Mo 22.6. Tagestour Osten 1
Für mich überraschend ist bei meiner Ferienwohnung das Frühstück mit dabei. Ich wusste nicht, dass die Fewo zur Bar gehört, die 20 Meter weiter liegt. Das ist natürlich eine ideale Kombination. Wegen Corona, und vielleicht auch weil ich der einzige Gast bin, habe ich mein persönliches Buffet am Tisch, das locker für 3-4 Leute reichen würde. So mampfe ich mir den Magen voll und der Wirt legt auch noch eine MotoGP-DVD auf den Fernseher in der Bar. So kann der Tag für eine weitere Rundtour beginnen.
Ich hatte zwar gestern Abend Langeweile, aber ans Tanken habe ich nicht gedacht. So starte ich heute früh schon 2 km auf Reserve. Macht nichts, da kommt ja bald eine Tankstelle, sagt das Navi. 15 km weiter ist da auch eine Tankstelle. Da stehen auch Autos an den Zapfsäulen - allerdings sind keine Menschen zu sehen. Wer parkt denn bitte an einer Zapfsäule? Als ich das wuchernde Unkraut allgemein und den verstaubten Bezahl-Automaten mit dem trüben Display sehe dämmert es mir: Hier wird heute nicht getankt, und hier wurde auch gestern nicht getankt. Mist. Dann frage ich als nächstes Mal nicht das Navi mit dem veralteten Kartenstand, sondern Google Maps - Handynetz hat man hier ja. 15 km weiter ist eine Tankstelle, die "geöffnet" markiert ist. Prima, das sind dann zwar schon 40 km auf Reserve, 2,5 Liter bei 5,5 Liter Verbrauch, aber ich hatte in Frankreich auch schon mal 44 km auf Reserve. Auch diese Tankstelle ist mitten im Ort, und auch hier sind alle Zapfsäulen belegt - und auch keine Menschen zu sehen. Schöne Scheiße! Ich rolle ran, eine Passantin spricht mich an: Hier nix Tanken. Ich hole mein Handy raus und zeige ihr die nächsten Alternativen auf der Karte. Mit Hand und Fuß erklärt sie mir, welche die nächste tatsächlich offene Tankstelle ist: 12 km entfernt in Tertenia. Superscheiße. Aber ich habe nicht wirklich eine Wahl, außer bei Autowerkstätten und Rasenmäherbesitzern betteln gehen. Aber noch habe ich Hoffnung, immerhin müsste es größtenteils bergab gehen.
Naja, nee. Es ging nur am Anfang bergab, danach kerzengerade topfebene Bundesstraße, wo man echt nicht rumstehen will. Inzwischen hat's natürlich auch 30°, an Schieben ist nicht zu denken. Ich rolle im 6. Gang mit 90 km/h entlang und hoffe und bete, dass die Dämpfe noch reichen mögen. So sind sogar langweilige Strecken interessant! Außerdem komme ich noch an einem nicht für heute geplanten Passknacker vorbei, so dass der Umweg doch etwas Sinn hat. Tatsächlich schaffe ich es zur Tanke, und hier wird auch gerade getankt. Da stehen 55 km auf dem km-Zähler der Reserve. Erleichterung!
Aber nur kurz! Typisch Italien gibt es eine Säule mit zwei Seiten: Rechts mit Bedienung (20 ct pro Liter Aufpreis), links Selbstbedienung. Ich fahre nach links und nehme die Zapfpistole - wenn eine Bedienung anwesend ist, zahlt man dort normalerweise nach dem Tanken. Die Zapfsäule zeigt Null, liefert aber nix. Ich gehe zur Bedienung hin, die sich wieder im Häuschen verkrümelt hat, um gelangweilt aufs Handy zu starren, und sie zu bitten, die Säule zu entriegeln. Nein, das geht nicht, ich soll am Automaten zahlen. Okay, dann halt zum Automaten. Er steht mitten in der Sonne, die aufs Display knallt. Ich kann Computer und habe gute Augen und würde sagen: Das Display ist aus. Drückt man die Zapfsäulentaste, passiert nichts. Schiebt man die Kreditkarte rein, zeigt das LCD Display irgendwas an und schiebt sie dann wieder raus. Schiebt man einen Geldschein rein, passiert erst nichts, dann schiebt der Automat ihn wieder raus. Bar am Automaten tanken ist eh scheiße, weil er nicht wechselt - also entweder wird der Tank nicht voll, oder man verschenkt Geld. Zum Glück hätte ich einen halbwegs passenden 20 Euro-Schein für meinen 14 Liter-Tank zu 1,40 Euro.
Na klasse. Tanken in Italien ist immer Abenteuer. Mich leicht genötigt fühlend fahre ich zur anderen Seite der Säule und lasse mich bedienen. Und dann auch richtig. Nein, der Tank ist noch nicht voll. Nein, voll bitte. Am Ende gehen 13,94 Liter in den 14 Liter-Tank, und nichts davon tropft auf den Boden. Maßarbeit! Und unverschämt teuer, aber dafür war ich auch unfreundlich - ätsch!
So, jetzt aber wieder zurück zur Route. Dafür muss ich fast den gleichen Weg zurück und dann wird's auch wieder richtig schön. Die Straßen schlängeln sich durch die Landschaft, als wären sie nur für mich gebaut. Mittlerweile klappen die Fußrasten auch in den Steilkurven ein, und ich versuche gar nicht mehr, die Landschaft zu fotografieren. Egal wo man anhält zum Fotografieren - drei Kurven weiter ist es noch schöner.
