Es geht heute durch den Schweizer Teil des Jura nach Norden zu unserer letzten gemeinsamen Übernachtung. Schweiz? Davor haben wir Respekt, denn die Bußgelder sind immens und unsere Fahrkultur ist nach 2 Wochen Italien und Frankreich völlig versaut. Entsprechend angespannt geht’s über die Grenze. Zum Glück haben wir zunächst nur Wirtschaftswege, wo keine Schilder stehen, und wo sich die Einheimischen erkennbar auch nicht für Verkehrsregeln interessieren. Dafür ist es kalt.
Leider spüre ich inzwischen recht deutlich den eckigen Vorderreifen an meiner Yamaha. Rache der Gravillons? Weil es Markus auf unserer geplanten Route in der Schweiz nicht gefällt, bittet er um Flucht nach Frankreich. Mit einem Blick auf Navi und OSM gebe ich dem Anliegen statt und zaubere die Route live um. Wie um sich zu rächen wird die Schweiz direkt wieder schöner.
Gerastet wird dann aber wieder Frankreich, und es werden auch noch Punkte auf der Schweizer Grenze geschnappt.
Hatten wir eigentlich schon den "eiligen Einheimischen"? Nein? Dann wird's Zeit: „Der eilige Einheimische“ gehört zu jeder Fahrt nach Südeuropa! Dabei handelt sich um einen Autofahrer, der einen Fahrstil pflegt, über den man als Motorradfahrer staunt. Unser eiliger Einheimischer dieses Urlaubs ist ein Mann um die 30 in einem alten Renault Clio ohne erkennbares Tuning. Wir überholen ihn auf einer einigermaßen kurvigen Strecke, breit genug für zwei Autos mit Fahrbahnzustand 3-, als er hinter 2 Autos feststeckt, aber 2 Minuten später ist er wieder im Rückspiegel. Oha! In einer langen und gut einsehbaren 180° Linkskurve setzen ich den Blinker rechts, und fahre rechts und langsam. Der eilige Einheimische versteht es und überholt, und zwar nicht irgendwie, sondern mit durchdrehenden Vorderrädern und leicht ausbrechendem Heck. Oookaaay. Da fahren wir doch mal hinterher. Um es kurz zu machen: Dranbleiben war nicht wirklich möglich. Die tief stehende Sonne und er schlechte, ständig wechselnde Fahrbahnzustand waren mir zu riskant. Auch auf den Geraden war nicht viel zu holen, da er keine Angst vor Vmax hatte. Nur beim Überholen hat man noch Vorteile, weil man bessere Sicht hat und weniger Strecke und Breite braucht. Nach 15 Minuten endet der Zauber, als er in irgendeinem Dorf abbiegt. Gute Fahrt auf all deinen Wegen, du sympathisch Verrückter!
Ich habe noch zwei Passknackerpunkte heute: Col du Pas de Boeuf („Pass vom Pass des Rindes“ oder „Pass vom kein Rind“???), als Abstecher in sehr schlechtem Zustand, und den Col de Ferrière knapp vor einer großen Kreuzung. Da wir hierher recht zügig gefahren sind, will ich beim Fotografieren den Motor laufen lassen, und das klappt nur im Leerlauf. Leider entscheidet sich das Motorrad, dass es doch steil genug bergab steht, um über den Seitenständer nach vorne zu rollen, und es fällt um – dieses Mal aber zur Abwechslung nach links.
Da ich noch nicht ganz abgestiegen war kann ich den Fall bremsen und nichts geht kaputt. Ich lasse einfach liegen. Es sorgt für ein unterhaltsameres Passknackernachweisfoto, in dem sich auch Markus in der Passknackerdatenbank verewigen darf.
Als ich das Topcase abnehme mache ich leider Kratzer in die Oberseite, weil ich es kopfüber abgelegt habe. So, nun aber ab zum Hotel. Es ist eine Anlage mit Urlaubsflair, die rund um einen Pool angelegt ist. Eine andere Motorradgruppe badet bereits. Es ist der letzte Abend mit Markus, also ist es Zeit für den feierlichen Restaurantbesuch. Zum Hotel gehört ein ordentliches französisches Restraunt mit allem Zipp und Zapp. Es war sehr lecker, sehr viel und nicht mal besonders teuer. Dass wir beide keinen Alkohol trinken, verwirrt die Wirtin sehr, die aber zu jeder Zeit freundlich und geduldig mit uns ist. Danach wird spazieren gegangen, und ich muss meine Zimmertür gewaltsam zuhämmeren, weil sie nicht wirklich in den Rahmen passt.
Heute waren es doch wieder 358 km, wegen spontaner Umplanung. Der Straßenzustand war besser.