Verkehrssicherheit Motorrad - Was jeder min. wissen sollte!
Verfasst: 30. Sep 2012 21:54
Vielleicht kann ich dadurch einen verhindern…
Im Forum liest man gelegentlich Glaubenskriege über aktuelle Entwicklung des Unfallrisikos für Motorradfahrer. Einige bemerken eine beängstigende Zunahme an Unfallmeldungen. Die anderen scheinen zu wissen, dass alles halb so schlimm ist bzw. ohnehin immer besser wird.
Da ich mich damit intensiver beschäftige kann ich hier ein bisschen was beitragen bzw. aufklären:
In Europa (EU24) sterben jedes Jahr 5.126 Motorradfahrer. Das sind 14 Jungs im durchschnittlichen Alter von 25 Jahren pro TAG und wenn ich auch nur einen davon verhindern kann, dann war das hier nicht umsonst.
Die gute Nachricht: Wir werden immer mehr und immer besser:
Zwischen 2001 und 2008 ist die Anzahl von Motorrädern in der EU von 16Mio auf 22 Mio angestiegen. Das ist ein Zuwachs von 5,4% pro Jahr. In Anbetracht dessen, sind dann die Zuwachsraten bei den getöteten Motorradfahrern in Relation zu den verunglückten Insassen anderer Verkehrsmittel von gerademal 1,2% p.a. (zwischen 2001 und 2006 + 7%) ein Hinweis darauf, dass es in die richtige Richtung geht. Aber trotzdem:
Wir leben gefährlich:
Motorradfahrer stellen 2% der Verkehrsteilnehmer aber leider 14% der Todesopfer. Aufgerechnet auf 1Mio Personenkilometer sind Motorradfahrer 18 mal (!) gefährdeter in einem Unfall ums Leben zu kommen als andere Verkehrsteilnehmer, wenn man von den bedauernswerten Radfahrern einmal absieht.
Wo müsst ihr besonders aufpassen:
Das Auto ist neben uns selbst unser größter Feind! Nur 25% aller tödlichen Motorradunfälle sind „Alleinunfälle“. Der Rest, das sind 75% aller Verunglückten kamen in Unfällen mit anderen Verkehrsteilnehmern zu Tode. Im 52,5% der Fälle war (nur) ein PKW verwickelt und jetzt kommt das Entscheidende: Meistens hatte der PKW Fahrer Schuld am Unfall und der Motorradfahrer war unschuldig. Freunde! Die sehen uns entweder gar nicht oder schätzen unsere Geschwindigkeit falsch ein. Die Autofahrer beklagen sich ihrerseits über die Rücksichtslosigkeit und die Risikobereitschaft von uns Bikern und da dürften sie Recht haben, den 50% alles Motorradfahrer geben ihnen erstaunlicherweise recht und sagen: Ja, so sind wir!
Ursachen und Häufigkeiten:
Also hier ließe sich am meisten verhindern. Nehmt Rücksicht, das Gas zurück und geht grundsätzlich davon aus, dass der Autofahrer, Vorrang hin oder her, losfährt oder nicht stehen bleiben wird (Anteil Tote durch Kollisionen an Kreuzungen 13%).
Zweitens: Haltet Abstand!!! Ich frag mich immer wenn die an der Stoßstange kleben, wie wird er / sie stehen bleiben, wenn vorne das Eichhörnchen kommt. Antwort: Gar nicht (Anteil Tote durch Auffahrunfälle: 5%).
Und jetzt noch die totale Überraschung: Wenn ich mit Vollgas 7 Autos überhole, die zusammen mit mir einen Traktor von einem Ort in den anderen eskortierten, dann tauche ich aus Sicht des Autofahrers binnen Sekunden neben ihm auf. Abstand 1m? Wenn der dann auch gerade überholen will geht’s mit 150 km/h in die Botanik (weitere 5% aller Biker die an diesem Tag nicht mehr heimkommen sind damit erklärt). Die haben uns nicht gesehen, glauben sich in Sicherheit und setzen zum Überholen an und plötzlich sind wir da wie aus dem Nichts.
