auch eher trocken.

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Pedro hat mich schon gestern Abend mit einer Karte der Umgebung und reichlich Tourentipps versorgt. Er ist früher auch Motorrad gefahren, hat aber nach einem Unfall aufgehört. Zuerst dachte ich, hey, ich hatte doch Touren vorbereitet, aber dann ist mir eingefallen, wie gut das gestern funktioniert hat: Nicht so gut. Auf die Offroad-Einlagen habe ich wirklich keine Lust.

Also habe ich auf seine Tipps gehört und das hier abgefahren: motoplaner

Es beginnt mit der Nebenstrecke, an der das Hotel liegt. Da man ohne sie nicht aus dem Ort rauskommt sei sie im folgenden Hausstrecke genannt. Diese windet sich schön durch die Landschaft und führt auch durch pittoreske Dörfer. Sie ist schön zu fahren, gerade mit dem Motorrad. Sie ist zwar 4 km nicht asphaltiert, aber das ist kein Problem, sagt Pedro.

Morgens ist es neblig und es regnet gaaanz leicht bei 11°. Ich ziehe alles an Klamotten an und fahre los. Die Strecke ist feucht und voller Unrat: Äste, Steine, Kies. Dazu noch Baustellen, und all das im Nebel. Immerhin ist kein Verkehr. An der ersten Kreuzung kann ich die Wegweiser kaum von der anderen Straßenseite aus lesen, finde mich dann aber doch zu recht - heute wird mal nach Karte im Tankrucksack navigiert, nachdem ich gestern mit Navi im Schlamm gelandet bin.

Mit Karte im Schlamm zu landen ist nämlich viel besser! Nicht. Der Asphalt endet so abrupt, dass ich das ABS vorne und hinten brauche, und dann schleiche ich wieder mit 25 bis 40 km/h über Lehm, häufig mit Pfützen. 4 km nicht asphaltiert, aber das ist kein Problem, sagt Pedro? Ich frage mich gerade, ob er mich eigentlich mag, und ob ich ihm vertrauen sollte. Aber eigentlich hat er Recht, es ist wirklich kein Problem, denn 4 km sind bald vorbei und das war es dann für heute mit Weichboden! Insgesamt hat diese Schleife aber ziemlich viel Zeit gekostet, pittoreske Dörfer sind mir eher nicht so wichtig und das Wetter war permanent eher unangenehm.

Auf der Hauptroute klart es auf, aber muss ich schon wieder tanken, das hatte ich doch gestern erst? Achja, die MT-09 ist kein Tourer, sondern ein Action Naked Bike mit sagenhaften 14 Litern Tankinhalt bei 5,5 Litern Verbrauch. Effektiv tankt man 12 Liter wegen der Tankform und weil man nicht den letzten Tropfen anbrechen will, das ergibt also knapp 220 km Reichweite. Da kann man also auch mehrmals am Tag tanken ohne irgendwo anzukommen. Als Versys- und NTV-Fahrer ist man da verwöhnt.

Immerhin kann man an der Tanke auch mal verschnaufen und sich umgucken. Nach dem Bezahlen spreche ich zwei Suzuki DR650-Fahrer mit deutschen Kennzeichen an, die sehr freundlich sind. Sie sind gerade auf Spanienrundreise. Ihre Moppeds haben sie anliefern lassen. Wir schwärmen uns gegenseitig von unseren Motorradreisen vor und tauschen Nummern aus. Angenehm.

Dann aber doch mal weiter. Die Hauptstrecke A-369 bietet weitläufige Radien, gute Aussicht und wieder mal unverständliche Zahlen auf Schildern. Zum Glück stört sich daran keiner. Für mich geht es nach Gaucin rechts ab auf eine Nebenstrecke, die sich in engen Radien in die Berge windet. Auf solchen Strecken steht hier gerne am Anfang ein Schild: Vorsicht Bergstrecke! Darunter drei Schilder für Kurvenstrecke, Überholverbot und Tempo 50. Gelegentlich kommt auch das gleiche mit "Schlechter Straßenzustand" und Tempo 30. Praktische Auswirkungen davon: Siehe oben.

Auf diesen Nebenstrecken ist sehr wenig los. Wenn man Glück hat, wurde die Strecke in den letzten Jahren saniert und oft wird sie vom Schwerlastverkehr ignoriert. Wegen der Kurvenradien ist ein Ford Transit oder ein Wohnmobil auch das größte, was durchpassen wäre. Dann hat man 1a Asphalt und oft kann genug völlig ungestört und ungeniert dem Nachgehen, was wir Motorradfahrer im Allgemeinen so gerne tun: Kurven fahren! Passend dazu wird es wärmer und sogar sonnig.

Ubrique (nicht Jubrique) ist ein größerer Ort mit 17000 Einwohnern (Jubrique: 643). Es ist gerade Freitag Mittag, daher ist viel los und allgemeiner Trubel. Die Polizei regelt den Verkehr an einem Zebrastreifen, offenbar ist eine Schule in der Nähe. Also cool bleiben und unauffällig lächeln ;) Aus dem Ort rauszufinden ist gar nicht so einfach. Mal ist "Ronda" ausgeschildert, mal "Salida" (Ausgang). Zur Erinnerung: Ich bin heute ohne Navi unterwegs. Irgendwann klappt das aber auch und deutlich nach dem Ortsschild gebe ich der MT-09 wieder die Sporen.