Ich sammle Passknackerpunkte und pfeife durch die Landschaft wie der Wind. Dabei begegne ich mehr Tieren als Autos. Es ist wirklich krass, wie leer die Straßen hier sind. Der Vergleich zu Andalusien drängt sich immer wieder auf. Hier im Inneren der Insel scheint auch die Landschaft manchmal ähnlich zu sein, aber doch irgendwie anders. So oder so, es ist bezaubernd. Nur eine Panne oder gar einen Sturz möchte man da nicht haben.
Diverse Ortsdurchfahrten sind künstlerisch gestaltet.
Kurios war noch eine Fahrpause, zu der ich am Straßenrand anhalte. Erst nach dem Absteigen sehe ich 20 Meter weiter vier Kühe auf der Straße stehen. Die haben die Brücke hinter der Kurve für sich in Beschlag genommen. Ohne Pause wäre ich da mit 90 km/h angekommen. Immer in Sichtweite anhalten könne, hier wichtiger denn je - bisher hat's geklappt, aber die Unkonzentriertheit lauert in jeder Ecke der Straße und des Kopfes.
Darum mache ich öfters Pause am Wegesrand, und trinke Isotonisches. Das Isotonische wird langsam alle, also im nächsten Ort einen Supermarkt suchen und nachkaufen, auch gleich für morgen. Dafür fährt heute auch eine Hecktasche mit. Und dann war da noch das Navi. Das Kartenmaterial ist nicht automatisch falsch, aber es geht von falschen Annahmen aus. Z.B. wenn zwei Straßen parallel verlaufen mit gleichem Tempolimit, dass dann die kürzere Strecke schneller ist. Oder dass bei gleich langen Strecken die mit dem höheren Tempolimit schneller ist. Das führt leider oft zu "Abkürzungen" durch irre enge, steile und verwinkelte Altstädte, oder über Maultierpfade, die gerade noch befestigt sind. Der routinierte Tourguide empfiehlt an der Stelle einfach einen Blick auf die Straße zu werfen und dann den Befehl zu verweigern, besonders wenn an der Kreuzung keine Wegweiser stehen. (Innerlich bereits protestierenden ehemaligen Mitfahrern, die so eine Abkürzung schon mitmachen mussten, sei gesagt, dass ich das wirklich öfters verweigere als durchziehe.)
Und dann gibt es echte Kartenfehler, wenn eine Straße inzwischen nicht mehr öffentlich befahrbar ist. Das passiert mir heute: Navi möchte links abbiegen, aber da steht roter Kreis und „Strada privada“. Okay, weiter. Die nächste Links sieht verdächtig schmal aus, aber zumindest ist ein Wegweiser vorhanden. Okay, rein da. Es geht über einen Berg. Optisch nicht uninteressant.
Dann kommt ein Tor. Okay, das ist unerwartet, aber es nicht verriegelt und kein Schild sagt irgendeinen Pieps, dass man hier nicht rein soll. Also rein da, und das Tor wieder schließen. Man fährt durch eine Art Camping-Wald, wo es schon kühl ist. Ganz nett, aber gespenstisch leer. Okay. Das Navi kennt hier nur eine Strecke, von der real aber sehr viele Waldwege abgehen. Und was im Navi eine Kurve ist, ist dann eine Kreuzung diverser Schotterpisten. Ich nehme diejenige, die zur Richtung passt. Der Weg wird natürlich schlechter, aber nicht so schlecht, dass ich Angst um den Krümmer haben müsste. Es geht auch recht steil den Berg runter, aber nicht so steil, dass ich nicht wieder hochkommen würde. Ich glaube aber nicht mehr wirklich dran, dass ich hier irgendwo raus komme, und ärgere mich vorsichtshalber schon mal über die verlorene Zeit. Und siehe, wo der Weg real eine Kehre macht, will das Navi geradeaus weiter, nur das da real ein zugekettetes Tor steht, und dahinter ist der Weg bereits so überwuchert, dass man zu Fuß eine Machete bräuchte.
Ich habe aber weder "Universalschlüssel" noch Machete dabei, also lassen wir das. Ein Blick in Openstreetmap (hätte ich gleich an der Kreuzung machen sollen) offenbart, dass der andere Wege von der Kehre auch nicht bald besser wird. Und so fahre ich den ganzen Stuss wieder zurück. Schotter-Abenteuer: Haken dran. Wichtig dabei, nicht umfallen, denn hier kommt einem niemand so schnell zur Hilfe. Zurück auf der Straße sind es dann halt 20 km Umweg zur imaginären Navi-Route, aber hey. Ich bin hier so weit vom Schuss, dass auch die SP-Straße holprig und rutschig ist. Die Ankunftszeit weigert sich wegen dieser Nummer jedenfalls, zu schrumpfen, wie sie es die Tage zuvor getan hat. Nicht mal auf die Unzuverlässigkeit ist Verlass...
Die SP389 ist noch ganz interessant, da fährt man auf einem breiten Teilstück an einem Felsen vorbei, dann wird's etwas staubig auf dem Asphalt, und dann rollt man Kilometer später auf eine Leitplanke über die ganze Breite zu. Freundlicherweise ist links bereits ein 3 Meter breiter Schotterweg vorbei an der Sperrung angelegt. Warum auch immer. Auf der Rückseite der Leitplanke das kreisrunde weiße Schild mit rotem Rand. Leider kann ich kein Italienisch und weiß nicht was das bedeutet. Vielleicht ein verblasstes Tempolimit? Aber nur in eine Richtung? Kurios.
Aus heute gelernt und schon an morgen dacht, wird heute Abend der Tank vollgemacht. Auch hier sind wieder zwei Versuche nötig, bis eine Tankstelle offen hat. Gut, dass wir verglichen haben. Am Ende sind es 400 km, die Hände tun weh, aber es ist einfach das Paradies hier. Zum Abendessen bin ich der einzige Gast bei einem Restaurant in der Nähe und werde extra liebevoll bedient. Die Pizza schmeckt.