Und wir selber?
Immerhin brauchen wir nicht immer einen PKW um tödlich zu verunglücken. Das schaffen wir in 25% der Fälle ganz alleine (Alleinunfälle). An vorderster Front stehen folgende Ursachen: falsche Reaktion, riskante Fahrweise und unangepasste Geschwindigkeit (mit 27% Anteil Ursachenkombination Nr. 1).
Geschwindigkeit kann man anpassen. Risiko kann man vermindern. Aber was mach ich mit dem Faktor falsche Reaktion?
Hierzu geht die Empfehlung eindeutig in Richtung Training, Training, Training! Wenn ich daran denke, wie viel mir das Fahrsicherheitstraining gebracht hat ist es mir vollkommen verständlich, dass 60% aller Biker regelmäßiges Training unter Anleitung für absolut sicherheitsrelevant halten. Was ist denn mit den anderen 40%? Auch wenn ich ein Sonntagsfahrer oder mit allen Wassern gewaschen glaube zu sein – Du bist immer ein Motorradfahrer. Und somit bis Du die Knautschzone, die Stoßstande und der Airbag des Mensch-Maschine-Sysstems. Das kannst Du Dir nicht aussuchen. Aber aussuchen kannst Du Dir Dein fahrerisches Können. Das lässt sich trainieren. Also melde Dich an! Aussuchen kannst Du die Schutzkleidung.
Hier ein Hinweis in eigener Sache: Ich habe jahrelang Eishockey gespielt. Wir erreichten, glaube ich, Geschwindigkeiten von so um die 30-40 km/h und konnten theoretisch damit einen Frontalzusammenstoß erleiden bzw. gegen eine Bretterwand knallen. Unsere Körper waren deshalb in zentimeterdicke Hartschalenprotektoren eingebettete, an deren Unterseite nicht minder dickes Dämpfungsmaterial eingearbeitet war. Ein Protektor überlagerte den anderen und man konnte sich bedenkenlos in Schüsse mit 150km/h Geschwindigkeit werfen und spürte (im Idealfall) kaum wo einen die Hartgummischeibe getroffen hatte. Und was ist bei uns Motorradfahrern los? Mal von den recht guten Lederkombis abgesehen empfehle ich jeden, der mit einer mit 3mm dicken Schaustoffstückchen bestückten supercoolen Jacke und Jeans mit einen Kilo und Fünfzig über eine Landstraße knallt, an deren Begrenzung Metallleitschienen stehen, die wie Sägeblätter wirken bei diesem Speed, sich im Youtube einmal die Crashtests der Honda Goldwing anzuschauen und sich Gedanken über seine Schutzkleidung zu machen.
Freunde: Maximale Sicherheit fängt bei der Ausrüstung an. Airbagjacken und HANS-Systeme für Wirbel und Hals empfehle ich jeden auf jedem einzelnen Kilometer auf das er gut nach Hause kommen möge.
Also lass den Akrapovic im Regal und kauf die einen HANS oder eine Dainese Airbag-Jacke und Stiefel eines Herstellers, der weiß, dass da ein Motorrad drauffallen kann und sich Gedanken darüber macht, wie diese Angelegenheit möglichst glimpflich für Dich ausgehen kann.
So, jetzt haben aber fertig. Sorry wollte Euch nicht zutexten oder klugscheißen. Mir ist wichtig: Kommt gut nach Hause Jungs! Nehmt Euch das zu Herzen und lest ein bisschen was nach damit wir uns nächstes Jahr hoffentlich in alter Frische wieder sehen.
Liebe Grüße, Bode59
Quelle: Zahlen, Daten, Fakten: DEKRA Verkehrssicherheitsreport 2010. Der Rest inkl. Anregungen und viel mehr Wissenswertes zum Thema Motorradfahren: Bernd Spiegel, Die obere Hälfte des Motorrades (dazu gibt es ein supergeiles Trainingsbuch mit zig Übungszetteln! Genial!) sowie Ulrich Thomson, Motorradfahren in Perfektion UND FAHRSICHERHEITSTRAINING zu Saisonbeginn und eines in der Mitte jedes Jahr!