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Es scheint, das mit jedem Meter, den man sich Ronda nähert, der Straßenbelag besser wird. Der aktuelle Belag bietet eine ebene Oberfläche sowie ausreichen Mikro- und Makrorauhigkeit: Da ist Grip vorhanden! Also flugs den Angstrand am 180er Hinterreifen reduziert, rechts, links, bitte, gerne, immer wieder. Zwischen muss man aber doch mal anhalten, denn die Landschaft versucht sehr stark, mich von der Ideallinie abzulenken, indem sie die Dolomiten imitiert. Das gelingt ihr zwar nicht vollständig, dafür springen hier Ziegen umher. Mit wilden Tieren muss man auf Nebenstrecken aber ohnehin rechnen. Rind, Pferd, Esel, Schaf, Ziege, Hund, Katze, alles heute erlebt, und zwar auf der Fahrbahn oder maximal einen Meter daneben.

Wenn man sich immer weiter Ronda nähert, dann erreicht man es auch. Denkt man. Tatsächlich führt die "Bundesstraße" aber in einer Schleife daran vorbei. Das wäre doch schade, ich habe Fotos gesehen, die sehr ansprechend aussahen. Also rein da! Frei Schnauze ist mir das zu krass, also doch wieder Navi an. Vorher noch aus der wärmenden Schicht Klamotten raus, wozu habe ich ein Topcase dabei. Ich fahre hier in der Sonne bei 20° rum, und das gleich durch eine Stadt. Die sehr verwinkelt ist. Wenn ein Auto an einem Fußgänger vorbei will, gelingt das nur, wenn beide das auch wollen. Überholen kann man sich da schön abschminken. Auf diesem rutschigen Kopfsteinpflasterbelag wäre das aber ohnehin nicht zu empfehlen. Da es auch noch steil und kurvig ist geht die Innenstadt einwandfrei als Anfängerschreck durch. Man hat nichtmal Platz für Fotos anzuhalten, daher empfehle ich Google Streetview:

Ich habe nur Außenansichten auf Ronda und Umland zu bieten:

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Mein Hauptziel des Tages ist die A-397, die in der Presse hoch gelobt wurde: Run auf Ronda

Hier könne man aktuelle 1000er Supersportler ausfahren. Lange und mittlere Radien, keine bösen Überraschungen, keine Ortsdurchfahrten, und gut einsehbare Kurven. Der direkte Weg dorthin wird von einer Baustelle verwehrt, aber mein Navi findet einen anderen Weg über eine dezente Nebenstrecke - auch schön!

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Ich fahre erst links, den Berg rauf zurück nach Ronda, weil ich sie ganz genießen will. Da kommen mir zwei sehr breite Autos entgegen. Moooooooment, war das gerade ein Porsche 918 Spyder? Das ultrateure Hypercar? Da schaue ich lieber nochmal nach. Anhalten, umdrehen, Gas und hinterher.

Hinterherfahren bei gleichzeitigem Start ist ja so eine Sache, kennt jeder. Hinterherfahren mit verspätetem Start kann eigentlich nur schlecht sein, denn entweder holt man sie ein, dann sind sie viel langsamer und halten einen auf, oder eben nicht, dann sieht man sie nie. Aber ein 918 in freier Wildbahn? Das wäre doch was. Wer es nicht kennt: Porsches aktueller Übersportwagen, 887 PS Gesamtleistung aus Verbrenner- und Elektromotoren zum Preis eines Reihenhauses in guter Lage und eine Nordschleifenrundenzeit von 6:57. Er fuhr hinter einem vergleichsweise normalen Ferrari 488 her, und beide trugen schwedische Kennzeichen. Gemessen an der Zeit, die ich zum Einholen gebraucht habe, sind die auch nicht hier, um sich an die Tempo 90 außerorts zu halten, und überholen konnten sie augenscheinlich ebenfalls. Beim Hinterherfahren bin ich dann ziemlich beeindruckt davon, wie gerade der Porsche wegzieht, wenn er mal aufs Gas tritt. Es ist für das menschliche Auge schwer zu begreifen, wenn etwas schneller beschleunigt, als Dinge runterfallen. Diese 9,81 m/s² Fallbeschleunigung, die wir hier auf der Erde haben, die sind wir gewohnt. Unsere Skala geht von 0 bis 9,81. Dieser Wagen beschleunigt mit 11,6 m/s² (0 auf 100 km/h in 2,4 s). Da kann die MT-09 einpacken. Bei der Querbeschleunigung liegen Autos ohnehin vorne, und beim Bremsen auch, wenn der Fahrer das will und wenn die Bremse des PKW das auf Dauer mitmacht, denn viele Autobremsen überhitzen wesentlich schneller als Motorradbremsen. Bei Sportwagen ist das auch nicht der Fall. Ich komme trotzdem ran, weil ich besser überholen kann: Ich brauche weniger Strecke für den Spurwechsel weil ich schmaler bin, ich habe weniger Länge, die am überholten Fahrzeug vorbei muss, und vor allem sitze ich höher und aufrecht. Meine Augen sind höher als fast alle Fahrzeuge um mich herum, darum habe ich die bessere Übersicht und bin bald dran.

