Dieses Jahr +++ 2021 +++ ist das Jahr der Rennstrecke!
Nachdem ich über die Newsletter von 1000PS von ihren Trackday-Veranstaltungen (https://www.1000ps.com/) erfahren habe, habe ich im Dezember 2020 nur darauf gewartet, dass die Termine für 2021 bekanntgegeben werden und die Buchungen eröffnet werden. Ich habe sofort meine Reservierungen gemacht, obwohl es nicht klar war, wie sich die Pandemie-Situation entwickeln wird. Die Veranstalter waren aber fair und haben Erstattung zugesagt, falls die Veranstaltungen nicht stattfinden dürfen. Für einen Tag auf der Rennstrecke, kassiert 1000PS sofort bei der Buchung ca. 130 bis 140 EUR, je nach Wochentag und Rennstrecke.
Geplant habe ich für die Rennstreckenerlebnisse 2 Termine: am 18.06.2021 auf dem Slovakiaring (https://de.wikipedia.org/wiki/Slovakiaring) und am 10.09.2021 in Brünn, auf dem Automotodrom Brno (https://de.wikipedia.org/wiki/Automotodrom_Brno) - der MotoGP Strecke.
Den ersten Termin habe ich nun hinter mir und ich bin begeistert!
Fast alle Termine sind auf 2 Tage ausgelegt, ich habe aber für beide Male nur einen Tag gebucht. Und da ich noch nie auf der Rennstrecke war, habe ich mich schön brav in eine Neulinge Gruppe einsortiert. Es gibt 4 Gruppenarten bei jeder Veranstaltung: GRÜN (die Neulinge ohne Rennstreckenerfahrung und die "gemütlichen" Fahrer), BLAU (die Fortgeschrittenen, weil sie schon Mal auf der Rennstrecke waren), GELB (die Sportfahrer, die schon ziemlich schnell sind) und ROT (die Hobbyracer, die sind schon sauschnell und haben ziemlich spezielles Rennmaterial dabei). Jeder Fahrer bringt sein eigenes Motorrad mit, die Geräte entsprechen den Gruppen: von serienmässigen Fahrzeugen mit handelsüblicher Strassenbereifung in den grünen Gruppen, bis zu individuell getunten und mit Slicks besohlten Rennfeilen in der roten Gruppe. Ich bin mit meiner "Ready to Race" KTM 790 Duke angetreten.
Ich habe mich gut vorbereitet:
- noch im Dezember habe ich für eine Woche vor dem Slovakiaring einen Kundendiensttermin ausgemacht, mit der Vorgabe meine 790er Duke gut durchzuchecken und neue Reifen aufzuziehen. Ich hatte mich für die Michelin Power Cup 2 entschieden, sehr belastbare Rennstreckenreifen mit (gerade noch) Strassenzulassung. Leider haben die Döddel von der Werkstatt die Reifen nicht schon im Dezember bestellt, sondern erst 3 Tage vor dem Werkstatttermin. Und siehe da, die Reifen waren nirgends auf Lager. Also musste ich mich schnell neu orientieren und habe mich für die Michelin Power 5 entschieden.
- Urlaubsplaunung ebenfalls schon im Dezember 2020 manifestiert: ein Tag Anreise, ein Tag auf der Rennstrecke, ein Tag Abreise. Entsprechend gleich Übernachtungsmöglichkeiten reserviert und vorausschauend Doppelzimmer zur Einzelnutzung genommen, falls mich doch jemand begleitet. Tatsächlich war am Slovakiaring ein "neugieriger" Freund dabei, der noch keinen Motorradführerschein hat. Er hat mich aber gut unterstützt, Bilder gemacht und mir Gesellschaft geleistet. Dafür sind wir einen Tag länger geblieben und haben uns im Thermalpark von Dunajska Streda die erste Sonnenbräune geholt.
