28.11. Etappe 5/5 "Nordenwesten"
Die Nacht war echt kalt. In meinem Zimmer wird der Heizkörper zwar warm, aber das Zimmer nicht. Dafür hätte man ihn vermutlich deutlich früher einschalten müssen. Ich improvisiere mir eine Mütze und überstehe die Nacht. Frühstück gibt's für mich inklusive in einer Bar anderen Ende des Bergdorfs - ich will nicht 2x laufen. Wolfgang übernachtet woanders und bekommt dort direkt Frühstück. Also packe ich vor dem Frühstück, fahre zur Bar und treffe mich mit Wolfgang am ersten Passknackerpunkt. Das Frühstück ist ein einziges Croissant. es ist aber sehr groß und mit Schokolade gefällt - mjam! Und meine Snack-Vorräte sind auch noch immer prall gefüllt, da beschwere ich mich nicht. Ich bin tatsächlich schon um 8:30 auf Achse, auf die 20 km zur Portella Colla ("Pass Pass"?). Es ist frisch am Morgen auf 1428 Höhenmeter. Bald ist Wolfgang da und wir knacken gemeinsam weiter. Abstecher zur Piano Battaglia, 1632 Höhenmeter, dann zurück und auf 30 km 1000 Höhenmeter runter zum Portella di Mare. Die Sonne scheint und es wird warm.
Ich bin zwar körperlich fit, aber irgendwie auch ausgelaugt, daher heute etwas foto-faul.
Später werden die Strecken schlechter, und dann sind wieder ein paar Kilometer steiniger Feldweg dabei. Wir nähern uns ja auch wieder der Region vom ersten Tag, wo wir viele davon hatten. Das passiert also auch mit Google Maps.
Bei einem Passknackerpunkt finde ich das Schild nicht. Wolfgang hilft: Es liegt umgefahren im Gebüsch.
Nach einer Runde durchs Hinterland kommen wir schließlich wieder fast am Meer an. Da ist ein Foto Pflicht.
Der vorletzte Passknackerpunkt ist nochmal eine Herausforderung. Google Maps führt zum Portella dell'Accia über eine sehr kleine Nebenstrecke, die von Einheimischen vor allem zur Müllentsorgung genutzt wird. Angesichts zunehmenden Verbuschung des Weges und großflächiger Glasscherben fahre ich lieber einen großen Bogen. Was am Punkt selbst so schön sein soll, bleibt mir verborgen. Am schönsten war noch die Aussicht vom Müllhügel.
So, dann ist es nur noch ein Punkt! Da steigt die Vorfreude! So kommt es am Portella Bordonaro zum Abschlussfoto:
Landespreis Sizilien 2025, erfolgreich geknackt - nicht nur für mich, auch für Wolfgang! Er hätte diese Reise ohne mich wohl nicht gemacht, und wenn, dann nicht in 5 Tagen. Aber er hat's geschafft, und er hatte auch keine gefährliche Situation. Ob ich hin und wieder mal 30 Sekunden auf meine Mitfahrer warten muss oder nicht, das ist mir echt egal. Nicht alleine zu fahren ist immer besser als alleine, und wenn dann auch noch die Chemie so gut stimmt wie hier, dann ist alles im Lot - gerne wieder!
Jetzt ist fast noch zu früh, um die Motorräder abzugeben. Also gibt's noch eine Cafepause, mangels offenem Cafe an einer Tankstelle. Und dann ändere ich meinen Plan, fahre erst zur Ferienwohnung hinter Palermo, dann gebe ich das Motorrad in Palermo ab, und fahre dann mit den Öffis wieder zur Ferienwohnung. So haben wir die Gelegenheit für noch ein gemeinsames Abendessen, und ich muss nicht mit Gepäck in die Öffis.