Nach einigen Minuten gemeinschaftlichem Kollonenhüpfen wird es zunehmend neblig. Die Strecke liegt zu einem guten Teil auf 1000 Meter Höhe, und genau da ist gerade die Wolkendecke. Bei Sichtweite 100 Meter kann man noch überholen, obwohl es weiterhin kurvig ist. Bei 50 Meter oder später bei 20 Meter geht nichts mehr, außer hinterherfahren. Und wer vorne ist, versucht den Straßenverlauf zu erahnen. So zuckeln wir minutenlang umher und mir wird langsam kalt. Als der Nebel sich langsam lichtet, passiert nichts. Wollen die nicht mehr? Ich warte noch zwei Minuten, und dann gehe ich vorbei an einer Stelle, wo das mit dem Motorrad tatsächlich geht, mit egal-welchem-Auto eher nicht (aber nicht auf der "Mittelspur"). Sie lassen mich vorbei und sie folgen mir zunächst nicht. Ich wundere mich etwas, surfe aber einfach Kurven mit regelmäßigem Blick in den Rückspiegel. 5 Minuten später sehe ich sie kurz im Rückspiegel, aber eine Kolonne später nicht mehr. Am Küstenort angekommen mache ich erstmal Pause, um noch ein Beweisfoto zu erwischen.

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Dann wird es für mich allerhöchste Zeit zu tanken, seit 27 km blinkt die Reserve (2 Liter, reicht also für 35 km). Auf dieser Tankstelle herrscht anscheinend rundum Parkverbot, sehr ungewohnt. Frisch aufgetankt, wärmer angezogen und mit gereinigtem Visier geht es die gleiche Strecke zurück den Berg hinauf nach Ronda. Ich habe dieses Mal weitgehend freie Fahrt, aber niemanden zum folgen. Im Gegenverkehr zähle ich bis ganz oben zehn Ferrari, fünf Porsche, zwei Lamborghini und eine Dodge Viper. Diese Straße scheint ein Standortfaktor für den Tourismus zu sein. Es gibt in Richtung Ronda (von der Autobahn weg) auch Warnschilder für Motorradfahrer, die vor langsamen PKW warnen. Das ist doch mal sinnvoller als "Rasen ist out", "Der Tod fährt mit" oder ähnlicher Käse wie hierzulande.

Knapp vor Ronda ging es für mich dann linksab Richtung Süden und auf direkt Weg zum Hotel. 18 Uhr "Feierabend" ist zwar früher als gestern, aber ich war gut erschöpft und hatte viel erlebt.

Abends erfahre ich dann noch, dass in der Nähe an diesem Wochenende ein Bergrennen stattfindet, mit dem griffigen Namen "Subida de Estepona a Peñas Blancas", es hat sogar einen Wiki-Artikel.

Vielleicht gucke ich mir das morgen mal an. Nicht stundenlang rumstehen und Autos vorbeifahren gucken, aber die Strecke kann man ja mal ausprobieren und vielleicht mal die Autos aus der Nähe beschnuppern. Ich mag Rennfahrzeuge. Da kommt der Ingenieur und Motorsportfan in mir durch.
Zuletzt geändert von blahwas am 15. Apr 2015 18:18, insgesamt 1-mal geändert.

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Re: Andalusien sportlich auf MT-09

#5 Beitrag von Lucky66m »

Liest sich schön Johannes :clap: ...nur bei dem Street-View-Link bekomm ich schlagartig Fernweh :oops: welches es noch einen Monat zu verdrängen gilt :(

The next section please :]
Gruß Stefan/Lucky66m

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Re: Andalusien sportlich auf MT-09

#6 Beitrag von blahwas »

Samstag
kleine Rundtour 250 km, abends A-397, 5+2h

Morgens beschließe ich, das Bergrennen wirklich zu besuchen. Dafür geht es zunächst tiefer in die Hausstrecke hinein, heute mal ohne Nebel. Da kommt glatt Fahrspaß auf, auch wenn die Straße seit gestern noch nicht repariert wurde. An der ersten Kreuzung fahre ich heute geradeaus statt rechts, und komme so Richtung Estepona, von wo aus heute Mittag ein Bergrennen für Autos aller Art startet. Ich muss mich beeilen, damit die Strecke dorthin noch nicht gesperrt ist. Gleichzeitig freue ich mich darauf, eine frisch präparierte quasi-Rennstrecke zu befahren.

Der Weg dorthin ist aber auch nicht von schlechten Eltern, und es ist ziemlich genau gar kein Verkehr. Leider stehen im für das Rennen relevanten Abschnitt bereits vor dem Start alle 3 km Polizisten am Straßenrand, Teilweise sogar in Tempo 30-Bereichen (übersichtliche, menschenleere Aussichtspunkte außerorts). Dazwischen geht aber doch etwas, auch wenn der Belag nicht Rennstrecken-mäßig ist. Unten im Dorf entdecke ich die improvisierte Boxengasse, wo die Teams letzte Arbeiten an ihren Autos ausführen. Die Autos stehen unter Pavillions und Vordächern der Transport-LKWs. Es ist eine bunte Mischung vom Kleinwagen über Porsche 911, BMW E30, Seat Leon, Audi A4 DTM und auch diverse nicht zu bennende offene Monoposti. Wie auch an der Dorfdisko sind die langsamsten Autos gleichzeitig die lautesten. Ich streune etwas umher und mache Fotos, an Rennfahrzeugen habe ich schließlich Spaß. Leider kann ich sie nicht alle selbst fahren, aber vielleicht ja nächstes mal.

