Werkstattsicht auf Reifenwahl und Eintragung

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snap-on
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Werkstattsicht auf Reifenwahl und Eintragung

#1 Beitrag von snap-on »

Ich würde niemandem einfach so eine nicht freigegebene Kombination montieren.

Denn wenn der Kunde nach einem Sturz den Fachmann (=mich) beschuldigt, ihn nicht ausdrücklich über mögliche Risiken aufgeklärt zu haben, komme ich womöglich um Haus und Hof.

Wenn der Richter mich fragt, warum ich eine nicht freigegebene Kombination montiert habe, obwohl es von den Herstellern klare und eindeutige Empfehlungen und Unterlagen zu geprüften Reifenkombinationen gibt, was soll ich dann antworten?

Dass ein ITler und sein Onlinestammtisch das als risikolos erklärt haben und ich mich auf deren "Expertise" verlassen habe?

Die Rechtsprechung ist dahingehend, dass der Profi für Dummheiten des Kunden haftet, deswegen ist er ja Profi, damit er es ggfs. besser weiß.

Egal was der Kunde im Internet gelesen hat, es gibt unfahrbare Reifen und unfahrbare Kombinationen und mit "Der Kunde wollte das aber so..:" bin ich nicht aus dem Schneider.

Bei einem Reifen den der Kunde mitbringt, muss ja auch ich schauen, ob der nicht etwa ein Re-Import aus den USA ohne e-Kennzeichnung ist.

Dem Kunden wird nicht zugemutet, das wissen zu müssen, mir schon.


Dieses Jahr habe ich einige Mischbereifungen montieren müssen, vieles an alten, schmalen Größen war nicht lieferbar.

In allen Fällen habe ich den TÜV fahren und die Bindungen aus- und ggfs. neue Größen eintragen lassen.

Damit bin ich auf der sicheren Seite.

Mit einem Wisch aus dem Internet genüge ich nicht meinen Aufklärungs- und Sorgfaltspflichten.

edit blahwas Ich spalte das Thema mal ab, weil's echt zu weit weg von der ursprünglichen Frage "Was darf ich auf der Versys für Reifen fahren" viewtopic.php?f=60&t=17957&p=284593#p284593 geführt hat.

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SiRoBo
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Re: Keine Reifenbindung mehr für alle Versys

#2 Beitrag von SiRoBo »

Danke für die Ausführungen über die alten Trennschneider-Feuerstühle mit nationaler Zulassung. Darum ging es aber (hier) nie. Es geht darum, ob jetzt ab DOT 2020 noch eine Reifenbindung bei Motorrädern mit EU-Zulassung und damit den ganzen Versys Modellen besteht oder nicht.

Laut meiner Erfahrung gibt es sie ja immer noch. Nur anders… muss aber nix heißen! Also immer mal her mit realen Erfahrungen und / oder Fakten dazu. ;-)
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blahwas
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Re: Keine Reifenbindung mehr für alle Versys

#3 Beitrag von blahwas »

snap-on hat geschrieben: 17. Okt 2022 21:56 Dass ein ITler und sein Onlinestammtisch das als risikolos erklärt haben und ich mich auf deren "Expertise" verlassen habe?
Schöne Grüße ;) Ich habe mir das ja nicht selbst ausgedacht, das steht so beim zuständigen Bundesministerium. Wieviel höher willst du es denn noch? Vom Papst?

snap-on
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Re: Keine Reifenbindung mehr für alle Versys

#4 Beitrag von snap-on »

Das Problem ist, dass es vom Hersteller Empfehlungen gibt, die zwar nicht mehr bindend sind.

Aber wenn was mit einer anderen Kombination passiert, muss man im Streitfall als Fachmann begründen, warum man sich über Empfehlungen hinweggesetzt hat.

Was ist daran so schwer zu verstehen?

Mit der Naivität des Verbauchers kommt man als Fachmann eben bei Gericht nicht durch.

Dass der Bäcker dem Friseur erklärt, dass Reifenbindungen Unsinn sind, ist nicht wirklich relevant.

Wenn ich irgendeine Chinakacke montiere, bin ich in der Haftung.

Also montiere ich nur das, was geprüft und freigegeben ist.

Wenn Porsche für einen Supersportwagen zwei Reifen empfiehlt, ist es nicht ratsam, was anderes zu montieren.

Denn man setzt sich über eine Empfehlung hinweg und montiert Sachen, die niemand ausgestestet hat - und dann muss man eben selber den Kopf hinhalten.