- Eigentlich wollte ich mit meiner zweiteiligen Hein Gericke Lederkombi auf die Rennstrecke. Die hat immer noch die Wetzspuren vom ADAC Sicherheitstraining 2009 in Augsburg. Die damaligen Dunlop-Reifen auf meiner geliebten 990er SuperDuke, sind während des Trainings, wegen immer wieder einsetzendem leichten Regen, unter ihrem Wohlfühl-Temperaturfenster abgekühlt und die Haftung riß in der 67 Kurve ohne Vorwarnung ab. Hat überhaupt nicht weh getan, die Fallhöhe war weniger als 50 cm, nur der Ganghebel brach ab. Die Reifen wurden sofort gefeuert! Die Lederkombi behielt stolz die Spuren dieses Erlebnisses. Die Schramme an der Schulter, hat mittlerweile die Naht in Mitleindenschaft gezogen und die Protektorenausstattung ist auch nicht superlativ. Für die Reise auf der Landstrasse zwar ausreichend, aber für die Rennstrecke eher nicht empfehlenswert. Deshalb habe ich mich über Lederkombis informiert und einige ausprobiert. Beste Wahl sind einteilige Lederkombis, am besten noch aus Känguruleder. Erstens viel zu teuer für mein Vorhaben, zweitens viel zu schwierig in der Handhabung (also An- und Ausziehen). Lederkombis muss man unbedingt gründlich anprobieren. Sie sind je nach Modell und Hersteller von der Form sehr unterschiedlich und die Größen sind auch nicht einheitlich. Am Schluss passte der Zweiteiler von Held - Modell Yagusa - am besten (auch preislich ).
- Ich wollte auf der Rennstrecke nicht mit meinen sonst so favorisierten luftigen Helmen (Jet- und Klapphelme) antreten, sondern mit einem "sicheren" Vollintegral-Helm. Ich habe ja noch einen solchen Schuberth S1 im Schrank. Leider lag er dort schon zu lange, er war mittlerweile mindestens 15 Jahre alt, die Wangenpolster waren ganz matschig, hatten überhaupt keine Spannung mehr. Ab in die Tonne damit! Bei Motorrad TAF gestöbert und rumprobiert. Glück gehabt: einen tollen agv Helm, mit guten Eigenschaften, Paßform und Design gefunden.
- Meine Daytona Stiefel liebe ich sehr, machen aber schon einen etwas ausgelutschten Eindruck. Ich weiß nicht genau, aber mindestens 6 Jahre (und vielleicht 80.000 km) haben die auch schon auf dem Konto. Ich informiere mich, entdecke zufällig beim Polo-Besuch die DAINESE Torque 3 Out Air Stiefel im meiner Größe und reduziert auch noch. So müssen Rennstiefel, denke ich mir und die Sache ist geritzt.
- Durch die Recherche zu Motorrad-Lederkombis bin ich unwillkürlich auch auf das Thema Funktionsunterwäsche gestossen worden. Tatsächlich besser sind auch hier Einteiler, da kann nichts verutschen, muss der Bund nicht überlappen, usw. Wichtig sind natürlich: kühlende Wirkung, gutes Belüftungsverhalten, schnelles Trocknen, ... Das Ende vom Lied: Held Race Skin II
- Am Wochenende nach dem Kundendienst dann der Generaltest auf der Hausstrecke in der fränkischen und Hersbrucker Schweiz: mit generallüberholtem Motorrad, neuer Kombi, Unterwäsche, Stiefel und Helm. Alles hat gepasst! Die neuen Reifen haben sofort einen grossartigen Eindruck hinterlassen und der Helm hat mich zusätzlich positiv überrascht. Er hat 5 verschließbare Lufteinlässe vorne und ein hervorragendes Belüftungsverhalten. Man spürt die Luftströmung um den Kopf fliessen.
Die neue Pension Fortuna war echt OK, das Zimmer bestand eigentlich aus 3 Zimmer, was echt gut war. Unsere Betten waren in verschiedenen Schlafzimmern, dann gab es noch ein gemeinsames Wohnzimmer mit Balkon und das Bad. Es war also echt entspannt und geräumig, aber einfach und nicht luxuriös. Hat pro Nacht für beide mit Frühstück 60 EUR gekostet. Das Restaurant muss auch sehr gut sein, denn jeden Abend waren wohlhabende geschlossene Gesellschaften da und haben irgendwas gefeiert. Die Speisen die wir hatten waren tatsächlich hervorragend und der Preis nicht billig, aber günstig.
Am Rennstreckentag wollte ich spätestens um 8 Uhr dort sein. Deshalb standen wir um 6:30 Uhr auf, gingen um 7 Uhr zum Frühstücken und hatten noch ca. 12 km zum Slovakiaring zu fahren. Die Anmeldung beim Veranstalter war ab 7:30 Uhr besetzt und ab 8:15 Uhr ging die Fahrerbesprechung los. Wir waren gegen 7:45 an der Anmeldung auf der Rennstrecke. Ich wurde einer der grünen Gruppen zugewiesen, derer es mehrere gab. Insgesamt gab es 200 Teilnehmer, auf die 4 oben erläuterten Gruppenarten verteilt. Ich habe mir noch einen Transponder für 15 EUR pro Tag ausgeliehen und am Motorrad befestigt, denn ich wollte schon gerne wissen was für Zeiten ich so fahre.