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Weiter geht es ein wenig die Küste entlang, wider besseres Wissen und entgegen der Warnung des Vermieters vor Verkehr und Verkehrsüberwachung. Es gibt aber keinen anderen Weg. Also schön anständig fahren und die Aussicht auf das Meer und die Landschaft genießen. Naja, nur auf das Meer, die Landschaft ist weitgehend zubetoniert mit Hotels, Ferienwohnungen, Luxushäusern und ähnlichem Massentourismusunrat.

Aber bald geht es wieder in Berge und mit der Bebauung fallen auch die Tempolimits weg. Die A-435 ist weniger Rennstrecke als Cruiserpiste, aber die zahlreichen Land Rover der Landwirte überholen sich schließlich nicht von alleine und Landschaft gucken macht jetzt auch wieder zunehmend Sinn und Spaß. In Los Angeles (2200 Einwohner) beginnt ein Wiedersehen mit der Reservelampe, dafür wird die Strecke jetzt bergiger und auch kurviger, kaum dass man abgebogen ist (C-3331). Ich glaube, hier war ich gestern schon unterwegs, das macht aber gar nichts, denn es ist eine einsame Kurvenstrecke mit schöner Aussicht, okayem Belag und Weitblick. Das Navi kündigt eine Tankstelle in 30 km an, das passt, einfach weiter und genießen.

Da erblicke ich bald einen See - so ziemlich den ersten, wenn ich mich recht entsinne. Er hört auf den griffigen Namen "Embalse de Guadalcacín" und hat etwa 4x die Fläche des Biggesee (für unsere Leser aus NRW). Auch mal schön!

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In Algar finde ich schließlich die versproche Tankstelle. In Spanien kommt der Tankwart zum Fahrzeug und tankt einem rein, was man will. "Full" versteht jeder. Dieser hier nimmt seine Aufgabe ziemlich ernst und verbringt nach "gefühlt voll" weitere 2 Minuten damit, noch ca. 1,0 bis 1,5 Liter einzutröpfeln. Der Benzinpegel sinkt sehr langsam. Hier raste ich etwas, füttere das Navi an einer Steckdose in der Wand und rüste angesichts der 20° klamottentechnisch etwas ab.

Weiter geht es über eine abwechlungsreiche, aber feucht-schmierige Nebenstrecke zur A-372 un El Bosque. Die A-372 sollte man sich merken. El Bosque bis Grazalema ist absolut episch von Aussicht, Fahrbahn und Streckenführung her. Etwas mehr Verkehr, da aber da kommt man gut durch. Rund um Grazalema gibt es in alle Richtungen tolle Aussichten und tolle Strecken. Echter Tipp!

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So rocke ich über die Lande, probiere Abzweige rechts und links in die Berge hinein aus und lande dann doch wieder auf dem geplanten Weg, nämlich der MA-505. Diese ist landschaftlich nahezu alpin, super zu fahren und mit reichlich Aussicht gesegnet. Ich entwickle einen gewissen Ehrgeiz und will jetzt mal wissen, was die MT-09 eigentlich im zweiten Gang so kann. 145 km/h kann sie im zweiten Gang (das weiß ich von der Website, natürlich), sie wheelt dabei bei der kleinsten Bodenwelle und auf weniger gutem Belag scharrt sie auch gerne mit dem Hinterhuf, wenn man das Gas öffnet. Hui! Der dritte tut es auf unbekannten Strecken doch auch, so wie ich das bisher gehalten habe.
Zumindest auf dieser alten Pilot Road-Mischung.

Da das VISA-Terminal im Hotel gestern abend streikte, bin ich auf der Suche nach Bargeld. Mein Navi weiß, wo Geldautomaten bzw. Banken sind. Aber ich weiß nicht, wie Banken in Spanien aussehen. An der ersten Anschrift kann ich im Vorbeifahren nichts entdecken und parken war nicht ohne weiteres möglich. Bei der zweiten Anschrift parke ich erst, gucke mich eine Weile um und erkenne dann erst, dass ich direkt vor einer Bank stehe, die sehr geschlossen aussieht. Die Tür lässt sich aber öffnen und der Kampf mit dem Geldautomaten beginnt. Dieser lässt sich zwar auf Deutsch umstellen, will bei meiner bevorzugten Kreditkarte aber nur 40 Euro ausspucken, und das auch nur 2x. Den Rest mache ich dann mit der Zweit-VISA, die zwar keine Flugmeilen pro Umsatz abwirft, aber sei's drum.

Zurück auf der Hauptstrecke Ronda-Hotel komme ich gleich wieder ins flüssige Kurvenswingen. Die A-369 führt schön auf einem Bergkamm entlang. Perfekte Sichtbedingungen also. Dann geht es rechts ab zum Hotel, über die "Hausstrecke". Mittlerweile kenne ich sie ganz gut und nehme mal den zweiten Gang, so lang es geht. Und siehe: Es geht! Man muss dann aber auch mehr Bremsen als beim "runden" fahren im dritten oder gar vierten Gang. Ich bin schon 15:40 am Hotel und will erstmal eine kleine Mittagspause machen, bevor ich mich abends nochmal auf die Pirsch begebe. Außerdem meldet sich der Hunger.

Tja, mit Essen war leider nichts zu machen, kaum trödelt man eine Stunde rum, schon macht das Restaurant nebenan um 17 Uhr zu. Dann halt Schoko und Schüttelbrot gemampft, und auf zur abendlichen Herrenrunde, der A-397 bei hoffentlich weniger Nebel ihre letzten Geheimsnisse entreissen. Für den Weg dorthin wähle ich eine Nebenstrecke, die nörlich aus Jubrique heraus führt, die aber nicht ausgeschildert ist. Ich habe extra vorher noch an 5 Stellen bei Google Streetview geguckt, ob sie auch wirklich asphaltiert ist: Ja, ist sie.