Versuche, sich von der Haftung freistellen zu lassen, indem man irgendeinen Käse auf die Rechnung schreibt, kann man getrost vergessen, sowas wird vor Gericht zu 99% verworfen und ist unwirksam.

Das hat mit Zulassung nach StVZO oder EU-Recht und der DOT überhaupt nichts zu tun, das Problem besteht bei allen Fahrzeugen.


P.S: Dass man Reifen gemischt fahren darf, heißt ja nicht, dass die Mischung funktioniert.

Wenn sie es nicht tut, haftet nicht das Ministerium, sondern der Fachmann.

Zum besseren Verständnis:

Die Medikamente mit dem Wirkstoff A oder B sind auch in der EU zugelassen.

Aber es gibt eben Wirkstoffe, die darf man nicht nehmen, wenn man einen bestimmten anderen einnimmt.

Beide Medikamente sind zugelassen, aber der Arzt, der beide gleichzeitig verordnet, der Apotheker, der beide gleichzeitig über die Ladentheke schiebt, die begehen einen Kunstfehler und müssen ggfs. haften.


Die Zulassungsbehörde für Medikamente haftet ganz sicher nicht und hat ihre Arbeit gemacht.

Arzt und Apotheker müssen ihre auch machen und "Hat ja eine Zulassung...." ist bei Wechselwirkungen schlicht kein Argument.

Isses so verständlicher?

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blahwas
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Re: Keine Reifenbindung mehr für alle Versys

#5 Beitrag von blahwas »

Vielleicht sind der ITler und sein Onlinestammtisch für dich nicht die richtige Informationsquelle. Ich dachte, hier wäre Versysforum. Wo sich Versysfahrer miteinander über Versysfragen beratschlagen, so auch in diesem Thread. Es wäre mir neu, dass wir hier Rechtsberatung für Motorradwerkstätten machen.

Ich bin übrigens so sehr ITler wie du Eisenwarengroßhändler. Dieses Forum hier betreibe ich privat, ohne daraus Einnahmen zu erzielen. Ich hafte persönlich für alles, was User hier tun. Das kann einen um Haus und Hof bringen. Dafür gibt es auch keine Haftpflichtversicherung und die Gerichte gehen auch davon aus, dass jeder der eine Internetseite betreibt, alles in voller Absicht veranlasst hat, was irgendwer dort tut.

In diesem Sinne kannst du dir ja überlegen, ob du hier am richtigen Ort bist, oder ob dein Ton hier der richtige ist. Und dafür spielt es keine Rolle, was du deinen Kunden montierst, und ob sie dafür 100 Euro extra an TÜV und Zulassungsstelle zahlen, weil danach plötzlich alles safe ist, weil der TÜV-Ingenieur die Freigängigkeit der montierten Reifen kontrolliert hat...

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kautabbak
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Re: Keine Reifenbindung mehr für alle Versys

#6 Beitrag von kautabbak »

snap-on hat geschrieben: 18. Okt 2022 07:18
Beide Medikamente sind zugelassen, aber der Arzt, der beide gleichzeitig verordnet, der Apotheker, der beide gleichzeitig über die Ladentheke schiebt, die begehen einen Kunstfehler und müssen ggfs. haften.
Was machst du, wenn ich dir nur ne Felge und das Gummi anschleppe, nur VA oder HA? Also nicht "gleichzeitig"
Lässt du dir den Fz Schein zeigen oder muss ich vorher das Motorrad vorstellen?
Oder liegt die Verantwortung dann beim Nutzer?

Nur für mich zum Verständnis.
Besten Gruß
David


Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie gerne behalten.

Man stirbt nur einmal, aber man lebt jeden Tag.

Uwe_MY
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Re: Keine Reifenbindung mehr für alle Versys

#7 Beitrag von Uwe_MY »

Ich versteh jetzt gerade nicht, Johannes, wieso Du Dich so aufregst.

Snap-on beschreibt nur, wie er es in seinem Laden handhabt. Und warum.

Wenn jemand der Meinung ist, daß wäre falsch, Quatsch, was auch immer. Dann muß er da ja keine Reifen wechseln lassen.

Ich für meinen Teil blicke ehrlich gesagt nicht mehr durch bei diesem ganzen Reifenhickhack um Freigabe und Alter der Reifen. Und ich bin froh, eine Werkstatt zu haben die sich um den Kram für mich kümmert.