Im Forum liest man gelegentlich Glaubenskriege über aktuelle Entwicklung des Unfallrisikos für Motorradfahrer. Einige bemerken eine beängstigende Zunahme an Unfallmeldungen. Die anderen scheinen zu wissen, dass alles halb so schlimm ist bzw. ohnehin immer besser wird.
Da ich mich damit intensiver beschäftige kann ich hier ein bisschen was beitragen bzw. aufklären:
In Europa (EU24) sterben jedes Jahr 5.126 Motorradfahrer. Das sind 14 Jungs im durchschnittlichen Alter von 25 Jahren pro TAG und wenn ich auch nur einen davon verhindern kann, dann war das hier nicht umsonst.
Die gute Nachricht: Wir werden immer mehr und immer besser:
Zwischen 2001 und 2008 ist die Anzahl von Motorrädern in der EU von 16Mio auf 22 Mio angestiegen. Das ist ein Zuwachs von 5,4% pro Jahr. In Anbetracht dessen, sind dann die Zuwachsraten bei den getöteten Motorradfahrern in Relation zu den verunglückten Insassen anderer Verkehrsmittel von gerademal 1,2% p.a. (zwischen 2001 und 2006 + 7%) ein Hinweis darauf, dass es in die richtige Richtung geht. Aber trotzdem:
Wir leben gefährlich:
Motorradfahrer stellen 2% der Verkehrsteilnehmer aber leider 14% der Todesopfer. Aufgerechnet auf 1Mio Personenkilometer sind Motorradfahrer 18 mal (!) gefährdeter in einem Unfall ums Leben zu kommen als andere Verkehrsteilnehmer, wenn man von den bedauernswerten Radfahrern einmal absieht.
Wo müsst ihr besonders aufpassen:
Das Auto ist neben uns selbst unser größter Feind! Nur 25% aller tödlichen Motorradunfälle sind „Alleinunfälle“. Der Rest, das sind 75% aller Verunglückten kamen in Unfällen mit anderen Verkehrsteilnehmern zu Tode. Im 52,5% der Fälle war (nur) ein PKW verwickelt und jetzt kommt das Entscheidende: Meistens hatte der PKW Fahrer Schuld am Unfall und der Motorradfahrer war unschuldig. Freunde! Die sehen uns entweder gar nicht oder schätzen unsere Geschwindigkeit falsch ein. Die Autofahrer beklagen sich ihrerseits über die Rücksichtslosigkeit und die Risikobereitschaft von uns Bikern und da dürften sie Recht haben, den 50% alles Motorradfahrer geben ihnen erstaunlicherweise recht und sagen: Ja, so sind wir!
Ursachen und Häufigkeiten:
Also hier ließe sich am meisten verhindern. Nehmt Rücksicht, das Gas zurück und geht grundsätzlich davon aus, dass der Autofahrer, Vorrang hin oder her, losfährt oder nicht stehen bleiben wird (Anteil Tote durch Kollisionen an Kreuzungen 13%).
Zweitens: Haltet Abstand!!! Ich frag mich immer wenn die an der Stoßstange kleben, wie wird er / sie stehen bleiben, wenn vorne das Eichhörnchen kommt. Antwort: Gar nicht (Anteil Tote durch Auffahrunfälle: 5%).
Und jetzt noch die totale Überraschung: Wenn ich mit Vollgas 7 Autos überhole, die zusammen mit mir einen Traktor von einem Ort in den anderen eskortierten, dann tauche ich aus Sicht des Autofahrers binnen Sekunden neben ihm auf. Abstand 1m? Wenn der dann auch gerade überholen will geht’s mit 150 km/h in die Botanik (weitere 5% aller Biker die an diesem Tag nicht mehr heimkommen sind damit erklärt). Die haben uns nicht gesehen, glauben sich in Sicherheit und setzen zum Überholen an und plötzlich sind wir da wie aus dem Nichts.
Und wir selber?