Jede Gruppe fährt 6 Turns á 20 Minuten pro Tag: 3 am Vormittag und 3 am Nachmittag, dazwischen die Mittagspause. Somit fährt man immer ca. 20 Minuten und hat dann 60 Minuten Pause.
Die grünen Gruppen fahren die 3 Turns am Vormittag mit Instruktoren. Der Instruktor fährt auf der Strecke voraus und es darf in der Gruppe nicht überholt werden. Vor und nach dem Turn gibt es eine Besprechung, da gibt der Instruktor Tipps und Hinweise, geht auf Fragen ein. Da ich den zweiten Tag gebucht habe und die anderen 6 Spezis meiner Gruppe schon am Vortag da waren, bin ich am Freitag der einzige echte Neuling. Deshalb muss ich auch direkt hinter dem Instruktor fahren, damit er sich an mir orientieren kann mit dem Tempo usw. Am Nachmittag bietet er mir dann auch noch an, den 4 Turn nur mit mir zu fahren. Tolles Angebot, nehme ich gerne an! Der Instruktor steigert sich von Runde zu Runde und zieht mich mit, wir nähern uns der 3 Minuten Grenze pro 5,922 km Runde ... in der letzten Runde zieht er stärker durch und lässt mich zurück. Bei der Einfahrt in die Pit-Lane geht es langsam zu und ich hole ihn wieder ein. Auf der Strecke waren zwischenzeitlich zwei andere Fahrer zwischen uns gewesen, die er überholt hatte. Das hat er aber nicht geschnallt und als er mich in der Pit-Lane hinter sich entdeckte fragte er ganz verdutzt: "Bist du drangeblieben?!" Ich habe nur kurz überlegt ob ich ihn anlügen soll, aber tat es natürlich NICHT.
Mein Ziel in den letzten beiden freien Turns war die Rundenzeit unter 3 Minuten zu bringen. Am Ende des Tages war meine schnellste gemessene Runde 2:50.735
Für die Fahrt auf der Rennstrecke muss man sein Motorrad ein bisschen vorbereiten. Spiegel am besten abmontieren, was hinter einem passiert darf nicht interessieren. Am besten, weil man sie sonst mit Duct Tape abkleben muss. Nicht nur weil man nicht auf den Verkehr hinter sich achten soll/darf, sondern weil sie aus Glas sind. Alles was Glas ist oder splittern kann, muss nämlich mit Duct Tape abgeklebt werden, damit im Sturzfall keine Splitter auf die Rennstrecke verteilt werden. Dazu gehört der Scheinwerfer, Windschutzscheibe, Blinker, Rücklicht und was sonst noch aus Glas oder glasähnlichen Kunststoffen hergestellt ist. Das man auf der Rennstrecke nicht blinkt sollte einleuchtend sein, die Bremslichter dürfen aber auch nicht zu sehen sein. Das stört die Hinterherfahrenden nur und verleitet sie zu Reaktionen. Als Fahrer reagiert man auf die Vorausfahrenden durch die direkte Wahrnehmung, man hat ja nichts anderes zu tun als die Strecke und die Vorausfahrenden zu beobachten. Alle haben das Gleiche vor: in nur einer Richtung auf der Strecke zu fahren.
Auf der Rennstrecke zu fahren ist ein bisschen wie Achterbahn, nur mit Selbstkontrolle. Wenn man sich unter Kontrolle hat und in Kurven nicht (auf der Aussenbahn) überholt, ist das Risiko eigentlich bei 0 Prozent. Ansonsten steigt das Risiko eher durch falsche Reifenwahl, bei Steigerung der Geschwindigkeit. Denn die üblichen Strassenreifen sind darauf optimiert schon kalt und bei Nässe (sehr) gute Hafteigenschaften zu haben. Dafür vertragen sie aber keine hohen Temperaturen, denn im Strassenverkehr werden sie auch an heißen Tagen nicht so heiß, da sie meistens nur rollen (konstante Geschwindigkeit, meistens die Höchstzulässige). Beschleunigungs- und Bremsphasen haben einen geringen Anteil an der Fahrzeit. Anders ist das auf der Rennstrecke, da wird im Idealfall ständig - entweder positiv oder negativ - beschleunigt. Dadurch kommen die Reifen auf ganz andere Temperaturen und deshalb sieht die Reifenoberfläche dann so aus:
Die pappen dann richtig am Asphalt und es ist unglaublich wie schräg das Motorrad gestellt werden darf und es fühlt sich gut und sicher an. Und es ist auch sicher, denn die Reifen können das. Ausser wenn es überhitzte Strassenreifen sind, denn die werden dann matschig und schmieren. Es gab an meinem Renntag sehr wenig Stürze und die waren (bei denen dich ich mitbekommen habe) tatsächlich überlasteten Reifen geschuldet. Bei renntauglichen Reifen passieren solche Wegrutscher in der ersten Runde, wenn die Reifen noch nicht auf "Betriebstemperatur", also zu kalt sind.