IN dem Zusammenhang fällt mir das Schild bei meinem damaligen Ducati-Händler in Basel ein.

Ging ungefähr so:

Wer sein Moped auf meinem Betriebsgelände mit zu wenig Profil abstellt bekommt es erst wieder wenn ein Reifen mit Mindestprofiltiefe aufgezogen wurde.

Das mag der ein, oder andere übertrieben nennen, ich finde es entspricht der Sorgfaltspflicht und es steht ja jedem frei seine Werkstatt des Vertrauens zu wählen.

:)

frieda
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Re: Keine Reifenbindung mehr für alle Versys

#8 Beitrag von frieda »

Mir ist in 50 Jahren Mopedaktivität noch nie etwas über einen Unfall mit falscher Reifengröße, falscher

Reifenkombination oder zu geringer Mindestprofiltiefe als Ursache zu Ohren gekommen.

Die deutschen Vorschriften zum Thema Motorradreifen, die in Teilen nicht der Logik, sondern

einer exellenten Lobbyarbeit der Reifenindustrie bis nach Brüssel entstammen, haben für mich persönlich

nur empfehlenden Charakter.

Unfälle entstehen i.d.R durch Fahrfehler, dazu zähle ich auch, bei

Regen mit wenig Profil eine nicht angepasste Fahrweise.

Das einer der Arbeiten an Motorrädern durchführt, auf nicht beachtete Vorschriften hinweist is i.O.,

aber die Entscheidung und Verantwortung sollte allein beim Halter/Fahrer liegen, u.U. durch Unterschrift oder Zeugen dokumentiert,

weil es Zeitgenossen gibt, Oberflächliche, Faule, Sparsame, Anfänger, die Verantwortung abwälzen wollen.


Ich halte das ähnlich wie Blahwas, entscheide auf Grund langer Erfahrung selber, mit gesundem Verstand was

draufkommt, gehe die Sache erstmal mit bedacht an, is natürlich nich jedermanns Sache, logisch.

Die Reifendiskussionen finde ich herrlich, :clap:

hören sich teilweise an wie ne Mischung aus Formel 1 und Prinzessin auf der Erbse. :shocked:

Als letztes, die Versys 650 läuft, aus eigener Erfahrung, mit nem guten 150er hinten, zwar illegal aber

GARANTIERT besser und sicherer als mit der originalen Erstbereifung !!! ;)


PS: Wirklich gefährlich für Reifen und so den Fahrer, Sind falsch eingestellt Kettenoiler.

Habe schon so einige Fahrer auf bis zur A-Rille verölte Reifen aufmerksam gemacht !


Gibts für die Dinger Vorschriften ?????? ;)

Uwe_MY
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Re: Keine Reifenbindung mehr für alle Versys

#9 Beitrag von Uwe_MY »

frieda hat geschrieben: 18. Okt 2022 10:55
Das einer der Arbeiten an Motorrädern durchführt, auf nicht beachtete Vorschriften hinweist is i.O.,
aber die Entscheidung und Verantwortung sollte allein beim Halter/Fahrer liegen, u.U. durch Unterschrift oder Zeugen dokumentiert, weil es Zeitgenossen gibt, Oberflächliche, Faule, Sparsame, Anfänger, die Verantwortung abwälzen wollen.
Moin Frieda,

Ich bin da ganz bei Dir! Die Verantwortung sollte beim Halter/Fahrer liegen. Letztendlich bringt er das Fahrzeug in Verkehr.

Leider ist da eine kleiner Unterschied zwischen gesundem Menschenverstand und aktueller Rechtsprechung.

Und deshalb verstehe ich Händler und Werkstätten wie snap-on die sagen ‚ich mach das nicht‘.

Cheers

Uwe

frieda
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Re: Keine Reifenbindung mehr für alle Versys

#10 Beitrag von frieda »

Ein Beispiel. Bei meiner letzten Eintragung vor zirca einem Jahr, Änderung der Reifengröße in den F-Schein,

die Größe war vorher durch Freigabe des Reifenherstellers abgedeckt, ist der extra für diesen Zweck geschulte

Dekra Inginieur mit meinem Moped ne Runde um die Halle gefahren und hat darauf hin die Freigabe erteilt.

Er kann bei so einem Test die Sicherheit der Kombi, mein Moped und der aufgezogene Reifen nicht wirklich

beurteilen, Fakt.

