Warum kein Ölwechsel in Federbeinen notwendig?

Einstellungen und Wartung für das Originalfahrwerk der Kawasaki Versys 1000
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frieda
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Re: Warum kein Ölwechsel in Federbeinen notwendig?

#21 Beitrag von frieda »

Ich schließe mich Tornati an, interessante Aspekte für und wieder Ölwechsel in der Gabel vorn, bin selber dafür

wenn Aufwand vertretbar oder von der Funktion her erforderlich.

Aber,.... beide Systeme, Gabel und Stossdämpfer arbeiten nach dem gleichen System, Öl wird durch kleine Bohrungen, Labyrinthe

gepresst um das schlagartige ungedämpfte Ausfedern zu verlangsamen und nimmt dabei auf Dauer mechanischen Abrieb und Schmutz auf, die

dem System abträglich ist. Beide Systeme werden wartungstechnisch aber total unterschiedlich behandelt. :? :think:

Systeme mit Stickstoff ändern nichts am eigentlichen Prinzip.

BMW verwendet das mittlerweile ausgereifte System ohne bremsnicken mit einem Stoßdämpfer vorn bei vielen Modellen (Hosack Gabel) ! :think:

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ruesa
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Re: Warum kein Ölwechsel in Federbeinen notwendig?

#22 Beitrag von ruesa »

snap-on hat geschrieben: 9. Aug 2023 22:10
Mechanische Beanspruchung ändert die Viskosität eines Öles. Wie funktioniert Dämpfung?
Jein, die mechanische Beanspruchung muss so hoch sein, dass die Moleküle gecrackt werden. Dann ändert sich auch die Viskosität. Bei einer Dämpfung,
wo das Öl nur durch Kanäle strömen muss, sehe ich die Beanspruchung zu gering an die Molekülketten ( Kohlenwasserstoffe ) zu zerstören. Dämpfung ist eine Stömungdrossel.
Bezüglich Alterung des Öls bei Sauerstoffeintritt in das "Geschlossene System " sind entsprechende Additive im Einsatz, um die Langlebigkeit zu sichern.

frieda
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Re: Warum kein Ölwechsel in Federbeinen notwendig?

#23 Beitrag von frieda »

Mir is noch eingefallen, die Gabel muß noch, anders als der Stoßdämfer, auch Führungsaufgaben übernehmen.

Dadurch ändert sich bei gleichem Dämpfungssystem die Bauform zum Stoßdämpfer doch beträchtlich.

Und diese Bauform mit engen Toleranzen, langen Arbeitswegen und gleichzeitiger höherer Schmutzaufnahme bei möglichst

geringem Losbrechmoment und geändertem Dämpfungsverhalten bei systembedingter schnellerer Verschmutzung des

Öls, macht einen anderen Wartungsaufwand nötich. :think: :]

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kautabbak
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Re: Warum kein Ölwechsel in Federbeinen notwendig?

#24 Beitrag von kautabbak »

Mir wurde gesagt, das die Wartung nicht im Sevice ist, weil so eine teure Position beim Kunden nicht gut ankommt. Deckt sich also mit der Aussage unseres gewerblichen Mitglieds.
Auch mein Gabelöl war sehr stark verschlissen, ohne zu wissen was es war hätte ich es nie als (Gabel-)Öl identifiziert.

Wenn Vielfahrer- und Facharbeitermeinungen ignoriert bzw totgeredet werden, warum fragt man dann?
Wenn ich eine Jahresfahrleistung von 10% des vielfahrers habe, muss ich die Aussage natürlich auch entsprechend für mich umsetzen. Wenn Gunter 1x p.a. einen Gabelölwechselt mach, muss ich das dann alle 10 Jahre machen. Und wer fährt sein Moped heutzutage so lange bzw so weit?

Und warum das am Federbein so ist wurde auch schon geschrieben.

Meine alternative Erklärung wäre:
es handelt sich um ein Federbein, da es sich zumindest dem Namen nach um ein Bein handelt, ist es im weitesten Sinne verwandt mit dem menschlichen Körperteil Bein.
Das Knochenmark im menschlichen Bein muss nicht gewechselt werden, so dass man darauf schließen kann, dass das Öl im Federbein entsprechend dem Knochenmark tatsächlich eine Lebzeitfüllung ist.
Sofern das keiner widerlegen kann, denke ich, dass meine Theorie zutrifft.
Besten Gruß
David


Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie gerne behalten.

Man stirbt nur einmal, aber man lebt jeden Tag.

frieda
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Re: Warum kein Ölwechsel in Federbeinen notwendig?

#25 Beitrag von frieda »

:o :] So isses, ne Gabel und n Bein kann man schließlich nich mitnander vergleichen. :headshake:

Trotzdem, spannende Diskussion, allein schon weil kultiviert verlaufen, is nich in allen Foren so wie im Versyforum. :clap: :top:

Tornanti
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Re: Warum kein Ölwechsel in Federbeinen notwendig?

