Tag 4, Di 01.09. Gardasee Team Karl
Heute seile ich mich ab, denn wie eingangs erwähnt ist Karl am Gardasee, er wohnt auf einem Zeltplatz in Malcesine, und der ist nur 2 Stunden von meinem Hotel. Oliver ist ebenfalls dort mit seiner neuen Multistrada. Das schreit doch nach einer gemeinsamen Herren-Ausfahrt? Also Treffen um 10 Uhr ausgemacht, einen schönen Weg zusammengeklickt und um 7 Uhr losgefahren. Zum Gardasee wollte ich ja ohnehin.
Zum Monte Bodone führt mich mein Navi trotz gesperrter Autobahnausfahrt. Das ist gar nicht so einfach in Italien, denn wegen der streckenabhängigen Maut sind die Autobahnen alle überall eingezäunt, und da fahren auch genug Leute Motorrad und Roller, dass die Betreiber mit sowas rechnen. So früh morgens war am Berg wirklich wenig los, dafür ist die Aussicht auch nicht schlechter.
Am Monte Bodone
Und sogar am Gardasee ist wenig Betrieb, als ich um 9:30 auf den Zeltplatz einbiege. Karl und Frau und Oliver sind schnell gefunden und ich bekomme sogar Frühstück gereicht. Sehr nett! Wir fahren heute keine so lange Strecke, denn ich muss ja noch zurück. Wir beginnen die Ausfahrt mit einem Abstecher in den Berg östlich vom See hinein, für die gute Aussicht auf den See. Es wird ein Wirtschaftsweg. Er besteht aus zwei Betonspuren mit Gras in der Mitte, und teilweise auch Steinen statt Beton. Am Rand sind reichlich Büsche und Bäume - da hätte ich die Griffschalen eigentlich gebrauchen können. Karl fährt in einem Tempo vor, dass ich mitgehen kann, nur Oliver verschwindet aus dem Rückspiegel und ich bin mir unsicher, ob ich warten sollte. Vermutlich hat er in seiner 150 PS-Multistrada das Enduro-Programm nicht gefunden.
Meine arme italienische Diva!
Das klappt alles ganz gut, bis ich auf den letzten Metern im zweiten Gang den Motor abwürge. Mist, war wohl doch noch steiler als eh schon angenommen. Also Bremse vorne, Kupplung und staa...? Warum bewege ich mich rückwärts? Ah, Vorderrad rutscht, so steil ist das. Ok, Hinterradbremse? Nein, den Fuß brauche ich gerade um nicht umzufallen. Ich Idiot halte dabei die Kupplung gezogen, und so rutsche ich munter weiter, bis irgendein Rad auch seitlich rutscht und das Gras erreicht und die ganze Fuhre sich spontan entscheidet, überschüssige Lageenergie durch den Wechsel in die Horizontale abzubauen, wobei sie sich meiner entledigt. Verrat! Ich merke noch, dass ich vom Mopped gelöst bin und rolle. Und rolle, und rolle. Ist zwar auf dem Weg und tut nicht weh, aber dass muss ich ja alles wieder zurücklaufen, also okay, um liegen zu bleiben muss man sich hier aktiv anstrengen und mir fallen auch die richtigen Bewegungen ein, um bei der nächsten Rolle wieder auf den Beinen zu landen. Wirklich sehr steil hier!
Es sieht auf Fotos nie so steil aus, wie es sich anfühlt
Tja, da habe ich meine Versys dann wohl mal umfallen lassen, denke ich mir so, als ich nur noch die blaue Seite sehe. Kurzer Systemcheck: An mir ist noch alles dran, Schienbein links schmerzt, da habe ich 7 cm Schürfwunde, vermutlich von der Fußraste. Sonst nix. Alleine aufheben klappt nicht, aber Karl ist bald zur Stelle und wir richten die Versys wieder auf. Der Schaden an Fahrzeug und Ladung ist immens. Die Gefahren des Motorradfahrens sollte man nicht beschönigen.
Totalschaden knapp verfehlt
Weitere Spuren finden sich nur am Griffschalenträger, da ist aber normalerweise die Griffschale drüber. Und im Ego. Ansonsten bin ich froh, dass ich mich knapp dagegen entschieden habe, den Sturzbügel zu demontieren. Die Maschine lag zwar größtenteils im Gras, aber so sind die unteren Hebel sicher noch alle dran und gerade, und nicht nur vielleicht. Gerade auf einer dreiwöchigen Tour ein echter Vorteil!
Schlauerweise endet der Weg 20 Meter nach meinem Umfaller - gut, dass ich die Gelegenheit noch mitgenommen habe. Von Oliver ist weiterhin nichts zu sehen. Den Berg runter finden wir ihn unter einem Baum - einfach der Nase nach, seine Ducati riecht extrem nach Benzin. Er gibt an, am Abzweig nicht erkannt zu haben, was die Hauptstrecke ist, und dass ihm seine Ducati leid täte, so dass er nur Schrittgeschwindigkeit fährt. Teilweise nachvollziehbar, sage ich mal
Im weiteren Verlauf den Berg runter wird's nochmal eng, weil uns ein Traktor mit Anhänger entgegenkommt, der alleine so breit wie der Weg ist. Da fahren dann alle so weit wie möglich seitlich ins Gebüsch, der Anhänger hüpft ganz schön arg, aber verfehlt meinen Kopf bzw. Helm - kein Problem, das muss so.
Die weitere Ausfahrt führt rund um den Monte Baldo, man hat immer wieder eine tolle Sicht auf den Gardasee. Zwischenziele sind Prada, Spiazzi, San Valentino, Crosano, mit einem Abstecher Richtung Avio. Echte Traumstraßen hier mit sehr wenig Verkehr. Die Kollegen legen ein gewaltiges Tempo vor, und im ersten Gang-Kehrengestocher komme ich kaum hinterher - für mich eine neue Erfahrung. Im Kehrenbereich nutzen sie die gesamte Fahrbahnbreite und manchmal auch etwas mehr, aber die Duc hat ja Traktionskontrolle, und so kommt keine Langweile beim Schlussmann, also mir, auf. Wegen umherfliegendem Gras am Kurvenausgang halte ich das Visier besser mal fest geschlossen.
Oben am Monte Baldo hat man traumhafte Aussichten und Straßen nahe dem Bergkamm erlauben dank Übersicht auch ein gewisses Tempo. Holländer sind auch da, aber damit halten wir uns nicht lange auf. Am Cafe wird eingekehrt und die Aussicht zum See genossen.
Blick auf Gardasee vom Monte Baldo
Nach dem Cafe aus dem Monte Baldo planen wir den Ausklang des Tages. Ich fahre weiter über Arco, Trenno und Padergnone, wobei mich Oliver noch ein Stück begleitet. In Ponte Arche lege ich eine Pause im Supermarkt ein und entscheide mich für den schnellsten Weg nach Hause, denn ich habe mittlerweile deutliche Schmerzen in der rechten Hand vom vielen Gasgekloppe. Die vierspurige Hauptstrecke steil bergab durch die Tunnel nach Trento (SS45bis) ist recht spektakulär trassiert, obwohl sie autobahnähnlich ausgebaut ist. Hier sind Radfahrer unterwegs - mit 90 km/h im LKW-Windschatten. Einer überholt sogar. Respekt. Die Autobahn fahre ich dann mit Gasfeststeller und den Rest des Tages als Linkshänder.
Insgesamt 450 km, fahrerisch der anstrengendste Tag der Reise, und vermutlich auch der wärmste. Da hat man abends etwas zu erzählen