Die Entscheidung zur Freigabe und für seinen Arbeitgeber Geld zu verdienen, hab ich ihm erleichtert durch

Vorlage der alten Reifenfreigabe des Reifenhersteller und durch meine Aussage als ihm bekannten "Altgefahrener",

" Die Kombination läuft seit 5000 km wunderbar ".

Es geht nicht um die festzustellende Reifeneignung, sondern um seine, bzw. seines Arbeitgeber, Befreiung

von einer Haftung, bei gleichzeitigen Geldverdienen. Die Freigabe (mit Fotos machen und Pipapo) hat

92 € gekostet, die Eintragung in den Fahrzeugschein, sprich neuer Schein, beim Strassenverkehrsamt übrigens nur 12€.

Fazit: " Man muß das System verstehen,..............................................................

Uwe_MY
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Re: Keine Reifenbindung mehr für alle Versys

#11 Beitrag von Uwe_MY »

Ich hab mir vor Jahren schon abgewöhnt alles verstehen zu müssen.. :D

versysmuc

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Re: Keine Reifenbindung mehr für alle Versys

#12 Beitrag von versysmuc »

frieda hat geschrieben: 18. Okt 2022 13:03 Man muß das System verstehen
Korrekt. Und im Fortgeschrittenenkurs lernen wir dann: Das Verstandene anwenden.


PS: Ablasshandel hieß das früher und schon da hatte jeder die Wahl: Kaufen oder nicht.
Muss man halt selber wissen wie man im Fegefeuer dann klarkommt ;)
Gruß
Richard

snap-on
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Re: Keine Reifenbindung mehr für alle Versys

#13 Beitrag von snap-on »

@frieda:

Gesunder Menschenverstand ist, sich nicht nach Wunschträumen, sondern nach der Rechtsprechnung zu richten:

- Autofahrer will seinen für Gasumbau nicht freigegebenen Motor umgebaut haben, "auf seine Gefahr", das wird auch schriftlich so vereinbart.

Der Motor ging kaputt, die Werkstatt musste zahlen, weil:

Wer als Handwerker einen Auftrag annimmt haftet, dass das funktioniert, was er baut.
Kann er das nicht zusichern, darf er den Auftrag nicht annehmen.


-Autofahrer will auf seine Gefahr einen Kühlerschlauch geflickt haben.

Hat die Werkstatt 20.000.- gekostet.

Dort kriegt jetzt jeder eine Abmahnung, der nicht nach Reparaturleitfaden arbeitet.


- Ein Verbraucher, dem ein Rad abgelaufen ist - er hat die Räder nicht nachziehen lassen - hat geklagt und gewonnen, weil, so das Gericht, dem Verbaucher nicht zuzumuten sei, etwas zu lesen, was im unteren Drittel der Rechnung steht.



Da die Justiz dem Endverbraucher nur die Mündigkeit und das Urteilsvermögen eines Kindes unterstellt, hält sie sich fast immer an den Fachbetrieb.

Deshalb ist irrelevant, was mir wer vor Zeugen unterschreiben würde.

Es geht darum, aus der Haftung zu kommen, das hast du völlig richtig erkannt.

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Re: Keine Reifenbindung mehr für alle Versys

#14 Beitrag von beko »

Die Haftung ist eine spannende Frage, aber.
Die Reifenbindung hat es nur in Deutschland gegeben, der Rest konnte schon immer fahren was er wollte (wenn Größe und Last gestimmt haben). Und bevor jetzt jemand mit der Geschwindigkeit kommt. Eine Versys z.B. aus Frankreich war nie gedrosselt und unterlag auch keiner Geschindigkeisbegrenzung in Deutschland.
Natürlich ist nicht jeder Reifen optimal für jedes Motorrad, aber welche Reifen eine Freigabe bekommen entscheiden die Hersteller primär nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Ich muss da nur an meine Anfrage an Metzeler denken nach Freigaben zu meiner 15er Versys. Auch muss man nur an die Nummer mit Michelin Road5 denken. Michelin gibt frei, Kawasaki in Deutschland nicht. Michelin konnte mir damals auch keine Erklärung nennen warum, ihre Tests wären gut gewesen. Ich fand den Reifen klasse.
Ab Euro4 ist das Thema sowiso durch, auch in Deutschland steht seitdem keine Bindung mehr in den Papieren. Übrigen stehen in den COC-Papieren auch schon bei meier BJ15 keine Bindung. Erst wenn bei der Zulassung die Daten beim KBA abgerufen werden, wurde in Deutschland die Reifenbindung eingetragen.
Ich habe das bei meiner austragen lassen. Die Dl650 meiner Frau hat ab Werk keine ( BJ11) und meine R1200GS LC (BJ14) hat auch keine, von Anfang an.