Ich passiere Palermo im Feierabendverkehr, und fahre vorsichtshalber einfach irgendwem hinterher. Ein Krankenwagen mit Blaulicht steckt im Stau, ohne Sirene, Rollerfahrer überholen ganz rechts. Na gut. Als der Verkehr wieder fließt, fährt eine KTM 790 Duke zickzack über alle Spuren, ahja. Die Autofahrer lassen ganz links Platz, wegen Baumwurzeln. Gut für mich, ich habe eine Enduro! So ist die Ferienwohnung bald erreicht, noch vor der Dämmerung. Der Vermieter hat zwar mehrmals nach meiner Ankunftszeit gefragt, ist aber nicht zu sehen. Nach 20 Minuten warten rufe ich mal an: Lies die Nachrichten. Aah, er kann von zuhause die Tür öffnen. Okay, rein, Schlüssel holen, runter, Gepäck rauf, Dusche! Kein heißes Wasser, nur lauwarm - seufz. Es folgt ein kleiner Spaziergang durch Isola delle Femmine - ohne besondere Vorkommnisse, aber mit Wasserkauf.
Dann das Motorrad wegbringen, inzwischen ist es dunkel. Wegen Stau auf der Autobahn lotst mich Google durch Palermo, und das klappt überraschend gut, mit insgesamt nur 4 Ampeln auf 20 km. Es geht entlang dem Monto Pellegrino und durch diverse sehr dunkle Parkanlagen. Im Stadtverkehr wird alles Wissen abgefragt, das ich diese Woche lernen konnte. Ich folge wieder eiligen Einheimischen und unterbiete die Google Maps Fahrzeit um ein Drittel. Vor lauter Fahrspaß verpasse ich die Abzweigung zum Vermieter und drehe eine Ehrenrunde um den Block.
Der Vermieter freut sich mich und sein Motorrad wieder zu sehen, findet aber die fehlende Auflage auf dem Bremspedal. Weil der Schaden vorher nicht da war, bekomme ich die Kaution zunächst nicht zurück. Die Werkstatt soll sich das ansehen. Ich bin davon mäßig begeistert, für herabfallende Teile zu haften, das ist ja eher ein Wartungsmangel. Außerdem kann ich per Video zeigen, dass das Teil vorher schon repariert war - die Auflage wird von unterschiedlichen Schrauben gehalten. Angesichts der sehr günstigen Miete von 50 Euro pro Tag (+3 Euro für Topcase) mache ich aber kein Fass auf, sondern lasse das auf mich zukommen. 20 Meter neben dem Vermieter ist eine Motorradwerkstatt, der eine Teilekiste mit alten Bremspedalen hat. Da ist zwar nichts dabei, was unmittelbar passend aussieht, aber ein Metallteil, dass man mit 2x sägen und 2x bohren passend machen könnte. Chef kommt sogar zum Vermieter mit, Vermieter besteht aber auf seine eigene Werkstatt. Wer weiß, vielleicht hat's was geholfen. Ich habe satte 1817 km auf die X-Cape gefahren.
Wolfgang ist schon da, und er zeigt mir eine Eisdiele in der Nähe! Ich klage schon seit Tagen, dass ich keine Eisdiele finde, insbesondere keine geöffnete, wo man auch Eis kaufen könnte. Es schmeckt, auch im Dunkeln. Zum Abendessen gibt's Carbonara im gleichen Restaurant wie am ersten Abend - so schließt sich der Kreis. Dann mache ich mich mit den Öffis auf den Weg nach Isola delle Femmine. Geplant war 5 Minuten laufen, 5 Minuten Bus, 5 Minuten laufen, 20 Minuten Zug, 5 Minuten laufen. Daraus wurde 5 Minuten laufen, 15 Minuten auf den Bus warten, der nie kam, 10 Minuten mit Stehroller zum Bahnhof fahren, 5 Minuten mit Stehroller den Eingang zum Bahnhof suchen, auf Zug warten, 20 Minuten Zug fahren (heute einfacher mit Anzeige und Ansagen), 5 Minuten laufen. Puh! Wenn es hier Uber gäbe, hätte ich eins gerufen, aber Taxifahrern wollte ich mich nicht aussetzen.
Isola delle Femmine ist ein kleiner Küstenort mit lebendigem Ortskern und einem kleinen Hafen. Symbolbild Gentrifizierung:
Mittig meine Ferienwohnung für die Nacht, links Ruine, rechts ging ein suspekter Typ mit Land Rover und schriller Frisur rein. Morgen früh geht mein Flieger nach Hause, dann kommt noch ein Fazit. Wolfgang macht noch einen Tag Fußgänger in Palermo.
277 km heute
100% Sizilien