Zunächst mal muss sie aber finden. Dazu geht es quer durchs Dorf zwischen den Häusern durch, wo nie im Leben ein Auto durchpassen würde. Fußweg und Straße sind ohnehin eine gemeinsame Fläche. Teilweise ist es so steil, dass Handläufe an die Wände montiert sind, damit die Fußgänger es überhaupt noch schaffen. Das ganze auf buntem Kopfsteinpflaster mit Rinne in der Mitte. Und die Strecke, die das Navi vorschlägt, wurde mittlerweile zur Treppe umgebaut. Der ausführende Dorfarbeiter hat es offenbar versäumt, am Abend nach getaner Arbeit bei Navtech anzurufen um eine Korrektur des Kartenmaterials zu bewirken. Aber man gönnt sich ja sonst nichts, als erfahrener Tourenracer weiss man: In Bergdörfern gibt es eigentlich nur zwei Richtungen, nämlich bergauf und bergab. Ich will bergauf. Und so lange ich nicht in irgendwelchen Hinterhöfen lande, ist bergauf richtig.

So komme ich dann auch zum richtigen Ortsausgang und erfreue mich an einem augenscheinlich frischem Asphaltband, das nach einigen km aber spürbar nachlässt. Und dann noch mal, und dann nochmal, bis man sich fragt, ob da eigentlich noch Beton, Asphalt oder ähnliches unter dem Schotter ist, und ob der Lehm drüber liegt oder ob schlicht nichts drunter ist. Aber da ich es nicht eilig habe, weil es nicht regnet, und weil ich wirklich viele Punkte geprüft habe bin ich guter Dinge, dass es bald besser wird, und dass ich es schaffe. War dann auch so. Nur heißt "Asphalt" nicht das gleiche wie bei uns. Hier laufen an 5 verschiedenen Stellen jeweils 2-4 Meter breit Bäche über die Straße, und zwar an den dafür vorgesehenen Stellen. Technisch gesehen ist das also nicht offroad, sondern nur eine Püftze, die fließt. Da sucht man sich die Stelle mit der schnellsten Strömung, dort ist es nämlich am wenigsten tief, und eiert vorsichtig durch. Auch auf den ersten Metern danach ist Vorsicht angesagt, wie mir der umherschwänzelnde Hinterreifen klarmacht. Der allererste Pilot Road war wohl wirklich nicht der beste Reifen bei Nässe.

Irgendwann hat aber auch diese Popelstrecke ein Ende, und zwar in einer „normalen“ Nebenstrecke, und zwar knapp vor Juzcar, dem blauen Dorf. Dort ist alles blau statt weiß angestrichen, und hier war ich gestern schon. Die Farbe diente als Hintergrund für die Vorstellung des Schlümpfe-3D-Films, und daher ist das jetzt eine Touristenattraktion.

Bild

Die Strecke ist deshalb nicht weniger schön zu fahren. Und dann kommt sie, Tagesziel Nummer zwei, die A-397. Ich fahre zunächst runter an die Küste, da hier noch Bereiche sind, die ich gestern im Nebel kaum erkennen konnte, die mit beeindruckenden Aussichten nicht geizen. Heute ist das Wetter augenscheinlich besser, aber bald fahre ich doch wieder in die Wolken hinein und taste mich um die Ecken. Gut 2/3 der Nebelfelder von gestern sind aber verschwunden und es kommt mir alles sehr neu vor.

Dann klart es auch zügig wieder auf und bis an die Küste kann ich ultraentspannt ungestört kurvensurfen. Ein Hochgenuss. Und kaum fahre ich mal in einer 60 Zone besonders rücksichtsvoll, schon kommt mir ein Streifenwagen entgegen. Glück ist Pflicht! Am unteren Ende der Strecke trödle ich zehn Minuten rum bevor ich wende, damit ich den Streifenwagen nicht sofort wieder einhole, hoffe aber insgeheim, dass er irgendwo abbiegt. Derweil hat die MT-09 wieder mal nur noch einen Balken im Tank und ich forsche in Navi nach geeigneten Tankstellen. Die in Ronda erscheint mir am besten, die paar km schaffe ich ja noch und da will ich sowieso hin. Also wieder hoch den Berg, untenrum freie Sicht und freie Bahn trotz beachtetem Überholverbot dank cleverem Timing (erst losfahren, wenn nach einer langen Lücke doch wieder ein Auto kommt).

Der Nebel bzw. die Wolken sind immernoch da. Hier laufe ich wieder auf die Polizei auf. Ich frage mich, ob die wohl mein Nummernschild im Nebel ablesen könnten, wenn ich überholen würde? Das probiere ich heute mal nicht aus, und mache dann doch erst mal eine Pause. Trinken trinken trinken und Pipi nicht vergessen. Dann doch mal weiter und ungestört die Strecke zu Ende gefahren. Naja, fast, in einer 60 Zone steht ein Blitzkasten, der gut zu erkennen ist und der einen in die Realität auf dem Tacho zurückholt. Kurz danach an der Tanke noch aufgetankt, ausnahmsweise selbst, dabei habe ich ordentlich gekleckert. Hinterher habe ich als Entschuldigung an die Yamaha und zum Spurenverwischen der Offroad-Einlagen das Mopped mit dem Tankstellenkärcher geputzt. Ist gut geworden! Jetzt noch zurück ins Hotel ohne neu eingesaut zu werden und der Tag hat ein Happy End.