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Re: Keine Reifenbindung mehr für alle Versys

#15 Beitrag von frieda »

snap-on hat geschrieben: 18. Okt 2022 20:38 Es geht darum, aus der Haftung zu kommen, das hast du völlig richtig erkannt.
Deshalb gehe mit einem nackten Rad unbekannter Herkunft ;) , zu meinem Reifenmann ( er ist ausgeschlafen

und wir beide vertrauen uns), und lasse mir

ohne ne Quittung, ausschließlich für Sportzwecke :redcard: einen Reifen meiner Wahl montieren,

den ich im Falle einer Nachfrage natürich selbst montiert habe.

Im Normalfall ist deine Vorgehensweise natürlich vollkommen richtig. Das Ärgerliche ist für mich die rechtliche Seite.

Sie erzieht viele Nutzer so, daß sie vor Gesetzeshörigkeit, technischen Nonsens, geboren aus Geldgier der Großen,

garnicht mehr erkennen.

Siehe Erstbereifung Versys 650 oder Reifengrößenbindung wegen Assistenzsystemen, auch für Mopeds die

gar keine Assistenssysteme haben.

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Re: Keine Reifenbindung mehr für alle Versys

#16 Beitrag von frieda »

Mal losgelösst von Modeerscheinungen, Mainstream, Gesetzeskonformität und Optik.

Mit welcher Reifengröße hinten, der verschiedensten Hersteller, gewannen die frühen BMW 1100 und 1200 GS viele Jahre

mit strassenverkehrsgerechten um die 100 PS, ihre etlichen realitätsnahen " Alpenmasters " gegen oft fett bereifte

PS stärkere Mopeds, mit nach Leistungsdaten und optischem Auftritt eigentlich überlegen ?

Den besten Reifen für sich finden is eine Sache, den Fund u.U. zu legalisieren eine ganz andere, "Motorrad" lebt u.a. davon.


Wir machen keine Trends mit :headshake: , wir kreieren sie ! :lustig:

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Re: Keine Reifenbindung mehr für alle Versys

#17 Beitrag von Tornanti »

Für die Haftgrenzen des Reifens ist motorseitig das maximale Drehmoment relevant, nicht die maximalen PS. Eine V-Strom 1000 mit identschem Drehmoment wie die 1000er Versys hat hinten nur einen 150er drauf. Ein 150er hat den Vorteil, dass man sich nicht so stark in die Kurve legen muss wie mit einem 180er.
Bisherige Zweiräder seit 1982: Simson S50, Simson S51, MZ ES 250, MZ ETZ 250, Yamaha XJ900S 1998-2018 (112.000km), Kawasaki Versys 1000 (Bj. 2018), Gesamtkilometer jenseits der 200.000.

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Re: Keine Reifenbindung mehr für alle Versys

#18 Beitrag von SiRoBo »

Tornanti hat geschrieben: 19. Okt 2022 08:37 Für die Haftgrenzen des Reifens ist motorseitig das maximale Drehmoment relevant, nicht die maximalen PS.
Da würde ich mal nochmal drüber nachdenken. Für die Haftgrenzen des Reifens ist fahrzeugseitig (also Untergrund mal nicht betrachtet) schon das Drehmoment verantwortlich, allerdings weiß der Reifen gar nicht wie viel Drehmoment der Motor hat, er erfährt ja nur die Umfangskraft (oder auch Raddrehmoment). Und das ist nichts anderes als die nach Getriebeverlusten ankommende Motorleistung geteilt durch die Raddrehzahl.

Ob jetzt ein 150er oder 160er Reifen „besser“ ist, ist auch nicht eindeutig zu sagen. Beim Nicht-Rennen-Fahren kommt es dann doch mehr auf einer durchaus wechselwirkenden Mischung aus Dimensions-Verfügbarkeit, Optik, Sicherheit und Fahrerlebnis an.

Im Falle einer Produkthaftung mehrerer Komponenten mit jeweiliger Zulassung wird es tatsächlich schwierig. Analogie: Ein Fön hat eine CE Konformität, die Badewanne auch. Die Kombination hätte es dagegen schwer, wobei einfach zusammen zu bringen.