#26 Beitrag von Tornanti »

Super interessante Diskussion. Ein Dank vom Themenstarter.
Bisherige Zweiräder seit 1982: Simson S50, Simson S51, MZ ES 250, MZ ETZ 250, Yamaha XJ900S 1998-2018 (112.000km), Kawasaki Versys 1000 (Bj. 2018), Gesamtkilometer jenseits der 200.000.

snap-on
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Re: Warum kein Ölwechsel in Federbeinen notwendig?

#27 Beitrag von snap-on »

Wir stellen uns jetzt mal die Gabel meiner alten VFR vor.

Was passiert beim Bremsen?

Das Vorderrad wird langsamer als der Rest des Motorrades.
Der Rest schiebt, die Gabelrohre verkanten quasi.

Das Standrohr wird ordentlich gegen das Tauchrohr gedrückt, unten an die Seite in Fahrtrichtung, oben an die hintere Seite.

Dummerweise kommt jetzt noch eine Unebenheit im Strassenbelag und die Rohre müssen sich, obwohl aneinandergepresst und nicht mehr hunderprozentig fluchtend, auch noch ineinander schieben.

Das führt nicht nur zu ordentlicher Reibung im Bereich der Gleitbuchsen, bei einem Moped das nur in den Bergen gefahren wird kann das auch dazu führen, dass sich das Tauchrohr oben, im Bereich des Sitzes der Buchse, über die Jahre aufweitet.

Die Buchsen haben ordentlich Abrieb, selten sieht man auch Motorräder, bei denen sogar die Hartchromschicht der Gabelrohre abgerieben ist.

Diese Beanspruchung, verkantet aufeinander gleiten, tritt vorne viel stärker auf als hinten am Federbein.

Also gibt es da auch viel mehr Verschleiß.

Wie schon bemerkt wurde übernimmt das Federbein keine Radführunsaufgaben, die (Tele-)gabel schon.

Deshalb hat das Standrohr 30 bis 50mm Durchmesser und die Kolbenstange des Federbeins um die 15 und weniger. Das hat ja einen Grund...

Wird ein sehr langes Federbein wie z.B. das der ollen V2 GS, so montiert, dass dort auch nennenswerte Biegekräfte auftreten, dann ist die Ölfüllung zwar Lifetime, die Lifetime des Gesamtpaketes ist aber so kurz, dass das Öl mit dem Altern nicht nachkommt....


Und, wie gesagt, KTM hatte z.B. Überholung von Gabel UND Federbein im Wartungsplan.

Baehr machte die Gewährleistung auf Federbeine von deren regelmäßiger Wartung abhängig.

Es stimmt also nicht, dass niemand diese Wartung vorgeschrieben hat.

Warum sie meist nicht im Wartungsplan steht, werde schon hinreichend erklärt.
Zuletzt geändert von snap-on am 10. Aug 2023 23:47, insgesamt 2-mal geändert.

juschka
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Re: Warum kein Ölwechsel in Federbeinen notwendig?

#28 Beitrag von juschka »

Vielleicht ist der einfache Grund, dass vermutlich mehr als 50 Prozent der Motorräder in einer akzeptablen Zeit keine 50 000 km zusammenbringen , also sicher ausserhalb kritischer Servicemassnahmen am Federbein liegen.
Und wenn ein Moto älter als 10 Jahre ist, juckt es keinen Hersteller mehr....
Vg juschka

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Re: Warum kein Ölwechsel in Federbeinen notwendig?

#29 Beitrag von Tornanti »

snap-on hat geschrieben: 10. Aug 2023 23:33 Der Rest schiebt, die Gabelrohre verkanten quasi.
Viele richtige und wichtige Informationen zu den konstruktiven Gegebeneheiten und Herausforderungen.
Ich weiss, wie es von Snap-on gemeint ist, "Verkanten" klingt allerdings sehr nach "Schubladeneffekt". Der tritt natürlich nicht auf.
Ergänzen möchte ich Folgendes:
Je weiter das untere Gleitlager von der Radachse entfernt ist, um so höher dessen Belastung. Gerade bei Gabeln mit viel Federweg relevant.
Je größer der Durchmesser des Tauchrohres und je länger die Gleitbuchsen, umso weniger Flächenpressung und damit weniger Verschleiß. Erinnert Euch an die dünnen Rohre in den 70er und 80er Jahren bei ähnlichen Fahrzeuggewichten. Und heute, Monsterteile, meistens Upside-Down.
Der Telelever von BMW hat, was die Belastungen der Komponenten angeht, hier einige Vorteile.
Bisherige Zweiräder seit 1982: Simson S50, Simson S51, MZ ES 250, MZ ETZ 250, Yamaha XJ900S 1998-2018 (112.000km), Kawasaki Versys 1000 (Bj. 2018), Gesamtkilometer jenseits der 200.000.

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Re: Warum kein Ölwechsel in Federbeinen notwendig?

#30 Beitrag von snap-on »

In einer aktuellen Clussic-Zeitschrift wird der Aufbau von Federbeinen bei Wilbers dokumentiert.

Es werden auch drei Gründe genannt, warum Federbeine mit der Zeit schwächeln:

Mechanischer Verschleiß
Alterung des Öls und damit Beeinträchtigung der Dämpfung
Druckverlust der Stickstoffüllung und dami mehr Schaumbildung des Öls

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