Auf dem letzten Stück Hotelhausstrecke nach Jubrique hinein will ich es dann nochmal wissen und gebe der MT im zweiten Gang die Sporen, bis die Reifen parallel wimmern. Das geht guuut! Aber die Warnschilder hatten Recht: Man ist ziemlich geschockt, wenn man auf ein langsameres Fahrzeug aufläuft. Kurvenschneidende LKW im Gegenverkehr? Erwartet man. Frisierte Kleinwagen die auf drei Rädern um die Ecke geflogen kommen? Normal. Motorradfahrer, die genauso bekloppt unterwegs sind wie man selbst? Jup. Opis in Geländewagen, die vor einem herfahren und dafür die gesamte Straßenbreite brauchen? Auch klar. Aber wenn ein Auto echt mal einfach nur rechts bleibt und Tempo 30 fährt (geht ja den Berg rauf), dann braucht man eine Zehntelsekunde, um das zu begreifen. Dieser VW Bus hier blinkt sogleich rechts und ich bin dank 200 Metern Sicht auch sofort vorbei. Das war jetzt keine knappe Situation, sondern einfach nur eine Art Kulturschock :)

Zurück am Hotel bin ich dann sehr entspannt, erleichtert und freue mich aufs Abendessen. Statt im Hotel zu essen besuche ich heute ein Restaurant im Ort. Hier gibt es gibt mariniertes Hähnchen auf Cuscus mit gebratenen Nüssen, und als Nachtisch einen großen Eisbecher. Außerdem eine Buddel Wasser dazu und ein Schnäppschen vom Wirt hinterher. Magen voll für 15 Euro - passt! Das Restaurant ist 10 Schritte neben dem Hotel und wird von zwei ausgewanderten Holländern geführt.
Also kommt man auch mit Englisch durch.

Morgen ist Abreise, was gut und schlecht ist. Übermorgen muss ich wieder ins Büro und bis dahin wieder normal werden. Da muss ich wohl über Sonntag nachmittag/Abend die Scherben meines Verstandes zusammenkehren, die nach diesem Wahnsinnsritt noch übrig sind.

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Re: Andalusien sportlich auf MT-09

#7 Beitrag von blahwas »

Sonntag, Abreise
Ein letztes mal frühstücken im Hotel, dann zusammenpacken und alles in Topcase und Tankrucksack verstauen. Heute wähle ich nach einem Tipp im Internet die A-367 nordöstlich von Ronda. Das war eine schlechte Idee. Die Strecke ist mehr was für Supersportler oder Harleys. Lange Geraden, Kurvenradien für vermutlich deutlich über 200 km/h, und rechts und links nur so sanft rollende, grüne Hügel. Spannend wird es dann erst wieder ab Ardales, wo ich scharf abbiege auf die MA-444. Die ist laut Google asphaltiert, aber laut Navi nicht, so dass ich es mit vielen Zwischenzielen dorthin zwingen muss und eine unsinnige Ankunftszeit angezeigt bekomme, weil das Navi auch noch 1x außenrum will. Die Strecke ist wirklich klein und schmal, aber asphaltiert, und sie wird zur Zeit ausgebaut, daher ist sie noch schmaler als sonst. Es dauert also 2 Minuten, bis ich an den Autos vor mir vorbei bin. An Racing ist zwar nicht zu denken, weil die Strecke schmierig ist, aber schneller als die Autos bin ich allemal.

Die Strecke führt in eine Schlucht hinab und ist extrem kurvig. In der Schlucht ein See und am Rand beeindruckende Berge. Hier und da Pumpspeicherkraftwerke. Dann ging es für mich hart links den Berg rauf nach El Chorro. Obwohl ich in Eile bin, halte ich hier doch mal für Fotos.

Bild

Bild

Den Berg runter Richtung Osten bleibt die Straße abenteuerlich mit erheblichen Höhenstufen bei weiterhin beeindruckender Aussicht.

Bild

Dann geht es Richtung Süden zurück in die etwas dichter bevölkerten Landstriche, und auch wenn die Strecke noch eine Weile kurvig bleibt, wird sie dabei doch so glatt, dass ich die Kurven nicht richtig genießen kann. Bald droht die Autobahn und schon ist man wieder in der Zivilisation. In Torremolinos fahre ich beim Vermieter vor und damit ist die heutige Ausfahrt beendet, und damit eigentlich auch der Urlaub. Sehr schade. Heute war die Fahrt etwas ruhiger und weniger wild. Das ist als Abschluss vielleicht gar nicht so verkehrt.

Der Vermieter hat sonntags geschlossen, ich kann mich aber in Ruhe im Schatten seiner Markise umziehen und dabei mehr oder weniger Handgepäck-gerecht umpacken, bevor ich die Nummer auf dem Zettel anrufe. Fünf Minuten später taucht ein Yamaha-Transporter auf, gefahren vom Vater des Vermieters, der auch der örtliche Yamaha-Händler ist. Er verlädt das Motorrad in ca. 30 Sekunden: Das Vorderrad kommt an die Ladewand, die Lenkung nach links. Das rechte Lenkerende drückt rechts an die Wand, die mit Schaumstoff ausgekleidet ist, und der links Griff wird mit einer Öse an der rechten Wand abgespannt. Der rechte Rückspiel ist gerade fest genug, dass er sich nicht während der Fahrt verdreht, lässt sich aber problemlos mit der Hand verdrehen. So einfach kann das sein. Nix hier mit Wippe oder in die Federung ziehen oder so. Dann fährt er mich noch eben die 10 Minuten direkt zum Flughafen. Das ist ja alles innerorts.