Aus der Ingenieurspraxis kann ich berichten, dass vollumfängliche Tests nach einer Norm zwar möglich sind, nach tatsächlichen Randbedingungen allerdings unmöglich. Man denke nur mal daran, dass unterschiedliche Beladungen, Fahrstile, Fahrwerkseinstellungen/-Komponenten, Temperaturen, individuelle Alterungszustände, Luftdrücke, Fahrbahnen, Verschleißerscheinungen, … aufeinander treffen, die man versucht mit vereinfachten Messansätzen durchführbar zu machen: Rafftests, Misuse, Worst-Case-Annahmen, etc pp. Ansonsten wird das Produkt nie fertig. Die Normen, Richtlinien und offenbar auch Empfehlungen dienen dann den Prüforganisationen, Herstellern, Reparaturbetrieben und Versicherungen ihr Geschäft planen zu können: Klare Verhältnisse! Dummerweise mal mehr und mal weniger, sonst wären ja wirklich alle Eventualitäten in einem Gesetzesbuch mit einer Dicke bis zum Mond abgedeckt (genauso unmöglich wie tatsächlich alles umfassende Tests) und die Gerichte hätten nix zu tun.

Trotzdem: Diese Diskussion wollte ich nicht anstoßen. Es ging mir darum, über Erfahrungen aus der Praxis eines EG-zugelassenen Motorrads mit eingetragener Reifenbindung zu berichten. Möge die Information anderen helfen, der altruistische Forengedanke zählt!
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Re: Keine Reifenbindung mehr für alle Versys

#19 Beitrag von Tornanti »

SiRoBo hat geschrieben: 19. Okt 2022 11:50
Tornanti hat geschrieben: 19. Okt 2022 08:37 Für die Haftgrenzen des Reifens ist motorseitig das maximale Drehmoment relevant, nicht die maximalen PS.
Da würde ich mal nochmal drüber nachdenken. Für die Haftgrenzen des Reifens ist fahrzeugseitig (also Untergrund mal nicht betrachtet) schon das Drehmoment verantwortlich, allerdings weiß der Reifen gar nicht wie viel Drehmoment der Motor hat, er erfährt ja nur die Umfangskraft (oder auch Raddrehmoment). Und das ist nichts anderes als die nach Getriebeverlusten ankommende Motorleistung geteilt durch die Raddrehzahl.
Natürlich ist der Reifen kein Hellseher. Aber die Fahrzeugentwickler kennen die Motordaten und wählen dann einen passenden Reifen. Eine 1250GS hat 143Nm. Das sind 40% mehr zu übertragende Kraft als bei einer Versys 1000 (102Nm). Für die GS reicht ein 170er. Der 180er der Versys ist also mehr Show als dass er technisch eine Notwendigkeit ist.
Bisherige Zweiräder seit 1982: Simson S50, Simson S51, MZ ES 250, MZ ETZ 250, Yamaha XJ900S 1998-2018 (112.000km), Kawasaki Versys 1000 (Bj. 2018), Gesamtkilometer jenseits der 200.000.

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Re: Keine Reifenbindung mehr für alle Versys

#20 Beitrag von SiRoBo »

Rechenbeispiel gefällig?

Die Versys 1000 hat bei 7500 rpm ein Motordrehmoment von 102 Nm, in dem Betriebspunkt also 80 kW
Die GS 1250 hat bei 6250 rpm ein Motordrehmoment von 143 Nm, in dem Betriebspunkt also 94 kW
Würde die Getriebe inkl. Radgeometrie so ausgelegt, dass sie jeweilige Drehzahl ihres max. Drehmoments bei der identischen Geschwindigkeit anliegt, dann muss der Reifen der GS gerade mal 18 % mehr Umfangskräfte mehr abkönnen. Mit der falschen Übersetzung kann man da viel kaputt machen (z.B. will ich keine CBR 1000 RRRRRR fahren mit dem ellenlang übersetzen Getriebe), aber auch vieles gut: Die Versys 650 drückt im engen Geläuf trotz ihrer paarundsechzig PS ganz schön nach vorne und die Reifen sind ratz-fatz weg genudelt. EIn TRaum. :D

Die Übertragung von Umfangskräften für den Antrieb ist aber nur eine sehr eindimensionale Betrachtung eines Reifens. Bei einem Essenza-Rennen durchaus richtig, beim Kurvenwedeln und im Notfall voll in die Bremse hacken in der Kurve nämlich wieder nicht. Ebenso bei instabilen Fahrzuständen, die sich in der doch sehr komplexen Fahrphysik von Motorrädern ergeben.
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