Immerhin brauchen wir nicht immer einen PKW um tödlich zu verunglücken. Das schaffen wir in 25% der Fälle ganz alleine (Alleinunfälle). An vorderster Front stehen folgende Ursachen: falsche Reaktion, riskante Fahrweise und unangepasste Geschwindigkeit (mit 27% Anteil Ursachenkombination Nr. 1).
Geschwindigkeit kann man anpassen. Risiko kann man vermindern. Aber was mach ich mit dem Faktor falsche Reaktion?
Hierzu geht die Empfehlung eindeutig in Richtung Training, Training, Training! Wenn ich daran denke, wie viel mir das Fahrsicherheitstraining gebracht hat ist es mir vollkommen verständlich, dass 60% aller Biker regelmäßiges Training unter Anleitung für absolut sicherheitsrelevant halten. Was ist denn mit den anderen 40%? Auch wenn ich ein Sonntagsfahrer oder mit allen Wassern gewaschen glaube zu sein – Du bist immer ein Motorradfahrer. Und somit bis Du die Knautschzone, die Stoßstande und der Airbag des Mensch-Maschine-Sysstems. Das kannst Du Dir nicht aussuchen. Aber aussuchen kannst Du Dir Dein fahrerisches Können. Das lässt sich trainieren. Also melde Dich an! Aussuchen kannst Du die Schutzkleidung.
Hier ein Hinweis in eigener Sache: Ich habe jahrelang Eishockey gespielt. Wir erreichten, glaube ich, Geschwindigkeiten von so um die 30-40 km/h und konnten theoretisch damit einen Frontalzusammenstoß erleiden bzw. gegen eine Bretterwand knallen. Unsere Körper waren deshalb in zentimeterdicke Hartschalenprotektoren eingebettete, an deren Unterseite nicht minder dickes Dämpfungsmaterial eingearbeitet war. Ein Protektor überlagerte den anderen und man konnte sich bedenkenlos in Schüsse mit 150km/h Geschwindigkeit werfen und spürte (im Idealfall) kaum wo einen die Hartgummischeibe getroffen hatte. Und was ist bei uns Motorradfahrern los? Mal von den recht guten Lederkombis abgesehen empfehle ich jeden, der mit einer mit 3mm dicken Schaustoffstückchen bestückten supercoolen Jacke und Jeans mit einen Kilo und Fünfzig über eine Landstraße knallt, an deren Begrenzung Metallleitschienen stehen, die wie Sägeblätter wirken bei diesem Speed, sich im Youtube einmal die Crashtests der Honda Goldwing anzuschauen und sich Gedanken über seine Schutzkleidung zu machen.
Freunde: Maximale Sicherheit fängt bei der Ausrüstung an. Airbagjacken und HANS-Systeme für Wirbel und Hals empfehle ich jeden auf jedem einzelnen Kilometer auf das er gut nach Hause kommen möge.
Also lass den Akrapovic im Regal und kauf die einen HANS oder eine Dainese Airbag-Jacke und Stiefel eines Herstellers, der weiß, dass da ein Motorrad drauffallen kann und sich Gedanken darüber macht, wie diese Angelegenheit möglichst glimpflich für Dich ausgehen kann.
So, jetzt haben aber fertig. Sorry wollte Euch nicht zutexten oder klugscheißen. Mir ist wichtig: Kommt gut nach Hause Jungs! Nehmt Euch das zu Herzen und lest ein bisschen was nach damit wir uns nächstes Jahr hoffentlich in alter Frische wieder sehen.
Liebe Grüße, Bode59
Quelle: Zahlen, Daten, Fakten: DEKRA Verkehrssicherheitsreport 2010. Der Rest inkl. Anregungen und viel mehr Wissenswertes zum Thema Motorradfahren: Bernd Spiegel, Die obere Hälfte des Motorrades (dazu gibt es ein supergeiles Trainingsbuch mit zig Übungszetteln! Genial!) sowie Ulrich Thomson, Motorradfahren in Perfektion UND FAHRSICHERHEITSTRAINING zu Saisonbeginn und eines in der Mitte jedes Jahr!