Auf dem Weg tauschen wir Erfahrungen aus. Auch er findet die Pilot Road für die Yamaha ungeeignet und weiß, dass sie schlechter als die Werksbereifung sind. Auch er glaubt, dass viele Kunden lieber mehr Geld bezahlen würden, und dafür moderne Reifen zwischen sich und der Straße hätten. Aber es ist ja nicht sein Geschäft, sondern das seines Sohnes.

Am Flughafen darf ich meine 100 Sachen durch die Security schieben und bekomme wieder kurz Paranoia, dass jemand von Ryan Air auf die Idee kommen könnte, mein "Handgepäck" zu wiegen oder abzumessen. Das passiert aber nicht, bald sitze ich im Flieger und 3 Stunden später landen wir in Weeze am Niederrhein, wo ich abgeholt werde. Das ist ein anderer Flughafen als am Hinweg, aber so war es wesentlich günstiger, und von Düsseldorf aus ist es gleich weit wie nach Dortmund. Ich bin froh, dass ich heute kein Auto fahren muss, denn mit Zahlen habe ich es gerade nicht so.

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Re: Andalusien sportlich auf MT-09

#8 Beitrag von blahwas »

Montag
Ich sitze in einem Büro. Auf dem Weg hierher hat mich der Fahrzeugvermieter nicht ans Steuer gelassen, aber er sprach deutsch. Jetzt habe ich einen fahrbaren Untersatz unter mir, der für diesen Tag nur für mich da ist. An meinem Bürostuhl sind sehr harte Reifen montiert, noch härter als Pilot Road. Die Leute um mich herum habe ähnliche fahrbare Untersätze, scheinen aber keinen Wert auf eine sportliche Fahrweise zu legen. Gleichzeitig ist kein Platz für Überholmanöver. Zwar ist an meinem Feuersthul die Sitzbank höhenverstellbar, aber der Negativfeder ist sehr gering, das Federbein ist nicht in der Zugstufendämpfung einstellbar, was das Wohlbefinden deutlich einschränkt. Vor allem aber: Beim berzten Griffdrehen rechts beim Abbiegen auf den langen Flur, Sicht bis zum Horizont, passiert nichts. Gasgriff und Anlasser fehlen!! Gut, dass mein Chef motorradaffin ist und über meine Beschwerde schmunzeln kann :) Dass die Polizei ausgerechnet diese Woche Blitzermarathon macht, hilft mir nicht gerade bei der Wiedereingliederung in die heimischen Verkehrsgewohnheiten, oder vielleicht gerade doch? So zu tun, als könne man kein Spanisch, das dürfte hier jedenfalls keine erfolgsversprechende Strategie sein...

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Re: Andalusien sportlich auf MT-09

#9 Beitrag von blahwas »

Fazit Andalusien
Andalusien ist ein Traum zum Motorradfahren. Hier kann jeder auf seine Kosten kommen, vom Tourer zum Supersportler über Supermoto und Cruiser bis Enduro und Trial. Als Gott das Motorrad erfunden hat, hatte er Andalusien im Kopf. Die Berge sind zwar nicht so hoch wie in den Alpen, dafür hat man weniger Spitzkehren und mehr flüssig zu fahrende Kurven und eigentlich das ganze Jahr über freie Fahrt auf allen Wegen. Auch landschaftlich ist es vergleichbar, bis auf den fehlenden Schnee vielleicht. Man kann legal richtig viele unbefestigte Wege fahren, wenn man das möchte. Wenn nicht, sollte man beim Auftreten unbefestigter Abschnitte sofort umkehren, meistens wird es nicht besser. Die Straßen sind nicht alle im bestmöglichen Zustand, aber die meisten Hauptstrecken (mit A-Nummern) sind in einem absolut akzeptablen Zustand und trotzdem sehr unterhaltsam zu befahren. Nebenstrecken sind Supermotoland.
Und das was nur Andalusien. Spanien ist wesentlich größer und hat noch mehr zu bieten. Ich glaube, hier könnte man sich eine Weil herumtreiben lassen...

Leider stehen viele Schilder mit absurd niedrigen Tempolimits herum, z.B. 50 auf Bergstrecken und 30 bei schlechten Wegstrecken. In Sichtweite der Küste und in Städten mit erkennbarem Betrieb sollte man sich dran halten, hier wird überwacht. Die Polizei steht an Kreisverkehren und hinter Ortsschildern und spricht kostenpflichtige Verwarnungen aus, auch ohne Messgerät. Auf der Küstenautobahn gibt es sogar Section Control (Durchschnittsgeschwindigkeit zwischen zwei Punkten). An stark frequentierten Kreuzungen und Zebrastreifen regelt die Polizei auch mal den Verkehr und zeigt so auch Präsenz. Im Hinterland wird dagegen nicht kontrolliert und die Spanier fahren auch entsprechend. Im Hinterland ist abseits der Städte auch sehr wenig Verkehr, sobald man von den A-Strecken runter ist dauert es oft 5 Minuten pro Auto im Gegenverkehr. Die Spanier fahren nicht ganz so aufmerksam wie die Franzosen, aber auch nicht rücksichtslos. Es hindert einen niemand am überholen und niemand ist sauer, wenn man schneller als er fahren will.