Ich war zu Beginn des ersten Turns richtig aufgeregt, wie beim Start des Flugzeugs bei meinem allerersten Flug. Dann war ich aber immer sehr konzentriert und das Adrenalin schoss nur so ins Blut. Ständig bemüht die Übergänge von Beschleunigung zu Bremsen und dann zu Schräglage möglichst fließend und geschmeidig zu gestalten. Am Ende der Turns kam ich immer mit einem breiten Grinsen zurück und einer Begeisterung wie bei Kindern auf dem Volksfest. Man kann auf der Rennstrecke, sehr gut und in einem sicheren Umfeld, die Fahrzeugbeherrschung bei höheren Geschwindigkeiten üben. Der Asphalt ist super, die Streckenposten entlang der Strecke achten auf das Geschehen und signalisieren mittels Flaggen ob alles in Ordnung ist (grün), Vorsicht geboten ist (gelb) oder Gefahr besteht (rot) und sofort in die Box zurückgekehrt werden soll. Falls etwas passiert, gibt es viel Platz auf der Strecke und in den umfangreichen Auslaufzonen, Motorrad und Fahrer werden vom Servicepersonal schnell gesichert und weggeräumt.
Ich muss zugeben, dass ich auf den Geraden ein paar Mal den Überblick über den gefahrenen Gang und Drehzahl verloren habe. Ich war z.B. noch im 3. oder 4. Gang und schon im roten Bereich. Da hätte ich eigentlich schon früher hochschalten müssen. Aber zu früh hochschalten kostet Zeit und man verliert den Anschluß zum Vordermann (vor allem wenn man ein schwächeres Motorrad fährt). Zum auf den Tacho schauen hat man keine Zeit, ich muss also lernen die Drehzahl besser zu hören.
1000PS hat mit den TrackDays ein tolles und günstiges Event geschaffen, um selbst die Erfahrung einer Rennstrecke zu machen. Es gibt viel Informationsmaterial, Tipps und Videos auf ihren Internetseiten, so dass man sich bestens vorbereiten kann. Siehe www.1000PS.com und www.1000PS.at
Manche von uns hier im Versysforum kennen 1000PS bzw. Varahannes und seine Sicherheitstrainings, auf den Strassen in Kärnten. Früher war er mit seiner 600er Honda CBR auch bei den TrackDays dabei, das macht er wohl aber nicht mehr.
Es gibt ein Video über das erste TrackDay Event 2021 am SlovakiaRing:
https://www.1000ps.at/motorrad-video-en ... nU_BQLE43g oder auf YouTube
Für einen POV Eindruck von der Rennstrecke, gibt es ein Onboard-Video auf der Rennstrecke mit einer Kawasaki Z750R
Bei den 1000PS TrackDays ist auch immer ein professioneller Fotograf dabei, dessen Bilder werden auf der Internetseite von www.1000PS.at zum kostenlosen Download bereitgestellt.
Hier z.B. die Bilder der Gruppe GRÜN vom 18.06.2021
Der Typ macht pro Tag rund 3000 Bilder. Die Bilder werden an verschiedenen Stellen der Rennstrecke gemacht und sind echt gut und scharf. Das sind 3 (von 11) Bilder von mir:
Weil ich die Erfahrung so toll fand, die Rennstrecke am Slovakiaring mir gut gefallen hat und ich die Kurven noch ein bisschen üben möchte, habe ich jetzt gerade zusätzlich den 05. und 06. August gebucht. Anscheinend sind wieder Plätze frei geworden (Stornierungen), denn im Dezember waren alle Termine recht bald ausgebucht gewesen.
Wer Spaß am schnelleren Fahren hat, ist auf der Rennstrecke gut aufgehoben. Es ist um ein Vielfaches sicherer auf der Rennstrecke schnell zu fahren, als auf den öffentlichen Strassen. Und billiger!