Die Nebenstrecken in den Bergdörfern sind teilweise sehr steil, verwinkelt und glatt. Abseits der Durchgangsstrecken für Anfänger also echt nicht zu empfehlen. Der Straßenzustand schränkt außerorts abseits der A-Strecken hier und da die möglichen Schräglagen ein, zumindest mit den Holzreifen, auf denen ich unterwegs war. Ein Blick auf den Straßenbelag kann also nicht schaden, bevor man zur Sache kommt. Aber auch mit gebremstem Schaum kann man sich hier fröhlich in den Flow schwingen, denn geradeaus geht es praktisch nirgends, und sehr viele Kurven sind prima einzusehen. Die Landschaft und Vegetation von allem südlich von Ronda ist perfekt zum Motorradfahren.

Eine Besonderheit im Spanischen Straßenverkehr ist, dass man Motorräder absolut nicht auf Gehwegen parken darf. Und es werden anscheinend gerne Motorräder geklaut. Meine Mietmaschine war mit einem GPS-Tracker ausgestattet und es gab ein Bügelschloss mit Alarm dazu. Ich durfte im Fahrradschuppen des Hotels parken, was laut Wirt auch sehr empfehlenswert ist. Das ist typisch für Hotels im Südeuropäischen Raum.

Außer Motorradfahren kann man hier natürlich auch andere Sachen machen, von Kultur über Wandern zu Fahrradfahren on- und offroad oder Badeurlaub ist sehr vieles möglich.

Fazit Yamaha MT-09
Power satt, gutes Handling (aber nicht ganz auf Versys 650-Niveau), nervige Reichweite und nerviger Modusschalter (merkt sich nicht den Modus den man zuletzt eingestellt hatte, und Modi "A" und "Std" braucht man nicht). Für mich etwas zu klein, aber mit höherer Sitzbank vermutlich fast perfekt. Guter Sound, sehr gute Bremse. Klar besser als die Street Triple oder die F800R, die ähnlich aufgestellt sind. Als Tracer vermutlich nahezu perfekt, bin ich aber noch nicht gefahren, und im Soziusbetrieb wäre die Versys 1000 vermutlich doch weiter die erste Wahl. Dieses Fahrzeug verleitet mich zum Heizen, und zwar auch weit über 100 km/h, daher wäre es nichts für mich. Einen eigenständig lesbaren Probefahrtbericht schreibe ich an anderer Stelle nochmal.

Fazit mein Motorradurlaub in Andalusien
Auch wenn das Wetter nicht immer perfekt war und die Reifen auf der MT-09 nicht dem Stand der Technik entsprachen, so hatte ich jede Menge Fahrspaß und kann noch lange von den ausgeschütteten Glückshormen zehren. Fahrerisch war es einfach super und hat auch insgesamt als Urlaub funktioniert, d.h., es war prima erholsam und eine prima Abwechslung vom Alltag. Länger als 4 Tage bin ich aber nicht gerne alleine unterwegs. Andalusien ist ein wahrgewordener Traum für Motorradfahrer ohne Angst vor Straßenschildern.


Kosten
70 Euro Hinflug, 120 Euro Rückflug, 12 Euro für diverse Gebühren (Sitzreservierung und Priority Boarding) mit Ryan Air und nur Handgepäck = 198 Euro
90 Euro Motorradmiete am Tag (wird günstiger bei längerer Miete) = 270 Euro
40 Euro pro Nacht im Hotel = 120 Euro
17 Euro für Volltanken (12-13 Liter), ca. 6x = 102 Euro
3 Euro Autobahnmaut
Insgesamt ca. 40 Euro für Essen für kleinere Einkäufe und Abendessen
Flughafentransfer war dieses mal gratis dank Freundin :)
Insgesamt 730 Euro für 4 Tage mit ca. 1600 km Motorradfahren

Der Reisebericht endet hier - Danke für's Lesen :cheers:
Zuletzt geändert von blahwas am 16. Apr 2015 21:46, insgesamt 2-mal geändert.

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Re: Andalusien sportlich auf MT-09

#10 Beitrag von harlem24 »

:clap: :top:

Ich will auch... :x
Gruß CHris

Wenn Ihr Euch für Fotografie interessiert, schaut doch mal im http://forum.digitalfotonetz.de vorbei.

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Re: Andalusien sportlich auf MT-09

#11 Beitrag von blahwas »

Weil jemand gefragt hatte, hier ein hochauflösenden Fotos, wo man den Topcaseträger gut erkennen kann. Prima integriert :top:

Bild

surfopi
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Re: Andalusien sportlich auf MT-09

#12 Beitrag von surfopi »

Hallo Johannes,

Glückwunsch! Dein Schreibstil hat sich gravierend - verbessert. Lebhaft und amüsant. Es macht Spaß, dich zu lesen. Sollte es dich demnächst wieder nach Spanien oder Andalusien treiben, melde dich rechtzeitig. Im Spätherbst und wieder Februar bis April treibe ich mich wahrscheinlich dort unten herum. Ich könnte, wenn größere Touren anstehen, auch die Versys statt der drz einpacken. Nur ziehe ich küstennahe Gefilde vor. Wetter, Temperaturen, Surfen.

Alles Gute aus Hyères (bis wahrscheinlich Mitte Juni)
Karl

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